Grausamer Bericht
Die Details der brutalen CIA-Folter nach 9/11
Die Methoden des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, die der Senatsbericht offen wie nie darlegt, sind erschütternd. Angesichts der neuen Erkenntnisse wundert es nicht, dass die USA kurz vor der Veröffentlichtung vor möglichen Racheakten gegen US-Bürger und -Einrichtungen im Ausland gewarnt hatten.
Zum Standardrepertoire gehörten etwa sogenannte Hard Takedowns: CIA-Beamte stürmten die Zelle eines Terrorverdächtigen, zogen ihn nackt aus und ließen ihn eine lange Halle entlanglaufen, während sie ihn verprügelten. "Während sie ihn den Korridor entlanglaufen ließen, fiel er ein paar Mal hin und sie zogen ihn durch den Dreck", heißt es im Report.
Brutaler Schlafentzug und "rektale Ernährung"
Schlafentzug war ebenfalls ein probates Mittel für die CIA. Häftlinge 180 Stunden wachzuhalten war durchaus üblich, oft stehend und so gefesselt, dass ein Abstützen nicht möglich war - zum Beispiel mit über dem Kopf zusammengebundenen Händen. Einmal warnte sogar ein Arzt, der Verdächtige könnte sich so die Schultern auskegeln - die Beamten hat das laut Bericht nicht interessiert.
Mindestens fünf Gefangene wurden außerdem "rektaler Rehydration" unterzogen sowie "rektaler Ernährung" - ohne dass dies medizinisch notwendig gewesen wäre. "Majid Khans 'Mittagessenstablett' aus Hummus, Pasta mit Sauce, Nüssen und Rosinen wurde püriert und rektal eingeflößt", gibt der Bericht ein Beispiel.
Doch nicht nur körperliche Gewalt wurde den Terrorverdächtigen massenhaft angetan, auch psychisch wurden sie gefoltert. So drohte die CIA laut Bericht oft, den Familien etwas anzutun - meist mit "vagen Drohungen, um einen seelischen Virus zu kreieren". Mindestens drei Gefangenen soll gedroht worden sein, ihre Kinder zu verletzen, ihre Mutter zu vergewaltigen und ihrer Mutter den Hals aufzuschlitzen. Zu lesen ist auch, dass die CIA mindestens zwei Scheinexekutionen an Gefangenen durchführte.
Ahnungsloses "Versuchskaninchen" wochenlang gequält
Zudem wird die bereits bekannte besonders brutale Foltermethode Waterboarding detailliert beschrieben. Ein Häftling etwa wäre beinahe daran gestorben: "Abu Zubaydah wurde komplett teilnahmslos, mit Blasen, die aus seinem offenen, vollen Mund aufstiegen", heißt es. Er habe nur dank medizinischer Behandlung überlebt. Zubaydah war der erste Häftling, an dem die Foltermethoden ausprobiert wurden - im März 2002 war er in Pakistan festgenommen worden. Dabei wurde seine angeblich wichtige Rolle bei den Terroranschlägen laut Senatsbericht "erheblich" überbewertet. Und obwohl er sich von Beginn an kooperativ zeigte und bereitwillig aussagte, wurde er von der CIA gequält, quasi als Versuchskaninchen.
Und das "fast rund um die Uhr", so der Bericht. Im April 2002 etwa wurde er 20 Tage lang zuerst nackt in eine sargähnliche Kiste gesteckt und mit Waterboarding "verhört". Auch Insekten sollen zum Einsatz gekommen sein. Selbst nach dem Beinahe-Tod musste er elf Tage und zwei Stunden in der Kiste verbringen und 29 Stunden gar in einer nicht einmal 70 Zentimeter langen Kiste. Gebettelt, geweint und gefleht habe Abu Zubaydah, heißt es, er sei oft "hysterisch" gwesen. Abu Zubaydah sitzt bis heute in Guantanamo Bay auf Kuba fest.
Zweieinhalb Jahre Isolation und Selbstmordversuche
Auch die Rolle von Ramzi Bin al-Shibh wurde von der CIA laut Bericht stark überschätzt. Selbst nach 34 Stunden Folter im Jahr 2003 in der "Detention Site Blue", welche Medienberichten zufolge wie einige andere Lager in Polen lag, konnte er keine Informationen über die Terroranschläge vom 11. September geben. Rasiert und nackt wurde ihm 72 Stunden lang in Eiseskälte der Schlaf entzogen, mit Fesseln an Händen und Füßen.
Selbst als klar war, dass Shibh nichts wusste, wurde er drei Wochen lang weiter gequält, mit Schlafentzug, zu wenig Nahrung, Schlägen. Die Folge: Der Gefangene entwickelte Wahnvorstellungen, Paranoia und Schlaflosigkeit, er beging Selbstmordversuche. Bis zu zweieinhalb Jahre lang habe man Shibh in "sozialer Isolation" gelassen, so ein CIA-Psychologe 2005. Auch Shibh wird bis heute in Guantanamo gefangen gehalten.
Ein anderes Schicksal ist jenes von Redha al-Najar. Er wurde in Isolationshaft in totaler Dunkelheit eingekerkert - bei Kälte, mit einem oder beiden Handgelenken über dem Kopf angekettet, mit Sack über dem Kopf und Musik, die 24 Stunden am Tag aus den Lautsprechern dröhnte. Er musste eine Windel tragen und durfte keine Toilette benutzen. Zwei Tage lang musste Najar die Folter ertragen - je 22 Stunden am Stück. Um seinen "Widerstand zu brechen", so der Bericht.
Vier Tage Schlafentzug mit schweren körperlichen Folgen
Abu Ja'far al-Iraqui wurde 2005 besonders brutal gequält: Er wurde nackt ausgezogen, mangelernährt, geschlagen, 18 Minuten lang mit sieben Grad kaltem Wasser übergossen und musste 54 Stunden lang in "Stresspositionen" ausharren. Als infolgedessen seine Beine so stark anschwollen, dass er Blutverdünner und Bandagen benötigte, wurde er in eine sitzende Position verfrachtet - um seinen Schlafentzug auf 78 Stunden zu erhöhen.
Nach weiterem Blutverdünner wurde er wieder zum Stehen gezwungen, 102 Stunden - das sind über vier Tage - Schlafentzug kamen so zustande. Danach wurden ihm vier Stunden Schlaf erlaubt, nur um ihn danach weitere 48 Stunden wach zu halten. Neben den Schwellungen an den Beinen trug er ein Ödem am Kopf und Abschürfungen von den Fesseln davon.
Grausame Folter brachte kaum Erkenntnisse
All die Grausamkeiten sollen der CIA und damit den USA aber nicht einmal große Erkenntnisse gebracht haben, ist im Bericht immer wieder zu lesen. Schließlich sollen zahlreiche Gefangene nicht in wichtige Pläne der Al Kaida eingeweiht gewesen sein und trotz tage- bis wochenlanger Folter keine wichtigen Informationen preisgegeben haben.
Auch wenn ihre Taten von diversen obersten Stellen der CIA und wohl auch der damaligen Regierung unter George W. Bush abgesegnet worden waren - die CIA-Mitarbeiter werden im Senatsbericht wenig überraschend kritisiert. Es seien Personen darunter gewesen, die nicht nur für Verhöre mangelhaft ausgebildet waren, sondern auch Probleme mit Aggressionen und bereits sexuelle Übergriffe verübt hatten.
Selbst Verhörchef waren Methoden zu brutal
Die Gewalt, die den Terrorverdächtigen angetan wurde, war so schlimm, dass sogar ein CIA-Verhörchef - sein Name wurde im Bericht geschwärzt - in einer E-Mail an Kollegen schrieb, er wolle "nicht länger auf irgendeine Weise mit dem Verhörprogramm in Verbindung gebracht werden". Er werde sich pensionieren lassen, um "so schnell wie möglich vom Zug zu springen".
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