Balkan-Hochwasser
Gefahr durch Landminen und Tierkadaver
Die Fluten in den betroffenen Gebieten bringen explosive Gefahren mit sich: So warnten in Bosnien die Behörden davor, Minenfelder aus dem Bosnienkrieg könnten freigespült werden. Zudem sind durch das Wasser zahlreiche Warnschilder fortgespült worden. Das Minenaktionszentrum erklärte, dass die Sprengkörper Hunderte Kilometer unter anderem bis zum Schwarzen Meer geschwemmt worden sein könnten.
Expertenteams sollen Gefahr beurteilen
Aus dem Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen liegen noch rund 120.000 Landminen in Bosnien-Herzegowina. Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen. Die Gegenden um die Städte Doboj und Olovo, die jetzt besonders hart vom Hochwasser betroffen sind, sind noch stark vermint. Nun sollen Expertenteams der Minenaktionszentren in allen drei betroffenen Ländern zusammenkommen, um die Gefahrenlage zu beurteilen.
Das Gesundheitsamt warnte aber auch vor dem Ausbruch von Seuchen. Bei steigenden Temperaturen könnte von Tierkadavern verunreinigtes Wasser zum Ausbruch von Krankheiten wie Typhus oder Hepatitis führen, sagte der Leiter des Gesundheitsamts in Sarajevo am Montag. In erster Linie gehe es nun darum, eine sichere Wasserversorgung zu gewährleisten.
Serbischer Botschafter bedankt sich für Hilfe
Am Montag bedankte sich der serbische Botschafter in Wien, Pero Jankovic, für die österreichische Hilfe: "Das können wir alleine nicht schaffen." Österreichische Hilfskräfte sind bereits im Einsatz. Laut Informationen des Außenministeriums habe man Dutzende Feuerwehrkräfte in die Katastrophenregion entsandt. Zudem fliegen seit Sonntag vier Bundesheer-Hubschrauber Einsätze rund um die Uhr. Im Rahmen von Spendenaktionen des Roten Kreuzes, der Caritas und anderer Organisationen kann auch jeder Österreicher mithelfen (für Infos dazu siehe unten).
"Unsere Städte sind zu Flüssen geworden", sagte Jankovic am Rande des Europa-Forums Wachau im Gespräch mit der APA. Die Dimension der Schäden könne man nicht ermessen, wenn man lediglich die Fernsehbilder sehe, schilderte Jankovic die Lage. Die Wasserfluten hätten oft das dritte Stockwerk von Gebäuden erreicht, Menschen konnten ihre Wohnungen nicht verlassen.
Der Fluss Save, der durch Nordbosnien und Westserbien fließt, sei acht Meter hoch angestiegen. Die Milliardenschäden an der Infrastruktur seien noch nicht zu beziffern. 25.000 Menschen wurden bis Sonntag evakuiert, 100.000 waren ohne Strom. Die ganzen Folgen der Jahrhundertflut würden erst später zum Tragen kommen.
14 EU-Staaten helfen am Balkan mit
Laut der zuständigen EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa haben bereits 14 EU-Staaten Hilfe eingeleitet, etwa 450 Helfer seien an Ort und Stelle. "Es ist schnell klar geworden, dass der Bedarf so riesig ist, dass wir die Hilfe aufstocken mussten", sagte sie.
Die Lage entlang der Save ist weiter kritisch, die serbische Hauptstadt Belgrad bereitet sich auf eine Flutwelle vor. Die Versorgungssituation in der Stadt ist schon seit Tagen schwierig: Trinkwasser, Kindernahrung und Windeln etwa waren am Wochenende auch in großen Einkaufszentren Mangelware. Nicht nur die Behörden, sondern auch Organisationen wie das Rote Kreuz sowie Religionsgemeinschaften organisierten Sammelzentren für die bedrohte Bevölkerung. "Milchpulver, konservierte Nahrung, Windeln und Waschmittel sind derzeit am wichtigsten", hieß es im Belgrader Senders B92.
Unzählige Freiwillige sind seit Tagen unterwegs, um Hilfe zu leisten. Im Vorort Makis, wo sich die Belgrader Wasserversorgungsanlage befindet, mussten die Behörden Tausende Hilfswillige sogar bitten, nach Hause zurückzukehren, um die Arbeit nicht zu erschweren.
Eine Milliarde Euro Schaden in Serbien vermutet
In Westserbien sind die Gebiete um die Städte Bajina Basa, Valjevo und Pozega am stärksten bedroht. Die Höhe des Schadens in der gesamten Region kann laut Behörden noch nicht konkret beziffert werden. Alleine in Banja Luka, dem Verwaltungszentrum der bosnischen Republika Srpska, wo mehrere Vororte unter Wasser standen, dürften die Schäden ersten Schätzungen zufolge in die Millionen gehen. Der serbische Premier Vucic schätzte die Schadenssumme in seinem Land auf rund eine Milliarde Euro.
Dramatisch blieb die Lage um das ostserbische Kohlekraftwerk Kostolac. Dort mussten umliegende Siedlungen rasch evakuiert werden, nachdem der über die Ufer getretene Fluss Velika Morava Schutzdämme durchbrochen hatte.
15.000 Menschen im Osten Kroatiens bedroht
Im Osten Kroatiens, in Slawonien, sind derzeit etwa 15.000 Menschen vom Hochwasser bedroht, viele von ihnen mussten ihre Häuser verlassen. Am Wochenende starb ein Mann, zwei Menschen gelten als vermisst. In zahlreichen Ortschaften brachen die Dämme der Save. Bilder aus der Krisenregion zeigen, dass das Wasser ganze Orte verschluckt hat - teilweise, wie etwa in Gunja, ragen nur mehr die Dächer hervor.
Spendenmöglichkeiten:
- Caritas Österreich, "Hochwasserhilfe Südosteuropa", PSK, IBAN: AT92.6000.0000.0770.0004, BIC: OPSKATWW
- Österreichisches Rotes Kreuz, "Flut in Südosteuropa", Erste Bank, IBAN: AT57.2011.1400.1440.0144, BIC: GIBAATWWXXX
- Diakonie Katastrophenhilfe, "Fluthilfe", Erste Bank, IBAN: AT85.2011.1287.1196.6333, BIC: GIBAATWWXXX
- Malteser Hospitaldienst Austria, "Hochwasserhilfe Südosteuropa", PSK, IBAN: AT43.6000.0000.0100.0999, BIC: OPSKATWW
- Volkshilfe Nothilfe, "Hochwasser am Balkan", PSK, IBAN: AT77.6000.0000.0174.0400, BIC: OPSKATWW
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