Der BMW i8 hat auf der Straße einen Auftritt wie ein Ufo. "Unglaublich, dass die den wirklich bauen!" Die Optik ist aber auch ein Hammer, übereinander liegende Flächen, Layering nennt das BMW, und Flügel charakterisieren die Glas-/Kunststoffhülle: Am Heck stellt die flügelähnliche Struktur links und rechts jede Waschanlage auf eine harte Probe, die Türen sind leichte Flügeltüren. Und wie sehr der futuristische Münchner (eigentlich Leipziger) die Phantasie beflügelt, muss ich nicht näher erläutern.
Während sie Türen öffnen und hyperventilierend Stielaugen machen, erzähle ich den zwei Beamten und der Beamtin die Story vom Plug-in-Hybrid mit einem 231 PS starken Dreizylinder-Turbobenziner und einem 131-PS-Elektromotor, der exklusiv die Vorderachse antreibt, von der Live/Drive-Architektur mit Alu unten und Carbon oben herum und davon, dass insgesamt 362 PS die 1.485 kg DIN-Leergewicht ganz schön anschieben (0-100=4,4), auch weil die 250 Nm E-Drehmoment aus dem Stand powern und die Lücke bis zum Eingreifen der benzinkreierten 320 Nm bei 3.700/min. hervorragend füllen. Dass BMW beim turbogeladenen Benziner davon spricht, dass er "bereits frühzeitig sein maximales Drehmoment" erreicht, lassen wir im Bereich von "fabelhaftem" Marketing stehen.
Hightech-Regelung der Motoren
Das Zusammenspiel der Maschinen gelingt fast immer nahtlos und ist sogar derart sophisticated, dass in Kurven die Antriebskraft mehr zugunsten von Benziner und Hinterachse aufgeteilt wird, am Kurvenausgang geht dann wieder mehr Kraft (aus dem E-Motor) an die Vorderachse. Der Elektromotor und zusätzlich der Startermotor rekuperieren im Schiebebetrieb, und beim Tritt auf das Bremspedal wird zunächst rekuperiert, bevor dann nahtlos das Bremssystem aktiviert wird.
Grundsätzlich gibt es vier Fahrmodi. In Comfort und EcoPro teilen sie die Antriebe die Arbeit auf, mal arbeiten sie zusammen (vor allem zum Beschleunigen), mal nur der elektrische, auf Knopfdruck fährt man rein elektrisch und im Sportmodus (per Fahrerlebnisschalter oder wenn der Automatikhebel in die Sportgasse geführt wird) ist immer alles aktiv, solange Saft im Lithium-Ionen-Akku steckt. Im Sportmodus wird daher auch am stärksten rekuperiert, damit der E-Motor immer gut genug im Saft steht.
So fährt sich der BMW i8
Im Sportmodus ist dann auch am meisten Spaß angesagt. Der Soundgenerator boostet den Dreizylinderklang über die Lautsprecher, was dann auch Anklänge an den Sechszylinder-Boxer aus dem 911er schafft. Dazu mischt sich das Sirren des Elektroantriebs. Grundsätzlich ist die Geräuschkulisse gewöhnungsbedürftig, aber besser als erwartet, wenn man sich nicht gerade Lamborghini oder Ferrari auf die Ohren wünscht.
Aber in dem Fall wäre man hier ohnehin fehl am Platz, denn der BMW ist zwar qua Optik, tiefem Schwerpunkt und kraftvollem Antritt ein Sportwagen, aber kein Supersportler. Das war auch nicht der Anspruch, sonst hätte die M GmbH mitgemischt und wird hätten hier einen M8. "i" ist bei BMW hingegen die Nachhaltigkeitssubmarke (siehe BMW i3), da geht's ums gute Gewissen und ums Ressourcenschonen, was dann gerne als das neue Premium bezeichnet wird. Und so müssen Petrolheads damit leben, dass sich der i8 nicht so sportlich fährt, wie er ausschaut. Klar, mit der serienmäßigen "Dynamischen Dämpfer Control", dem tiefen Schwerpunkt und dem harten, aber nicht unkomfortablen Fahrwerk geht schon was, aber mit den relativ schmalen Energiesparreifen ist eine gewisse Neigung zum Untersteuern in engen Kurven nicht von der Hand zu weisen. Dabei hat mein Testwagen die breite Option montiert, also immerhin 215er vorn und 245er hinten. Serienmäßig sind die 20-Zoll-Felgen mit 195ern bzw. 215ern bespannt (eine besser haftende Gummimischung wird angeblich entwickelt).
Die elektromechanische Servolenkung arbeitet sehr direkt, aber recht gefühllos, wodurch ein etwas entkoppelter Fahreindruck entsteht. Zusätzlich muss sich die Wahrnehmung erst darauf einstellen, dass akustisches Feedback und Vortrieb nicht so zusammenspielen wie in einem herkömmlichen Auto mit Verbrennungsmotor, aber da kann der BMW nichts dafür.
Die Kraft des Dreizylinders wird über eine zügig schaltende Sechsgangautomatik übertragen (mit verkürzten Schaltzeiten im Sportmodus), der Elektromotor ist mit einer Zweigangautomatik gekoppelt.
Der BMW i8 in der Praxis
Wer im i8 unterwegs ist, darf sich nicht vor Aufmerksamkeit fürchten, denn man ist ständig unter Beobachtung. Das Einsteigen unter den Flügeltüren und über den breiten Schweller ist cool, wenn man es flüssig beherrscht, uncool, wenn nicht. Bevor frau mit einem engen Minirock einsteigt, sollte sie das in der Garage schon mal heimlich geübt haben. In engen Parallelparklücken können die Flügeltüren übrigens Probleme bereiten, da sie seitlich relativ viel Platz benötigen.
Prinzipiell ist der BMW i8 ein 2+2-Sitzer, jedoch sind die hinteren Sitze nur für Kinder geeignet, vor allem das Aussteigen aus der zweiten Reihe ist eine echte Herausforderung. Sinnvoller ist die Nutzung als Kofferraum-Erweiterung. Das weiß auch BMW und bietet ein maßgeschneidertes Taschenset von Louis Vuitton an – um schlanke 18.000 Euro. Der Kofferraum an sich fasst nicht wesentlich mehr als das Ladekabel: 154 Liter passen hinter den Motor, der das Fach auch gehörig aufwärmt. Unter der vorderen Haube ist kein Gepäckraum.
Die Sache mit der Reichweite
Das Laden der 7,1-kWh-Akkus (5,2 werden effektiv genutzt) dauert an der Haushaltsteckdose zwei bis drei Stunden, das reicht für rund 25 bis 30 Kilometer Fahrt (oder 37 km, wenn man sich strikt an den Normzyklus hält). Als Normverbrauch stehen 2,1 l/100 km im Datenblatt, realistisch sind eher Werte um acht Liter (Tankvolumen: 42 Liter), vor allem wenn die Batterie leergesaugt ist – oder gar nicht geladen wurde. Ich bin mir nämlich gar nicht so sicher, ob ich das Auto wegen 25 Kilometer Reichweite jedes Mal anstecken würde. Schließlich parke ich im Freien (sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz), wodurch das Kabel bei schlechtem Wetter immer nass und schmutzig ist. Aber das ist ein Thema, das alle Plug-in-Hybrid-Autos betrifft.
Die Bedienung des BMW i8 ist so kinderleicht wie in jedem BMW, das Auto regelt, was zu regeln ist, von selbst. Das serienmäßige Navi passt die Antriebssteuerung sogar der geplanten Fahrtstrecke an, sodass man etwa an der richtigen Stelle genug Ladung für die elektrische Fahrt hat. Am 8,8-Zoll-Display kann man verfolgen, was kräftemäßig gerade passiert.
Fazit
Ab 129.900 Euro (Testwagenpreis mit Extras knapp 150.000 Euro) bekommt man mit dem BMW i8 ein faszinierendes Fahrzeug, das für BMW ein Fingerzeig in die Zukunft ist. Ob er das ist, wird die Zukunft zeigen, im Moment wirkt der i8 jedenfalls im besten Sinne futuristisch. Auch wenn andere Plug-in-Hybride eine größere elektrische Reichweite anbieten. Im Innenraum hat sich BMW den Öko-Look des i3 gespart, stattdessen ist Lederausstattung (mit Olivenblattextrakt gegerbt, Leder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz) Serie. Auch wenn der i8 Supersportambitionen enttäuscht: Für Spaß reicht es – und für ein Gespräch mit der Exekutive auch. Nicht nur, wenn die Beamten ihr Kapperl nur aus Neugierde aufsetzen…
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… doch zusätzlich einen 911er?
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