Der Bitcoin hat bis jetzt alle Krisen gemeistert und die Skeptiker mehr als einmal verblüfft. Der Zusammenbruch der größten Handelsplattform MtGox (siehe Infobox) legt die Schwachstellen des Digitalgeldes nun jedoch schonungslos offen. Die Probleme bringen die Idee vom freien Geld, das ohne Zentralbanken und staatlichen Einfluss funktioniert, an den Scheideweg. Das Aus von MtGox könnte ein notwendiger Denkzettel auf dem Weg nach oben sein. Oder der Anfang vom Ende.
Der Schock kam über Nacht: Dienstag früh war MtGox verschwunden. Wo sonst mehr oder weniger zuverlässig angezeigt wurde, zu welchem Dollarkurs der Bitcoin zuletzt den Besitzer wechselte, erschien nur noch eine leere weiße Seite. Inzwischen erscheint wenigstens der Hinweis, dass man "im Lichte der jüngsten Nachrichten und der möglichen Auswirkungen auf MtGox-Operationen und den Markt die Entscheidung getroffen hat, alle Geschäfte zum Schutz der Website und unserer Nutzer zu schließen. Wir werden die Situation aufmerksam verfolgen und entsprechend reagieren."
Das ist jedoch noch das Harmloseste: Laut einem im Internet veröffentlichten Papier könnten mehr als 740.000 Bitcoins zum aktuellen Wert von über 300 Millionen Dollar (218,4 Millionen Euro) verschwunden sein. Spekulationen über Insolvenz und Betrug machen die Runde. "Das dürfte es dann jetzt gewesen sein", hieß es im Forum bitcointalk.org.
MtGox nur "schwarzes Schaf"
Ist der Kollaps von MtGox der Sargnagel für den Bitcoin? Die anderen Handelsplätze bemühen sich, diesen Eindruck zu zerstreuen. Die Probleme der Plattform seien hausgemacht, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Wettbewerber Coinbase, Kraken, BitStamp, Circle und BTC China. Die "tragische Verletzung des Vertrauens" der User von MtGox habe sich das Unternehmen selbst zuzuschreiben. Wie in jeder aufstrebenden Branche gebe es schwarze Schafe, dem stünden jedoch Hunderte verantwortungsvoller Firmen gegenüber.
"Vertrauen hat erheblich gelitten"
Doch schon bevor MtGox, das über die Hälfte aller Bitcoin-Transaktionen abwickelte, von der Bildfläche verschwand, war die "Hacker-Währung" angeschlagen. Warnungen von Zentralbanken und Finanzaufsehern sowie Sicherheitslücken hatten sie zurückgeworfen. "Durch Hackerattacken auf Tauschplätze und Betrugsversuche von etlichen Pseudoanbietern hat das Vertrauen erheblich gelitten", sagt Finanzanalyst Andreas Lipkow. Nach dem Riesenhype im vergangenen Jahr halbierte sich der Kurs 2014 auf zuletzt etwa 500 Dollar.
Regulierung nötig, aber unerwünscht
Die schmerzliche Lektion, die viele Nutzer aus dem Vorfall ziehen müssen: Handelsplattformen sind keine Banken. Aber wo soll das digitale Geld sicher verwahrt werden? "Nun zeigen sich die Schattenseiten der mangelnden Regulierung", sagt Geschäftsführer Manfred Hübner vom Forschungsunternehmen Sentix. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im deutschen Bundestag, Gerhard Schick, vermisst im "Handelsblatt" stabilisierende Elemente wie bei einer Zentralbank - aber genau deren Einfluss wollen die Bitcoin-User ja verhindern. Ein Dilemma.
Behörden ermitteln
Jetzt ermitteln jedoch erst einmal die Behörden. Die Finanzbehörden, die Polizei und das Finanzministerium "befassen sich mit der Sache, um ihr ganzes Ausmaß zu erfassen", sagte ein japanischer Regierungsvertreter am Mittwoch vor Journalisten. "Wenn wir umfassend über das Bescheid wissen, was passiert ist, werden wir, falls nötig, weitere Schritte einleiten", kündigte er an.
Inzwischen befassen sich offenbar auch US-Behörden mit dem Fall. Das "Wall Street Journal" berichtete, US-Bundesanwälte in New York hätten MtGox unter Strafandrohung aufgefordert, eine Reihe von Dokumenten vorzulegen.
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