IS-Geisel Cantlie:

“Habe längst akzeptiert, dass ich getötet werde”

Ausland
23.11.2014 07:01
"Ich habe schon vor langer Zeit akzeptiert, dass mich eines Tages mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dasselbe Schicksal erwartet wie meine Mitgefangenen." In einem neuen vom Islamischen Staat veröffentlichen Video mit der britischen Geisel John Cantlie erzählt der vor fast zwei Jahren Verschleppte, dass er sich längst damit abgefunden habe, dass er wie andere Geiseln des IS exekutiert werden dürfte. Es ist der einzige Satz in dem knapp neun Minuten langen Video, den man glauben kann.

Denn der Rest des Videos ist, wie auch schon die vorangegangenen, reine Propaganda für die Terrororganisation, die Cantlie seit ein paar Monaten als Sprachrohr benutzt. Es ist bereits die sechste Episode der Reihe "LEND ME YOUR EARS - Messages from the British Detainee John Cantlie", mit dem der IS weltweit seine Anhänger erreichen und von der Bösartigkeit der westlichen Welt überzeugen will.

Vor allem geht es in den Texten, die Cantlie verlesen muss, darum, dass die Regierungen der USA und von Großbritannien die Geiseln im Stich lasse. Und dass der Islamische Staat allen Manövern der Anti-Terror-Allianz überlegen sei. So verliest Cantlie in dieser Folge unter anderem, dass ein "komplexer, risikoreicher und extrem teurer" Geiselbefreiungsversuch am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, völlig sinnlos gewesen sei, weil der IS ihn und die weiteren Geiseln bereits Tage vor dem erwarteten Angriff umgesiedelt habe.

John Cantlie ist seit fast zwei Jahren in der Gewalt der Extremisten des Islamischen Staates. (Bild: YouTube.com)
John Cantlie ist seit fast zwei Jahren in der Gewalt der Extremisten des Islamischen Staates.
In der Videoserie "Lend me your ears" muss John Cantlie Propaganda für den Islamischen Staat machen. (Bild: YouTube.com)
In der Videoserie "Lend me your ears" muss John Cantlie Propaganda für den Islamischen Staat machen.

"Wir wurden hier zurückgelassen, um zu sterben"
Er sei wütend, dass die Regierungen nicht auf Verhandlungen setzen würden, dass er und die anderen Geiseln – konkret die US-Journalisten James Foley und Steven Sotloff sowie die britischen Entwicklungshelfer David Haines, Alan Henning und Peter Kassig – von den Regierungen im Stich gelassen würden, weil sie "keine US-Soldaten" seien, für die es sich zu verhandeln lohne: "Wir wurden hier zurückgelassen, um zu sterben. Es ist das schlimmste Gefühl der Welt, so zurückgelassen zu werden."

Es sei der "ultimative Betrug", wenn du immer hart arbeitest und deine Steuern und Rechnungen zahlst, dass sie "das einzige Mal im Leben, an dem du deine Regierungen wirklich braucht, weil es um Leben und Tod geht, sie dir den Rücken kehren".

"IS hat nur getan, was er angekündigt hatte zu tun"
Er habe schon vor langer Zeit akzeptiert, dass ihn höchstwahrscheinlich dasselbe Schicksal wie seine exekutierten Mitgefangenen erwarte, und er sei wütend. Aber "nicht auf den Islamischen Staat", sondern auf die Regierungen. Denn der IS habe "getan, was er angekündigt hatte zu tun", die Regierungen aber würden die Tode seiner Kollegen für ihre Zwecke missbrauchen.

John Cantlie wurde nach eigenen Angaben bereits Ende 2012 in Syrien gefangen genommen. Der Reporter arbeitete für britische Zeitungen wie die "Sunday Times" und den "Sunday Telegraph" sowie für die Nachrichtenagentur AFP. Seit Ende September veröffentlicht der IS immer wieder Videos mit Cantlie, in dem dieser das Vorgehen des Westens gegen die Extremisten kritisiert.

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