Aufruhr in Spanien

Frau trainiert Nadal und Co.: “Das gibt Ärger”

Sport
23.09.2014 10:07
Gala Leon ist Spaniens neue First Tennis-Lady. Als erste Frau an der Spitze des Davis-Cup-Ensembles lässt sie die iberischen Racket-Akrobaten um Superstar Rafel Nadal künftig nach ihrer Pfeife tanzen. In Spanien gehen die Wogen hoch. "Das wird Ärger geben", posaunt Ex-Profi Tomas Carbonell, Nadal-Coach Toni fürchtet "logistische Probleme". Haben Frauen als "Chefs" von Männern im Spitzensport Zukunft?

Gala wer? Vermutlich warfen nicht wenige Tennis-Fans reflexartig die Internet-Bibel Google an, als sie von der neuen spanischen Tennis-Cheftrainerin erfuhren: Gala Leon, zu Glanzzeiten Nummer 27 der Welt. "Eine typische Spanierin, Linkshänderin, sehr nett", erzählt Österreichs Ex-Weltklasse-Spielerin Barbara Schett im Gespräch mit krone.at. Dreimal schoss die Tiroler Tennis-Beauty im Laufe ihrer aktiven Karriere der nunmehrigen spanischen Davis-Cup-Chefin die Filzkugel um die Ohren, Satz gab sie dabei keinen einzigen ab. "Mich hat ihre Bestellung zur Davis-Cup-Kapitänin schon gewundert. Man hat zuletzt relativ wenig von ihr gehört", sagt Schett. "Aber sie wird bestimmt die Rückendeckung von den Spielern haben, sonst wäre sie wohl nicht in dieses Amt gehievt worden", vermutet Schett.

Nadal schäumt
Genau das sei aber nicht der Fall gewesen. Sagt zumindest "Onkel Toni". Die Spieler hätten nur über die Medien von der Ernennung Leons erfahren, faucht der Onkel und langjährige Trainer von Superstar Rafael in einem Radio-Interview. Von seinem Schützling wisse die Dame jedenfalls wenig. Nadal ortet außerdem "logistische Probleme". Heißt konrekt: "Die Spieler sind beim Davis Cup oft fast nackt in der Kabine."

Kurz-Engagement: Helena Costa warf nach einem Training bei Clermont das Handtuch. (Bild: APA/EPA/THIERRY LARRET)
Kurz-Engagement: Helena Costa warf nach einem Training bei Clermont das Handtuch.
Frauenfußball-Ikone: Carolina Morace trainierte als erste Dame eine Männermannschaft. (Bild: Thomas Eisenhuth / EPA / picturedesk.com)
Frauenfußball-Ikone: Carolina Morace trainierte als erste Dame eine Männermannschaft.

Ex-Profi Carbonell schlägt in eine ähnliche Kerbe: "Es wäre besser gewesen, der Verband hätte die Entscheidung mit den Spielern abgesprochen."

Murray gratuliert
Eine Frau, die männlichen Profis die Wadln nach vorne richtet – bei Weitem keine alltägliche Konstellation, Einzelbeispiele gibt's aber durchaus. So setzt etwa Schottlands Nationalheld Andy Murray auf Frauenpower. Amelie Mauresmo, ehemalige Nummer eins der Welt, steht Murray seit ein paar Monaten mit Rat und Tat zur Seite. Das gemischte Doppel scheint zu reüssieren. Und Murray freut sich auch über die Ernennung Leons zur spanischen Tennis-Chefin. "Ich gratuliere Gala. Hoffentlich ist sie die erste von vielen Frauen in so einer Position."

Fußball-Intermezzo
Weit weniger erbaulich dürften für Frau Leon zwei Beispiele aus dem Fußball anmuten. Carolina Morace, die Grande Damen des italienischen Damenfußballs, versuchte sich 1999 als erste Trainerin einer Männer-Profi-Mannschaft. Beim italienischen Drittligisten Viterbese Calcio hielt sie es aber nur zwei Partien aus – der mediale Druck war zu groß, stöhnte sie. Nach nur einer einzigen Trainingseinheit warf Helena Costa als Cheftrainerin des französischen Zweitligisten Clermont Foot 63 das Handtuch. Sie habe sich in der Männerriege nicht integriert gefühlt, erklärte sie bei der Abschiedspressekonferenz im Juni. Ihr Erbe trat mit Corinne Diacre erneut eine Frau an.

Vorteile für die Frauen
Dabei könnten Frauen Männer-dominierte Sportarten durchaus befruchten. "Sie sind sensibler, nehmen Konflikte oft besser wahr, integrieren soziale Prozesse besser in die Sacharbeit", sagt Günther Amesberger, einer der renommiertesten Sportpsychologen des Landes. Gerade im Sport sei das Geschlecht nach wie vor "ein enormer Trennungsfaktor. Es ist schon interessant, dass diese Frage im Sport noch so oft debattiert wird". Die "Inthronisierung" von Frau Leon am spanischen Tennis-Thron hält Amesberger für "ein positives Signal".

Naturgewollter Nachteil
Frauen können einen naturgegebenen Nachteil freilich nicht wegdiskutieren. Sie sind in aller Regel kleiner, schmäler, zierlicher als Männer. Das wirkt in Wettkampfsituationen weniger vertrauensfördernd. Es kommt eben doch auf die (Körper-)Größe an, wie Stefan Verra, erfolgreicher Körpersprache-Experte, im Gespräch mit krone.at festhält. Als wir den gebürtigen Tiroler, der gerade während der WM zwecks Körpersprache-Analysen von den TV-Stationen herumgereicht wurde, in seinem Wohnort München erreichen, trifft sich das gut. "Ich arbeite für einen TV-Sender gerade an einem Beitrag über die Körpersprache der Schiedsrichter", meint er, "da ist es sehr ähnlich wie bei den Fußballtrainern". Es gehe in beiden Fällen um Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsvermögen.

Frauen mindestens genauso gut
Verra ist überzeugt: "Frauen können Männermannschaften mindestens genauso gut trainieren wie Männer. Es geht letztlich darum, 20 testosterongesteuerten Typen auf dem Trainingsplatz das Gefühl von Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit zu vermitteln." Das sei letztlich eine zutiefst körpersprachliche Challenge. Und diese wiederum würden Männer mit ihrem mächtigeren Körperbau und ihrem breiten Stand eben oft besser meistern, weil große Menschen eher vertrauenswürdig wirken als kleinere."

Entscheidungen treffen
Autsch! Spaniens Davis-Cup-Kapitänin Leon misst gerade einmal 1,63 Meter. Ob sie durchsetzungsfähig genug sein wird, um etwa Nadal künftig zu erklären, wie Tennis funktioniert? "Darauf kommt's ja gar nicht an", sagt Schett. "Gala wird mit Nadal nicht auf dem Platz stehen und trainieren. Es geht als Davis-Cup-Kapitänin darum, das Team zusammenzuhalten und neutrale Entscheidungen zu treffen."

Apropos: Viele Frauen, zumal in Führungspositionen, wagen sich laut Körpersprache-Guru Verra immer wieder an die Quadratur des Kreises heran: "Sie wollen einerseits Alphatier sein, also mächtig und dominant wirken und so Durchsetzungskraft ausstrahlen, gleichzeitig aber optisch attraktiv und sexy sein." Sexy sein und Alpharolle in Einklang zu bringen – das dürfte tatsächlich eine Challenge sein, auch für Gala Leon.

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(Bild: KMM)



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