Zugang erschwert
MH17-Abschuss: Separatisten behindern Ermittler
Wer steckt hinter dem Abschuss des Passagierflugzeuges mit der Flugnummer MH17? Waren es die prorussischen Separatisten, die den Osten der Ukraine kontrollieren? Diese schieben allerdings dem ukrainischen Militär den Schwarzen Peter zu. Durch ihr Verhalten gegenüber einer Gruppe von internationalen Beobachtern, die am Freitag erstmals das Trümmerfeld besichtigen wollte, haben die Separatisten allerdings alles andere als Kooperationsbereitschaft bei den Ermittlungen erkennen lassen.
OSZE-Beobachter aufgehalten
Eine Sprecherin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sagte, das Team sei am Freitag zwar nahe an die Absturzstelle herangekommen und hätten auch Wrackteile gesehen. Frei bewegen hätten sie sich aber nicht können. Der Schweizer OSZE-Vertreter Thomas Greminger gab später an, 17 Beobachter hätten für 75 Minuten begrenzten Zugang erhalten, seien dann aber von bewaffneten prorussischen Separatisten "zu ihrer eigenen Sicherheit" aufgehalten worden. Ein den Beobachtern angekündigter Anführer sei zudem nicht erschienen.
Das Team habe sich daraufhin aus Sicherheitsgründen in die Stadt Donezk zurückgezogen, hieß es. Der OSZE-Forderung, nichts an der Absturzstelle zu verändern, wurde der Sprecherin zufolge nicht gänzlich nachgekommen. Gepäckstücke seien fein säuberlich aufgereiht worden.
Leichen weggeschafft?
Kiew wirft den Separatisten zudem vor, Beweismaterial zu vertuschen. Die Rebellen hätten 38 Leichen vom Absturzort weggeschafft und hinderten ukrainische Ermittler am Zugang zu dem Gebiet, hieß es in einer am Samstag verbreiteten Regierungserklärung. Bereits am Freitag waren Gerüchte aufgekommen, dass an der Unglücksstelle zudem Plünderungen stattgefunden hätten. Noch kurz zuvor hatten die Sicherheitsbehörden in Kiew erklärt, sich mit Russland, der OSZE und den prorussischen Separatisten auf eine Sicherheitszone am Absturzort geeinigt zu haben. Bislang wurden 186 Leichen entdeckt.
Ein Großteil der rund 25 Quadratkilometer großen Absturzfläche sei bereits abgesucht worden, teilte ein Sprecher des Katastrophenschutzministeriums in Kiew am Samstag mit. Die prorussischen Rebellen hätten den Rettungskräften erlaubt, nach den Opfern zu suchen. "Aber sie haben nicht gestattet, dass irgendetwas aus dem Gebiet weggebracht wurde", sagte der Sprecher. "Die Rebellen haben alles weggebracht, was sie gefunden haben."
Für Samstag wird nun ein Ermittlerteam aus Malaysia an dem Unglücksort erwartet. Außerdem hat Großbritannien Spezialisten für Flugzeugabstürze in die Ostukraine geschickt, um bei der Untersuchung der Wrackteile der Passagiermaschine zu helfen. Das sechsköpfige Team solle am Samstag in Kiew eintreffen, teilte die Regierung mit. Das Außenministerium entsandte zusätzliches Konsulatspersonal in die Ukraine, außerdem sollen britische Polizisten bei der Bergung, Identifizierung und dem Heimtransport der getöteten Passagiere helfen. Unter den fast 300 Menschen, die beim mutmaßlichen Abschuss des Passagierjets am Donnerstag starben, waren zehn Briten.
Obama: "Das war kein Unfall"
Die internationale Gemeinschaft erhöht unterdessen den Druck auf Moskau. Die USA gehen davon aus, das wahrscheinlich moskautreue Kräfte verantwortlich für den Abschuss sind. Die Boden-Luft-Rakete, die das Flugzeug abgeschossen habe, sei aus einem von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiet abgefeuert worden, sagte Obama. "Wir wissen noch nicht genau, was passiert ist", räumte er aber ein. Es wäre aber nicht das erste Mal, dass ein Flugzeug von den Aufständischen abgeschossen worden sei.
Indirekt wies Obama Russland eine Mitverantwortung zu. "Das war kein Unfall. Das passiert wegen russischer Unterstützung." Ohne diese sei es den Separatisten nicht möglich, "so zu funktionieren, wie sie funktionieren". Die Regierung in Moskau wies alle Vorwürfe zurück - und machte ihrerseits die ukrainische Führung mitverantwortlich.
Direkte Anschuldigungen gegen Kremlchef Wladimir Putin vermied Obama allerdings. Man dürfe keine voreiligen Schlüsse ziehen, sagte er. Angesichts der Tragödie riefen Obama und Putin die Konfliktparteien in der Ukraine zu einer sofortigen Waffenruhe auf. Obama bezeichnete den Vorfall auch als "Weckruf" für Europa und die Welt. Er forderte Russland erneut auf, endlich für Frieden in der Ukraine zu sorgen.
Aids-Experten unter den Toten
Am Freitag hatte zudem ein australischer Medienbericht für Aufsehen gesorgt, wonach an Bord der Maschine rund hundert Teilnehmer der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne gesessen waren. Die Präsidentin der Internationalen Aids-Stiftung, Francoise Barre-Sinoussi, erklärte am Samstag, nach Kontakten mit den Behörden in Australien, Malaysia und den Niederlanden seien bisher nur sechs Vertreter bestätigt. Die Zahl könne "ein wenig höher" sein, fügte sie hinzu, sie liege jedoch nicht in den berichteten Dimensionen.
Auch der Chef des UN-Aidsprogramms, Michel Sidibe, schrieb via Twitter, dass "viele Passagiere" auf dem Weg zu der Konferenz gewesen seien, die am Sonntag im australischen Melbourne beginnt. Bestätigt ist allerdings der Tod des führenden niederländischen Aids-Forschers Joep Lange. Auch Glenn Thomas von der Weltgesundheitsorganisation WHO starb bei dem Unglück. Beide waren auf dem Weg zu der Konferenz.
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