Acht Angeklagte

Prozess um Schlepperbande in NÖ gestartet

Österreich
17.03.2014 16:45
Unter großem Medien- und Publikumsinteresse hat am Montag am Landesgericht Wiener Neustadt ein Prozess wegen Schlepperei begonnen. Unter den acht Angeklagten sind Asyl-Aktivisten, darunter vier ehemalige Servitenkloster-Flüchtlinge. Sieben bekannten sich teilweise schuldig. Ein Urteil wird am 6. Mai erwartet.

Mitglieder eines internationalen Täternetzwerks und damit einer kriminellen Vereinigung zu sein, wie es die Anklage sieht, bestritten die Beschuldigten aus Pakistan, Indien und Afghanistan. Sie sollen, so der Vorwurf, bei der illegalen Ein- und Weiterschleusung von über die Balkanroute nach Ungarn gebrachten Pakistanis gewerbsmäßig mitgeholfen und für die Geschleppten auch Nächtigungsmöglichkeiten in karitativen Einrichtungen, insbesondere im Servitenkloster in Wien, organisiert haben. Staatsanwältin Gunda Ebhart sprach von "zahlreichen Fällen", aber auch davon, dass die Männer im Alter von 19 bis 38 "kleine Rädchen" waren.

Anwalt: "Das war eine asylrechtliche Katastrophe"
Ende 2012 war eine Asyl-Aktivisten-Gruppe vom Erstaufnahmezentrum Traiskirchen nach Wien marschiert und hatte vor der Votivkirche ihre Zelte aufgeschlagen. Die Gruppe wurde dann "ziemlich brutal" ins Servitenkloster überstellt, wie es der Wiener Rechtsanwalt Lennart Binder formulierte: "Das war eine asylrechtliche Katastrophe. Die Votivkirche ist keine Zustelladresse, viele der hier Angeklagten waren dadurch tatsächlich illegal hier." Aber für den Vorwurf der Schlepperei sah er im gesamten Akt "keine Verdachtsmomente". Er spielte auch darauf an, dass im damaligen Vorwahlkampf das Thema der Asyl-Aktivisten politisch genutzt wurde.

(Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)

Verteidiger: "Hier sitzen nur die kleinsten Fische"
"Es ging um den Schutz der Österreicher vor den Flüchtlingen", erklärte Verteidiger Josef Philipp Bischof. Zusammengefasst lautete das Credo aller Verteidiger: "Hier sitzen nur die kleinsten Fische. Die Anklage ist ohne Substrat. Die Angeklagten mögen bei Schleusungen geholfen haben. Aber das waren reine Freundschaftsdienste. Man bekam dafür Essen oder einen Wodka."

Martin Traxler - er war so wie Bischof schon im Wiener Neustädter Tierschützerprozess als Verteidiger tätig - unterstellte der Polizei bei den Ermittlungen gegen die acht Angeklagten "schlampige oder bewusst falsche" Methoden. "Das war keine Schlepperei, keine Gewerbsmäßigkeit, sondern Hilfe von Landsleuten", sagte eine Anwältin. Ihr Mandant, der im Servitenkloster lebte und mit drei Jobs fast rund um die Uhr beschäftigt war, habe damals auf Wunsch eines Freundes fünf oder sechs Mal pakistanischen Staatsbürgern aus eigener Tasche bezahltes Essen in den Park vor der Votivkirche und an die Rossauer Lände gebracht.

Achtbeschuldigter am ersten Prozesstag befragt
Am Nachmittag wurde als erster der Achtbeschuldigte befragt. Der 29-jährige Afghane bekannte sich "teilweise schuldig", wies aber von sich, an der Schleusung von zehn Personen mitgewirkt zu haben. Die Richterin spielte dazu einige Aufnahmen der Telefonüberwachung vor. Der Dolmetscher übersetzte eine Passage: "Lass dein Handy zuhause. Es kommen drei Leute zu dir, nimm' sie mit", lautete etwa der Auftrag eines unbekannt gebliebenen Komplizen. Der 29-Jährige gab nur zu, einmal Geschleppte, die den Taxilohn nicht zahlen konnten, mit 20 Euro "ausgelöst" zu haben. Ein anderes Mal habe er drei Personen zum Bahnhof gebracht.

Verfahren an 14 Tagen angesetzt
Am Mittwoch und Donnerstag wird weiterverhandelt. Das Verfahren ist an insgesamt 14 Tagen bis zum 6. Mai angesetzt. Harbichs "Fahrplan" nach soll die Befragung der Beschuldigten bis zum 27. März dauern, dann folgen Zeugen aus den Reihen der Polizei. 

Am 11. April werden drei Betreuer der Flüchtlinge aussagen, am 23. und 24. April dann jene Beamte der Landespolizeidirektion Wien, die bei der Anhaltung der Beschuldigten im Sommer 2013 dabei waren. Am 28. April sind Zeugen zum Thema für die Geschleppten organisierte Mitfahrgelegenheiten in andere EU-Länder vorgesehen, die weiteren Tage bis zum 6. Mai - dem geplanten Urteilstag - sind für sich allfällig ergebende neue Fragen reserviert.

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