Am Mittwoch um 9 Uhr hatte die Sitzung des Aufsichtsrates, bei der der Syndikatsvertrag für die Telekom Austria auf der Tagesordnung stand, begonnen. Doch es waren nur sechs von 14 Mitgliedern anwesend, zu wenig für einen Beschluss. Die von der Arbeiterkammer entsandten fünf Betriebsräte blieben der Sitzung fern, weil sie den Deal mit der Slim-Gruppe ablehnen, da er ihrer Meinung nach "für Österreich Nachteile bringt".
Das hatte sich schon im Vorfeld abgezeichnet. Überraschend war aber, dass auch drei Kapitalvertreter, darunter Aufsichtsratspräsident Peter Mitterbauer, fehlten. Für einen gültigen Beschluss muss aber die Hälfte der Mitglieder anwesend sein.
Aufsichtsräte mussten extra eingeflogen werden
Nach stundenlanger Schockstarre entschloss man sich, Mitterbauer und ein zweites Mitglied bis am späten Abend aus dem Ausland einfliegen zu lassen. Hintergrund: Wäre der Syndikatsvertrag bis Mitternacht nicht unterschrieben gewesen, hätte das Übernahmegesetz eine "Sperre" ausgelöst, sodass die Telekom-Ehe ein Jahr lang auf Eis gelegen oder gar geplatzt wäre. Kurz vor 22 Uhr wurde der Deal endlich abgesegnet und danach der Vertrag von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler und dem Finanzchef von America Movil, Carlos Garcia Moreno, unterschrieben.
Da die Telekom Austria vier Milliarden Euro Schulden hat, braucht sie eine Kapitalspritze, um weiter in Osteuropa zu expandieren. Die Slim-Gruppe bringt eine Milliarde Euro ein, wird stärkster Einzelaktionär und übernimmt die industrielle Führung. Sie stellt die Mehrheit der Kapitalvertreter im Aufsichtsrat sowie zwei Vorstände. Die ÖIAG behält die Sperrminorität (25 Prozent).
In einem "Österreich-Paket" wurde vereinbart, dass Firmenzentrale sowie Forschung und Entwicklung für zehn Jahre (so lange läuft der Syndikatsvertrag) im Lande bleiben. Finanzminister Michael Spindelegger sieht durch die Zusammenarbeit die Chance, dass die Telekom Austria ihren Wachstumskurs in Zentral- und Osteuropa fortsetzen kann. America Movil sei ein "starker Partner, der ihr eine langfristige Perspektive bietet". Auch sei es gelungen, "den Standort und Arbeitsplätze in Österreich abzusichern sowie weitere Investitionen in moderne Telekom-Infrastruktur sicherzustellen. Die Republik sichert durch diesen Syndikatsvertrag ihre Sperrminorität und damit ihre Rolle als stabiler Kernaktionär bei einem der wichtigsten Leitunternehmen Österreichs".
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