Brisante Rede
Orban: “Das neue Ungarn ist kein liberaler Staat”
Viktor Orban unterstrich im rumänischen Baile Tusnad, für ihn seien die nationalen Interessen wichtiger als das politische Modell einer liberalen Demokratie. Er verwies auf Staaten wie China, Singapur, Russland oder die Türkei als Beispiel für Erfolg, ohne liberal zu sein: "Politische Systeme, die nicht westlich, nicht liberal und in manchen Fällen nicht einmal demokratisch, aber nationale Erfolgsgeschichten sind – das sind die wichtigsten Fragen unserer Zeit."
"Althergebrachte Dogmen und Ideologien brechen"
Auf dieser Basis legte Orban seine Vision von Ungarns Zukunft dar: "Indem wir mit diesen althergebrachten Dogmen und Ideologien brechen, gestalten wir den neuen ungarischen Staat, damit er in den nächsten Jahrzehnten den nötigen Erfolg in dem globalen Wettbewerb erzielt."
Orban weiter: "Der neue Staat, den wir in Ungarn aufbauen, ist kein liberaler Staat. Er verneint nicht die liberalen Grundwerte wie Freiheit, aber er macht sie nicht zu seinem Grundelement. Er nimmt Teile davon: die nationalen Werte." In Anspielung auf den Ort seiner Rede und auf den Umstand, dass sieben Millionen Ungarn außerhalb des ungarischen Staats leben, unterstrich Orban seine Auffassung, dass der Begriff "Nation" nicht an geografischen Grenzen endet.
"Die Zeit des westlichen Liberalismus ist vorbei"
Orban verurteilte zudem die US-Politik, welche die Verbreitung der Menschenrechte zum Ziel habe. Stattdessen komme es darauf an, "erfolgreich" zu sein. Die Zeit des westlichen Liberalismus sei abgelaufen, sagte der Premier. Er nannte es "provinziell", den Westen nachzuahmen, diese Haltung müsse überwunden werden. Anderseits müsse niemand befürchten, dass Ungarn "dem russischen Bären in die Arme läuft". Es sei jedoch "unser größtes Unglück", dass mehr als zwei Drittel der ungarischen Exporte nach Westen gingen. Mindestens 50 Prozent der Ausfuhren sollten andere Ziele haben, forderte Orban.
"Viele NGOs vertreten ausländische Interessen"
Hart ins Gericht ging Orban auch mit Nichtregierungsorganisationen in Ungarn. Ihnen warf er vor, vom Ausland finanziert zu werden und mit ihren Aktivitäten die nationale Entwicklung zu behindern. Viele dieser "bezahlten politischen Aktivisten" täten dies im ausländischen Interesse. Der ungarische Premier hatte zuletzt eine derartige Auseinandersetzung mit Norwegen.
Er bezog sich damit auf einen Streit um Fördergelder für ungarische Bürgerorganisationen. Über den Fonds Norway Grants (EEA) fördern die Nicht-EU-Staaten Norwegen, Island und Liechtenstein Institutionen und Vereine in Osteuropa, darunter in Ungarn. Die Federführung hat dabei als größter Einzahler Norwegen. EEA fördert in Ungarn vor allem Projekte, die den Kampf für Menschen-, Bürger- und Minderheitenrechte zum Ziel haben.
Im Mai hatte EEA die Förderung staatlicher Institutionen in Ungarn auf Eis gelegt, weil Budapest ohne Vorwarnung das Management dieser Gelder umgestellt hat, sodass die Regierung mehr Einfluss auf die Geldverteilung hat. Auch die EU stoppte aus diesem Grund Zahlungen nach Ungarn.
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