Paris, 1789. Die Französische Revolution verwandelt eine einst prächtige Stadt in einen Ort des Schreckens und des Chaos. Das Kopfsteinpflaster der Straßen färbt sich rot vom Blut gewöhnlicher Bürger, die es wagen, sich gegen die Willkür der Aristokratie aufzulehnen. Während sich die Nation zerfleischt, begibt sich ein junger Mann namens Arno Dorian auf die Suche nach den Mördern seines Vaters – und gerät dabei in den seit Jahrhunderten tobenden Kampf zwischen Templern und Assassinen.
Arno schließt sich den Meuchelmördern an, erlernt deren geheime Fähigkeiten und wird schließlich in ihren Geheimbund aufgenommen. Bis zum wahren Meister-Assassinen trennen ihn in "Assassin's Creed Unity" allerdings noch Dutzende Aufgaben und auch Stunden Spielzeit, in denen die Handlung – für die Serie typisch – auch immer wieder in der Zeit vor- und zurückspringt.
Dass dies mitunter zu nicht ganz schlüssigen Ereignissen führt, wird bereits anfangs deutlich: Obwohl sich der im Vergleich zu seinen Vorgängern etwas farb- und kantenlose Held bereits mehrere Male todesmutig mit dem berühmten Glaubenssprung in die Tiefe gestürzt hat, schreckt er davor zurück, als er im Handlungsverlauf erstmals dazu aufgefordert wird.
Dessen ungeachtet weiß die Geschichte um den charmant-tollkühnen Assassinen aber durchaus zu gefallen, wenngleich sie da und dort starke Anleihen an einer Seifenoper zu nehmen scheint, aber was soll's: Wir sind schließlich in Paris.
Paris, mon amour
Die Stadt ist einmal mehr der wahre Star des Spiels, doch so faszinierend wie die französische Metropole war bislang noch keiner der Schauplätze in der Assassinen-Serie. Mit ein Grund dafür: Den Innenräumen wird eine viel größere Bedeutung zuteil, wodurch das bislang vornehmlich auf die Dächer und Straßen einer Stadt begrenzte Spiel um eine Dimension erweitert wird. Wer auf der Flucht ist, kann beispielweise durch offen stehende Fenster, Haustüren oder notfalls auch die Kanalisation abkürzen. Beeindruckend zu sehen dabei ist, wie selbst vermeintlich unbedeutende Häuser mit viel Liebe zum Detail dekoriert und in Szene gesetzt wurden. Ganz zu schweigen vom Spiegelsaal in Schloss Versailles und anderen Räumlichkeiten des Adels mit ihren schweren Lustern, großen Fresken und golden verzierten Stuckdecken.
Performance-Probleme
Doch auch auf der Straße spielt es sich ab: Menschenmassen in für die Serie bislang unbekannter Größe bevölkern die Gassen und Marktplätze und erwecken Paris damit zum Leben. Bis zu 5.000 computergesteuerte Menschen tummeln sich laut Ubisoft in der Metropole. Derartige Aufläufe fordern allerdings ebenso wie eindrucksvoll inszenierte Schauplätze (man beachte nur das Lichterspiel in der Kathedrale von Notre Dame) ihren Tribut: Die Framerate bricht immer wieder ein, das Spiel ruckelt. Ob sich durch den zum Verkaufsstart bereitgestellten Day-One-Patch daran etwas ändert, bleibt abzuwarten.
Auffällig und im Gegensatz zu den Rucklern weitaus störender sind jedoch die langen Ladezeiten, die selbst zwischen kurzen Spielabschnitten in Erscheinung treten. Mal eben schnell ins Assassinen-Hauptquartier und wieder zurück? Das dauert.
Entdecke die Möglichkeiten
Die gute Nachricht: In der riesigen offenen Spielwelt gibt es auch ohne Ladezeiten genug zu erleben und zu tun: "Assassin's Creed" strotz nur so vor optionalen Missionen. Von den vielen Möglichkeiten – Aussichtspunkte erkunden, Schatztruhen knacken, Bevölkerung beschützen, Rätsel lösen, Sammelgegenstände finden, Klubhäuser gründen/renovieren oder neu: Detektiv spielen – fühlt man sich fast erschlagen. Etwas weniger, dafür anspruchsvollere Aufgaben wären manchmal sicher mehr gewesen, so ist allerdings gewährleistet, dass jeder, ob Einsteiger oder Profi, auf seine Kosten kommt und das, ebenfalls nicht unwichtig, längerfristig.
Gameplay
In Sachen Gameplay gibt es einige Neuerungen, die alte Probleme jedoch leider nicht zur Gänze beheben. So soll eine neue Parkour-Mechanik nun etwa für eine übergangslose Fortbewegung entlang von Stadtmauern und Gebäudewänden sorgen und darüber hinaus einen kontrollierten Abstieg ermöglichen – soll heißen: ohne sich das Genick dabei zu brechen. Trotzdem kommt es – wie schon in den Teilen zuvor – insbesondere im Eifer des Gefechts immer wieder vor, dass der Assassine gerade dort hochkraxelt, wo er es nicht soll, oder in irgendeinem Eck hängen bleibt.
Mitverantwortlich dafür zeichnet wohl das neue Schleich- bzw. Deckungssystem, das es dem Assassinen erlaubt, sich hinter Gegenständen wie Kisten oder Möbeln zu verstecken. Sich von seinem Versteck zu lösen, fällt dem Assassinen dann mitunter jedoch schwer. Kommen noch Kameraprobleme hinzu, von denen es insbesondere in schmalen Innenräumen einige gibt, ist Stress vorprogrammiert.
Neue Waffen und Fertigkeiten
Glücklicherweise weiß Arno sich jedoch zu verteidigen – mit Hieb-, Stich-, Schuss- und auch Stangenwaffen sowie anderen Gadgets wie Rauch- oder auch Giftbomben. Neu hinzugekommen ist mit "Unity" unter anderem die Phantomklinge, eine versteckte Klinge mit Armbrust-Funktion. Für viele der Waffen braucht es aber nicht nur das nötige Geld, sondern auch die nötige Erfahrung: Sie stehen erst nach Abschluss einer definierten Spielsequenz zur Verfügung. Ohne Hauptquest also auch keine Super-Schießprügel.
Bei den Fertigkeiten verhält es sich neuerdings ebenfalls etwas anders: Sie können durch Erspielen bestimmter Fertigkeitspunkte nun gezielt freigeschalten werden. Schleich-, Kampf- und Bewegungsfähigkeiten können so dem ganz persönlichen Spielstil angepasst werden. Hinzu kommen sogenannte Boosts, die die kurzfristige Steigerung bestimmter Attribute ermöglichen. Der Rollenspiel-Touch hat aber auch seine Nachteile: So manch liebgewonnene Fertigkeit wie die Doppelklinge oder der Tod bringende Sprung mit dieser, auf zwei Opfer herab, stehen dadurch erst relativ spät im Spiel zur Verfügung.
Mit- statt gegeneinander
Die im Einzelspieler-Modus erlernten Fertigkeiten können schließlich auch im neuen Koop-Modus für zwei bis vier Spieler verwendet werden, dem der bisher bekannte kompetitive Mehrspieler-Modus weicht. Mit- statt gegeneinander also – nicht umsonst heißt das Spiel "Unity": Einheit. Wer gerade keinen Mitspieler zur Hand, muss übrigens nicht verzweifeln: Die Missionen können auch alleine gespielt werden.
Fazit: Comme ci, comme ça – "Assassin's Creed Unity" hinterlässt gemischte Gefühle. Unbestritten ist, dass sich die Entwickler bei der Erstellung von Paris selbst übertroffen und eine ungemein lebendig wirkende und abwechslungsreiche Spielwelt geschaffen haben, die derzeit ihresgleichen sucht. Erkauft wird die optische Pracht allerdings durch lange Ladezeiten und Ruckler. Dazu gesellen sich gelegentliche Kameraprobleme und die trotz Verbesserungen noch immer bockige Steuerung, die in gewissen Momenten dafür sorgt, dass Liebe und Hass zum Spiel sehr eng beisammen liegen. Der ganz große NextGen-Hit ist "Unity" angesichts dieser Schwächen also leider nicht. Gemeckert wird zugegebenermaßen jedoch auf hohem Niveau, denn großen Spaß macht "Unity" trotzdem. Es hätte nur eben noch spaßiger werden können.
Plattform: Xbox One (getestet), PS4, PC
Publisher: Ubisoft
krone.at-Wertung: 8/10
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