Unschuldige geköpft?

Skandal um verpfuschte Saudi-Hinrichtung

Ausland
19.01.2015 16:50
Saudi-Zentrum, aufgepasst! Die Frau schreit bis zur letzten Sekunde: "Ich bin keine Mörderin!", "Ich habe niemanden umgebracht!", "Ich bin unschuldig!", als sie zum Richtplatz gezerrt wird. Dann saust das Schwert des Henkers nieder. Dieser verpfuscht die Hinrichtung - erst beim dritten Hieb fällt der Kopf.

Ärzte mit weißen Handschuhen treten hinzu und prüfen den Vollzug der Hinrichtung. Der Henker wischt mit einem Tuch das Blut vom Schwert, die im Staub liegende Leiche wird weggeschafft.

Vergangenes Jahr gab es in Saudi-Arabien 87 derartige Hinrichtungen, allein heuer schon elf.

Diese skandalöse Hinrichtung einer mutmaßlich unschuldigen Frau aus Myanmar ereignete sich am vergangenen Montag in Mekka, der heiligen Stadt des Islam. Es wird also tatsächlich nicht jeden Freitag geköpft, wie die Ex-Vizechefin des Wiener Saudi-Zentrums, Claudia Bandion-Ortner, verkündet hatte.

Augenzeuge als "Verräter" verhaftet
Warum wir davon wissen? Ein Zuschauer filmte die Exekution mit dem Handy und stellte sie auf YouTube. Das hätte er besser nicht tun sollen. Der Mann wurde von der Polizei verhaftet und kommt wegen Nestbeschmutzung Saudi-Arabiens vor ein Tribunal.

Sein Delikt, das diesem Saudi möglicherweise 1.000 Stockhiebe einbringt, ist nicht die Öffentlichmachung, denn sie entspricht der Scharia, sondern das "Verraten" der verpfuschten Hinrichtung. Ein Sprecher des saudischen Innenministeriums: "Das Delikt fällt unter das Gesetz gegen Internetkriminalität."

Das saudi-arabische Justizsystem wird von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen scharf verurteilt. Auch die UNO fordert eine Aussetzung der "grausamen, unmenschlichen und entwürdigenden" Hinrichtungen. Aus den USA, die inzestuöse Beziehungen zum Saudi-Königshaus pflegen, kann allerdings kein Proteststurm erwartet werden - denn auch dort wird die Todesstrafe nicht nur angewandt, sondern auch verpfuscht.

Faymann: "Haarsträubend und inakzeptabel"
Bundeskanzler Faymann legte am Montag zum Thema "Saudi-Zentrum" nach und nannte dessen Schweigen "haarsträubend und inakzeptabel". Man könne so nicht zur "Tagesordnung übergehen". Jetzt solle man jedenfalls "nicht zudecken und weitermachen", sondern mit jenen ein Bündnis schließen, die sich für Menschenrechte einsetzen. Angesichts des Terrors bräuchte man einen "wirklichen interreligiösen und kulturellen Dialog".

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