Eine klassische Win-win-Situation: Die Herbergsbetreiberin muss sich nicht weiter aktiv um Gäste bemühen und hat die nächsten Jahre ausgesorgt. Und der Bund hat eine Bleibe für zusätzliche 200 Asylwerber. Allerdings ist dieser Deal nur scheinbar perfekt. Denn die Rechnung wurde ohne die örtliche Bevölkerung gemacht. Nicht nur, dass sich vom Bürgermeister bis hin zur Supermarktverkäuferin jeder von dieser Nacht-und-Nebel-Vereinbarung überrumpelt fühlt. Viele empfinden die geplante Zahl an Flüchtlingen in Relation zu den Einheimischen schlichtweg als unverhältnismäßig.
178 Österreicher, 270 Flüchtlinge
So erklärt Ortschef Reinhard Reisinger beim "Krone"-Lokalaugenschein: "Auf 178 Österreicher in Steinhaus kommen nun 200 Neuankömmlinge aus 16 unterschiedlichen Nationen. Zusätzlich zu jenen 70 Asylwerbern, die bereits seit Jahren bei uns sind. Bestens integriert übrigens." Letzteres ist für Reisinger ohnehin der Beweis dafür, dass man weder ihm noch seinen Gemeindemitgliedern Fremdenfeindlichkeit vorwerfen kann. Denn die Familien aus Syrien wären von den Steinhausern mit offenen Armen aufgenommen worden. Von Ablehnung keine Spur.
Doch dieses friedliche Miteinander sieht er jetzt in Gefahr. Wie die zweifache Mutter Nicole Riegler (33), die einen Steinwurf entfernt vom Hotel Haus Semmering wohnt. "Fast rund um die Uhr spazieren Männergruppen an meinem Haus vorbei. Immer wieder kommt es vor, dass sie sich auch im Hof umsehen", erzählt sie besorgt. Auch wenn sie die schrecklichen Bürgerkriegs-Bilder im Fernsehen gesehen hat, von den lebensgefährlichen Fluchtwegen über das Mittelmeer gehört hat - Nicole Riegler fürchtet sich vor ihren neuen Nachbarn, hat Angst vor ihren kulturellen Eigenarten oder Ansichten.
"Der Ort ist dem Untergang geweiht"
Die 33-Jährige: "Ich weiß nicht, wie sie ihre schrecklichen Erlebnisse verarbeiten, was in ihnen vorgeht. Stimmt es, dass für sie Frauen weniger wert sind?" Eine Unsicherheit, die auch Pensionist Ernst Tatscher (73) kennt. Er machte sich bereits einen Namen, indem er öffentlich erklärte: "Wenn es sein muss, gehe ich mit dem Bürgermeister ins Gefängnis. Ein Ort, in dem mehr Flüchtlinge als Österreicher wohnen, der ist dem Untergang geweiht."
Schon jetzt würden Ferienhausbesitzer am Semmering hektisch versuchen, ihre Immobilien loszuwerden. Und wenn das größte Hotel in der Gegend keine Urlauber mehr beherbergt, würden auch die wegbleiben. "Ich sage nicht, dass wir keine Asylwerber wollen. Aber wenn jede Gemeinde solidarisch wäre, dann gäbe es kein Problem in Österreich", erklärt der ehemalige Eisenbahner.
Mikl-Leitner schlägt Kompromiss vor
Der Bürgerprotest hat zumindest eines gebracht: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ließ sich bei ihrem Besuch vor Ort auf einen Kompromiss ein: Sobald das Land Steiermark zu 100 Prozent seine Quote erfüllt, will sie auf das Hotel als Quartier verzichten. Doch dieses Szenario dürfte wohl auf sich warten lassen.
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