Alles sehe "eher nach überstürzter Flucht" denn nach seriöser, geordneter Übergabe aus, sagten am Mittwoch Top-Beamte des Finanzressorts gegenüber der "Krone". Und in einem Telefonat meinte einer der einflussreichsten Abteilungsleiter: "Spindelegger geht - und er weiß so gut wie wir, was jetzt über die Republik hereinbricht."
Teuer: Hypo-Klagen, Volksbanken-Rettung, Alpine-Haftung
Dieser Insider im Finanzministerium konkretisiert dann: Erstens trudeln nun mehrere Klagen gegen das Hypo-Alpe-Adria-Sondergesetz ein. Zitat: "Das wird für den Steuerzahler teuer, die Prozesse werden sehr, sehr lange dauern." Immerhin war Spindelegger hier aber von Justizminister Wolfgang Brandstetter beraten worden, daher kommt es vielleicht doch nicht ganz so schlimm.
Zweitens würde die Haftung, die von der Republik Österreich 2010 beim Pleite-Konzern Alpine übernommen worden ist, nun doch schlagend werden. Und im Herbst droht ein großer Brocken zur Rettung der angeschlagenen Volksbanken. Fazit: Es sei "sehr wahrscheinlich", dass in Kürze weitere 160 Millionen Euro das Budget belasten - in einer ohnehin prekären Situation, in der dem Verteidigungsministerium 20, 30 Millionen Euro zur Lebenserhaltung des Heeres verweigert werden.
Die Lage sei jedenfalls auch deshalb "ziemlich dramatisch", weil auch sämtliche Einnahmen aus der kalten Progression "längst weg" sind. Und der Top-Beamte stellt fest: "Es muss wieder einen Finanzminister geben, der sich ausschließlich um das Ressort kümmert. Karl-Heinz Grasser wird ja viel nachgesagt. Aber er hat zumindest seine Aufgabe sehr ernst genommen."
Grasser - Molterer - Pröll - Fekter - Spindelegger - ?
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie sehr das Finanzministerium in den vergangenen Jahren zum "Durchhaus" der österreichischen Innenpolitik geworden ist: Nach dem Abgang des knapp sieben Jahre amtierenden Karl-Heinz Grasser 2007 gaben sich die ÖVP-Granden geradezu die Klinke in der Wiener Himmelpfortgasse in die Hand: Wilhelm Molterer leitete das Ressort knapp zwei Jahre, auf ihn folgte - wie auch an der Parteispitze - Josef Pröll, der etwa zweieinhalb Jahre durchhielt.
Den Niederösterreicher beerbte Maria Fekter, die ebenfalls knapp zweieinhalb Jahre an der Spitze stand. Seit Dezember des Vorjahres leitete Spindelegger die Geschicke - bis er am Dienstag entnervt die Reißleine zog. Wer ihm nachfolgt, will die ÖVP bis Anfang kommender Woche entscheiden. Neo-Parteichef Reinhold Mitterlehner hat bereits abgewunken.
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