Schwere Vorwürfe
Edathy-Affäre in D: Wusste die Polizei Bescheid?
"Entweder waren da Trottel am Werk oder man wollte einen Skandal vermeiden", brachte FDP-Vize Wolfgang Kubicki gegenüber der "Bild"-Zeitung die Meinung vieler Oppositionspolitiker auf den Punkt. Das Szenario, nach dem das BKA Edathys Namen zwei Jahre lang nicht entdeckt habe, sei "überaus unwahrscheinlich".
Keine Ermittlungen wegen NSU-Prozess?
So sieht das auch Linkspartei-Chef Bernd Riexinger. Er äußert den Verdacht, die deutsche Polizei habe längst Bescheid gewusst über die Vorwürfe gegen Edathy, aber nichts unternommen. Schließlich saß der SPD-Politiker seit Jänner 2012 an der Spitze des Untersuchungsausschusses zur Mordserie der rechtsextremen NSU, machte sich bei der Aufklärung der Ermittlungspannen einen Namen. Das BKA habe einen Skandal und Verwicklungen bei der Aufklärung der NSU-Morde vermeiden wollen, so die Vorwürfe der Opposition. Daher habe die Polizei zwei Jahre lang nicht gegen Edathy ermittelt, heißt es.
Vorgänge "völlig unerklärlich"
Selbst in den Regierungsparteien macht sich ob der Vorgänge Ärger breit. So sagte etwa Stephan Mayer von der CSU: "Es ist mir völlig unerklärlich, wie das BKA zwei Jahre lang nicht bemerkt haben will, dass der Name des Abgeordneten Edathy auf der Liste der verdächtigen Kinderporno-Käufer steht. Genauso verwunderlich ist auch, dass das BKA erst ein Jahr nach Erhalt der Namensliste mit den Ermittlungen begonnen hat."
"Da tun sich Abgründe des kalkulierten Staatsversagens auf", rügte Linkspartei-Chef Riexinger. Auch die Grünen fordern Aufklärung, "sonst nimmt das Vertrauen in den Rechtsstaat schweren Schaden", wie der Europaabgeordnete Werner Schulz sagte.
Ermittlungen gegen Edathy gehen weiter
Der Wirbel um Edathys Besitz von Kinderfotos und -videos ist damit bei Weitem noch nicht überstanden. Nicht nur ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Edathy wegen des Verdachts, neben offenbar nicht strafbarem auch kinderpornografisches Material besessen zu haben. Fraglich ist zum Beispiel, warum bei ihm zu Hause zerstörte Festplatten gefunden wurden, sein Parlaments-Laptop jedoch angeblich gestohlen wurde.
Zudem ist die Opposition noch nicht zufrieden mit den Erklärungen zu den Vorgängen rund um den damaligen CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich: Er hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel letzten Oktober bei der Vorbereitung der großen Koalition gewarnt, Edathys Name sei bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht. Friedrich musste ob dieser Informationsweitergabe inzwischen zurücktreten, zudem drohen ihm Ermittlungen wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses.
Koalitionspolitiker unter Beschuss
Gabriel wiederum weihte unter anderem SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann ein, der versucht haben soll, bei BKA-Chef Jörg Ziercke mehr zu den Vorwürfen gegen Edathy zu erfahren. Im Bundestag bestritten beide dies aber - Oppermann habe nicht versucht, ihn zum Geheimnisverrat zu verleiten, sagte Ziercke am Mittwoch im Innenausschuss.
Edathy hat sich bisher nur teilweise zu den Anschuldigungen geäußert. Er habe "vor Jahren" Material von der fraglichen kanadischen Firma gekauft, so der Politiker, dem der Parteiausschluss bevorsteht. Doch strafrechtlich relevant sei nichts davon. Er sieht sich als Opfer, die "Regeln von Recht und Anstand" seien "massiv verletzt" worden, ließ er auf Facebook wissen. Derzeit weilt er offenbar im Ausland - wegen Morddrohungen traue er sich nicht zurück in seine Heimat Niedersachsen oder nach Berlin, sagte er gegenüber dem "Spiegel". Er kündigte aber eine Erklärung an.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.