Christopher Lee, Klaus Kinski, George Hamilton - und jetzt Tobias Moretti. Ebenso wie der Tiroler aus der Liste der bekanntesten Dracula-Darsteller heraussticht, unterscheidet sich Österreichs Verwandlungskünstler als Graf Geza von Közsnöm von all den bisherigen blaublütigen Blutsaugern.
Denn der Vampir, der im Wien der 1930er-Jahre sein unheimliches Unwesen treibt, wirkt schon ein wenig angeschlagen. Ramponiert von der jahrhundertelangen Jagd nach Jungfernblut. Und: Nach 500 Jahren Ehe mit seiner Gräfin Elsa befindet er sich in einer Krise. Also sucht er Hilfe. Er braucht professionelle Therapie - und zwar auf der Couch des Arztes Sigmund Freud!
Vampir auf der Suche nach sich selbst
Vom Termin in der Berggasse erhofft sich der depressive Vampir einen Weg aus der Ehekrise. Denn seit Jahrhunderten ist er krampfhaft auf der Suche nach einer bereits verblichenen Liebe und auf der Suche nach sich selbst.
Nach Roman Polanskis "Tanz der Vampire", der legendären Horrorkomödie aus dem Jahr 1967, wagt Regisseur David Rühm mit seinem "Couch-Vampir" einen Tanz auf dem filmischen Drahtseil. Schließlich stellt die gewagte Kombination, sprich die Infusion des Vampir-Themas in die Psychoanalyse auf den ersten Biss, Pardon, ersten Blick, eine Art von Tabubruch dar.
Doch lässt man sich unvoreingenommen von den ausdrucksstarken Bildern der pittoresken Gruselgeschichte verzaubern, ist man bald ebenso hypnotisiert wie die blutjunge Lucy (Cornelia Ivancan), die von den Liebesschwüren des Grafen umgarnt wird.
Jeanette Hain als Gräfin Elsa
Es bedarf nur weniger Auftritte der selbstverliebt eitlen Gräfin Elsa von Közsnöm - von Jeanette Hain als nervig narzisstische Egomanin grandios in Szene gesetzt -, bis verständlich wird, weshalb der Graf die schier endlos dauernde Beziehung nicht mehr erträgt und er Dr. Freuds Couch aufsucht.
Somit erzählt der Streifen auch von der Liebe. Oder wie im Presseheft zum Film nachzulesen, "von der Schwierigkeit, zueinanderzufinden und über die Jahre hinweg den Zauber in einer Beziehung zu erhalten" - wie auch immer.
Schaurig faszinierender Kahlenberg
Unterstrichen wird der pechschwarze Witz im Wiener Gruselfilm von schaurig faszinierenden Szenen rund um den Kahlenberg. Wenn etwa der Chauffeur den Grafen über das holprige Katzensteinpflaster der Höhenstraße Richtung Spukschloss fährt, umhüllt ein Wolkenpathos den vom Vollmond erhellten Horizont zwischen Fischerhaus und der Kirche am Kahlenberg.
Untermalt wird das freudianische Traumbildnis von erhabenen Klängen: Mitternachtsmusik, die an Mussorgskis "Nacht auf dem kahlen Berge", also an einen sinfonischen Hexensabbat in der Johannisnacht, erinnert.
So unterhaltsam die Protagonisten als Fledermäuse durch die Luft flattern und Erni Mangold als nachbarliches Fräulein Sedlacek stets neugierig an der Tür lauscht, so deplatziert wirken manche Dialoge, die plump auf Stellungen beim Liebesakt anspielen. Dafür verleiht Karl Fischer, bekannt als tollpatschiger Sergente Vianello in Donna Leons venezianischen Krimis, dem gestrengen Wissenschaftler Professor Freud überaus menschliche Züge.
Kurzum: Dieser Film ist ein absolutes Muss für Freunde des Skurrilen, die die Leichtigkeit des Seins fasziniert und das Lachen als Medizin sehen. Für Couch-Potatos oder gestrenge Freudianer eher ein No-Go, dem man nur mit erhobenem Kreuz, mit Knoblauch und Holzpfahl bewaffnet begegnen sollte!
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.