Ein neues Buch, eine Band, ein Kinofilm oder ein lustiges YouTube-Video: Mit einem Klick auf "Gefällt mir" können Facebook-Nutzer ihre Sympathien gegenüber bestimmten Sachen bekunden. Forscher der Universität Cambrigde fanden nun heraus, dass bereits wenige "Gefällt mir"-Angaben genügen, um ein exaktes Persönlichkeitsprofil eines Facebook-Nutzers zu erstellen. Einem von ihnen entwickelten Algorithmus gelang es letztlich, die Persönlichkeiten der Versuchsteilnehmer besser zu beurteilen als Freunde, Verwandte oder gar der eigene Partner.
Schon zehn "Gefällt mir" reichten dem Computerprogramm demnach aus, um die Persönlichkeit einer Person genauer vorherzusagen als ein Arbeitskollege. Mit 70 "Gefällt mir"-Angaben kannte der Algorithmus die Person bereits besser als Freunde oder Mitbewohner, mit 150 "Likes" besser als Eltern oder Geschwister. Mit 300 "Gefällt mir"-Angaben gelang es dem Algorithmus schließlich sogar, die Persönlichkeit eines Facebook-Nutzers besser einzuschätzen, als dies dem Ehepartner möglich war.
"Angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Facebook-Nutzer etwa 227 'Gefällt mir'-Angaben hat (und diese Zahl wächst ständig), besitzt diese Art künstliche Intelligenz das Potenzial, uns besser zu kennen als unsere engsten Freunde", so die Universität in einer Mitteilung.
Vorteile und Risiken
Daraus könnten sich den Wissenschaftlern zufolge zahlreiche Vorzüge ergeben: "Menschen könnten ihre eigenen Anschauungen und Urteile mit dieser Art von Datenanalyse bei wichtigen Lebensentscheidungen ergänzen, etwa bei der Wahl von Aktivitäten, der Karriere oder eines Partners", erläutert Studienautor Wu Youyou. Personalchefs könnten beispielsweise auf Grundlage der Persönlichkeitsdaten besser für ihre Stellen geeignete Bewerber finden, während Produkte und Dienstleistungen dem wechselnden Verhalten und der Stimmung von Verbrauchern angepasst werden könnten.
Zugleich sehen die Wissenschaftler die große Gefahr, dass Maschinen unsere Gewohnheiten eines Tages im großen Maßstab wie ein "offenes Buch" lesen könnten. "Wir hoffen, dass Verbraucher, Entwickler und politische Entscheidungsträger dieser Herausforderung durch die Unterstützung von Gesetzen und Technologien, die die Privatsphäre schützen, begegnen, um den Nutzern die volle Kontrolle über ihre digitalen Spuren zu ermöglichen", so Studien-Mitautor Michal Kosinski.
Zehntausende Facebook-Nutzer befragt
Für die Studie hatten über 86.000 Facebook-Nutzer freiwillig 100 Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantwortet und den Forschern zudem Zugriff auf ihre Facebook-Profile gewährt. So konnten die Wissenschaftler gemäß dem Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeitspsychologie einzelne "Gefällt mir"-Angaben den fünf Hauptdimensionen der Persönlichkeit zuordnen, mittels derer sich jeder Mensch einordnen lässt: Neurotizismus (emotionale Labilität), Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit.
Um die Persönlichkeitsangaben zu vergleichen, wurde eine Auswahl der Teilnehmer anschließend von Freunden und Familienmitgliedern mittels Fragebogen "beurteilt" und eingestuft.
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