Kugelrund, na und?
Belgien liebt seine dicke Gesundheitsministerin
Darf ein Verteidigungsminister den Wehrdienst verweigert haben? Darf sich ein Finanzminister bei seinen eigenen Steuern nicht auskennen? Oder darf eine Gesundheitsministerin selbst dick sein? Medien und soziale Netzwerke haben ein neues Thema entdeckt, über das sich leidenschaftlich diskutieren lässt. Anlass ist die Ernennung der 52-jährigen Maggie De Block zu Belgiens neuer Gesundheitsministerin.
Nun ist es nicht so, dass man ihr die Kompetenz absprechen würde: Sie ist nicht nur selbst Ärztin, sondern erlangte in den vergangenen drei Jahren höchstes politisches Ansehen als Staatssekretärin für Asylpolitik. Laut Umfragen ist sie eine der beliebtesten Politikerinnen des Landes. Aber sie hat ein Problem, das sie mit 47 Prozent der belgischen Bevölkerung teilt und dem sie von Amts wegen nun eigentlich den Kampf anzusagen hätte. Sie ist kugelrund wie eine Trüffelpraline. Ein belgischer Journalist twitterte: "Wo bleibt da die Glaubwürdigkeit?"
Kdolsky konterte mit Schweinsbraten-Buch
Ein Thema, das auch heimische Gesundheitsministerinnen jenseits des Magerwahns immer wieder über sich ergehen lassen mussten. Andrea Kdolsky antwortete seinerzeit auf ihre Art und präsentierte ein Buch "Schweinsbraten & Co. Die besten Rezepte vom Schwein". Heute, dank Metabolic-Balance-Diät 30 Kilo leichter, widersetzt sie sich weiter strikt: "Ich finde die Diskussion über Äußerlichkeiten entsetzlich. Es geht niemanden etwas an, ob jemand dick oder dünn ist. Auch nicht bei einer Gesundheitsministerin. Es geht um Kompetenzen, nicht ums Aussehen."
Österreichs Politikberater Thomas Hofer sieht das nicht ganz so: "Ganz wurscht ist das nicht! Ein Gesundheitsminister oder eine Gesundheitsministerin muss zwar keine Idealmaße haben, aber Glaubwürdigkeit ausstrahlen und zumindest den Willen zeigen, auch etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Sabine Oberhauser ist da ein perfektes Beispiel!" Die Angesprochene, die das Amt hierzulande seit September ausfüllt, hat vor zwei Jahren zu rauchen aufgehört, im Sommer 12 Kilo abgespeckt und sportelt täglich um 5 Uhr Früh 1,5 Stunden mit ihrem Hund. Die 51-jährige Ärztin und Mutter zweier erwachsener Töchter nimmt die leidige Figur-Frage von der heiteren Seite: "Ich kenne alle Diäten. In der Theorie müsste ich eigentlich 50 Kilo haben."
Internist warnt vor Fettleibigkeit
Internist und Ernährungsexperte Meinrad Lindschinger warnt vor Fettleibigkeit. Diese sei ein ernsthaftes Problem in Wohlstandsgesellschaften: "Wir haben bis zu 25% Menschen im behandlungsbedürftigen Übergewichtsbereich." Aber er warnt gleichzeitig vor sozialer Diskriminierung von Menschen jenseits der Idealmaße: "Übergewichtige werden bei der Jobeinstellung benachteiligt, gemobbt, beschimpft, belächelt oder als willensschwach hingestellt. Das darf nicht geschehen. Denn in vielen Fällen stecken ernsthafte gesundheitliche Probleme dahinter, unter denen die Betroffenen schon genug zu leiden haben. Ab einem BMI von 30 sprechen wir von Adipositas. Diese ist kein Zustand, sondern eine echte Krankheit, die nicht zu kritisieren, sondern zu behandeln ist."
Ärztin Kdolsky pflichtet ihm bei: "Man weiß nie, was hinter zu hohem Körpergewicht steckt. Deswegen sollte man sehr vorsichtig sein, wenn man versucht ist, vorschnell über Äußerlichkeiten zu urteilen." Madame Block steht in der "Wuzerl-Frage" wie ein Fels in der Brandung: "Ich weiß, dass ich kein Model bin, aber es ist das Innere, das zählt." Und weiter: "Meine Kollegen beurteilen mich nicht aufgrund meiner körperlichen Erscheinung, sondern nach dem Wissen, das ich habe."
Belgier lieben ihre "Mega-Maggie"
Dem Hype um "Mega-Maggie" tut der Diät-Disput keinen Abbruch. Im Gegenteil: Ihre Fans formieren sich und verteidigen sie. Ein Journalist, der sie kritisierte, musste sich öffentlich entschuldigen. Sogar ein Buch erschien dieser Tage über ihren steilen Aufstieg. Titel "Buitengewoon" – übersetzt: außergewöhnlich. Das Cover ziert sie formatfüllend selbst. Mit ihrem runden Gesicht, den Perlenohrringen, dem Kurzhaarschnitt und den typisch knallroten Lippen. Ein Radiosender wollte von seinen Hörern wissen, wen sie am liebsten als Premierminister hätten. Klare Antwort: Maggie De Block! Spätestens da war ihr Gewicht dann kein Läster-Thema mehr.
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