"Elite: Dangerous" ist der Nachfolger der 1984 erschienenen Weltraum-Simulation "Elite". Das Game galt als Pionier der 3D-Grafik und einer der Begründer des Weltraum-Simulationsgenres und sorgt bei Fans selbst heute noch für nostalgische Gefühle. Als "Elite"-Schöpfer David Braben 2012 auf Kickstarter mit seiner Idee für "Dangerous" um Unterstützung warb, waren es diese alteingesessenen "Elite"-Fans, die das Projekt überhaupt erst möglich machten und mehr als 1,5 Millionen britische Pfund (rund zwei Millionen Euro) stifteten, um das Spiel zu realisieren.
Seit kurzer Zeit ist das neue "Elite" nun fertig – und das Ausmaß des Spiels ist gigantisch. Braben und sein Team von Frontier Developments haben für "Dangerous" mithilfe von Algorithmen die komplette Milchstraße mit 400 Milliarden Sternensystemen nachgebaut, dem Game eine moderne 3D-Engine spendiert und eine Serverinfrastruktur bereitgestellt, dank der sich Tausende Spieler gleichzeitig in der riesigen Spielwelt mit ihren Raumstationen, Asteroidenfeldern, Planeten und Sternen tummeln können.
Freie Wahl: Händler, Forscher, Schmuggler, Pirat
Dem Spieler wird absolute Wahlfreiheit in seinem Tun versprochen: Wer mag, kann das Universum in einem von aktuell 15 verfügbaren Raumschiffen friedlich erforschen, Handel treiben oder illegale Güter schmuggeln. Freunde packender Kämpfe versuchen sich hingegen als Kopfgeldjäger oder Pirat. Erspielte Ressourcen fließen in die Aufwertung des eigenen Raumschiffs. Händler und Schmuggler investieren in viel Stauraum, Bergbau-Laser und Bordraffinerien, Kämpfer legen hingegen Wert auf schwere Waffen und wendige Jäger. Das motiviert langfristig und regt dazu an, sein Schiff immer weiter hochzurüsten.
Handlung wird nur in Textboxen erzählt
Schade: Bei der Handlung patzt "Elite: Dangerous" trotz oder gerade wegen seiner riesigen und von drei Fraktionen beherrschten Spielwelt. Zwar ist das Game gespickt mit Aufträgen und Informationen zu Teilen und Bewohnern der Galaxis, allerdings werden Storyfetzen und Hintergrundinformationen in eintönigen Textboxen präsentiert, die oftmals nicht einmal in deutscher Sprache verfügbar sind. Zwischensequenzen fehlen völlig. Hinzu kommt, dass viele Aufträge stark computergeneriert wirken – wohl eine Folge der Bemühungen der Entwickler, das enorm weitläufige "Elite"-Universum mit genug Leben und Aufgaben zu füllen.
Für Freunde geradliniger und packend erzählter Handlungen ist "Elite: Dangerous" dadurch eher nichts. Für all jene, die sich auf die Simulation einlassen und als Entdecker, Händler oder Kämpfer ihre eigene Geschichte erleben wollen, bietet "Elite: Dangerous" hingegen viele coole Features, ein Handelssystem mit Dutzenden verschiedenen Gütern und reichlich unentdeckte Gefilde. Allerdings verlangt es dem Spieler auch einiges ab.
Komplexe Steuerung, keine Außenperspektive
Das merkt man schon zu Beginn des Spiels, wenn man erstmals das Cockpit seines Raumschiffs besteigt. Das ist gespickt mit Bedienelementen und Anzeigen, dient quasi als allumfassendes Ingame-Interface und erschlägt gerade Einsteiger mit seiner Fülle an Möglichkeiten. Zum Glück vermittelt ein ausgedehntes Tutorial die Steuerung mit Maus und Tastatur-Shortcuts, mittels Gamepad oder – besonders empfehlenswert – per Joystick. Das ist auch bitter nötig: "Dangerous" ist eine Vollblutsimulation und verlangt vom Spieler, alle großen und kleinen Knöpfe und Hebel im Cockpit zu kennen und korrekt zu bedienen.
Da ist es nur konsequent, dass es neben der Cockpit-Perspektive keine Außenperspektive gibt, bisweilen hätten wir uns eine solche beim Testen aber trotzdem gewünscht. Generell gilt: Einfach Schub geben und losfliegen funktioniert in diesem Spiel nicht, denn die Steuerung eines Raumschiffs in "Elite: Dangerous" ist eine Wissenschaft, die man erst nach einigen Stunden wirklich durchschaut hat. Einigermaßen unbeschadet kommt man zwar schon nach kurzer Zeit durch das Universum, Dogfights in Asteroidengürteln sollte man zu Beginn aber meiden und zunächst das Zusammenspiel von Schub, Schubumkehr, Lenkung und dem für die Überwindung größerer Distanzen nötigen Supercruise-Antrieb verinnerlichen.
Lange Wege, seltene Multiplayer-Begegnungen
Vielleicht ist es die eher unzugängliche Steuerung, wegen der wir uns im Test zu Beginn für eine Händlerkarriere entschieden – und nach kurzer Zeit feststellten, dass man sich auch als Händler immer wieder mit Überfällen konfrontiert sieht und in einem schwerfälligen Transportschiff eine ziemlich leichte Beute abgibt. Immerhin: Wenn man eine Viertelstunde geradeaus zum nächsten Planeten oder zur nächsten Raumstation fliegt, sind solche Überfälle eine willkommene Abwechslung zum Händleralltag – wenn man sie überlebt.
Wohlgemerkt: Nicht alle Gegner, die man im Spielverlauf trifft, sind andere Spieler. Zum Teil hängt es vom gewählten Spielmodus ab, ob und wie oft man in "Dangerous" auf andere Spieler trifft. Beim Spielstart hat man die Wahl zwischen Solo-Spiel mit Online-Zwang, geschlossenem Online-Spiel mit Freunden oder offenem Online-Spiel mit Tausenden Spielern am Server.
Doch selbst in letzterem Modus trifft man recht selten auf andere Spieler. Tatsächlich handelt es sich bei der Mehrheit der Gegner um KI-Piloten, auf Mitmenschen trafen wir trotz Online-Zwang und Serveranbindung hingegen selten. Und wenn, dann hielten sich die Interaktionsmöglichkeiten in Grenzen. Angesichts dessen muss sich Frontier Developments die Frage gefallen lassen, ob der Online-Zwang bei "Elite: Dangerous" wirklich notwendig war.
Zeitfresser mit ausgesprochen hübscher Optik
Generell gilt: "Elite: Dangerous" ist ein Game, das viel Zeit in Anspruch nimmt. Wer mit seinem Schiff durchs Universum rauscht, muss mit langen Wegstrecken, zeitraubenden Versorgungsflügen zur nächsten Raumstation und in weiterer Folge gelegentlicher Langeweile leben. Das gilt insbesondere für Händler und Forscher, aber auch als Kopfgeldjäger sollte man mit langen Wegen rechnen. Da ist es ein Glücksfall, dass es während der langen Flüge eigentlich immer irgendetwas zu bewundern gibt.
Eine große Stärke von "Elite: Dangerous" ist nämlich seine Optik. Ein so gigantisches und hübsch animiertes All mit einer Unmenge verschiedener Planeten und spektakulären Sternen haben wir bislang noch in keiner anderen Weltraum-Simulation gesehen. Vor allem die toll gemachten Sonnen mit ihren Eruptionen und Explosionen auf der Oberfläche laden ein, innezuhalten und den Anblick zu genießen. Aber auch Planeten – besonders solche mit Ring – kommen in "Dangerous" sehr gut zur Geltung. Raumschiffe, Cockpits und Raumstationen sind detailreich texturiert, Licht- und Explosionseffekte ansehnlich. Die Optik hat ihren Preis: Um "Dangerous" in voller Pracht zu erleben, sollte man einen entsprechend starken Spiele-PC sein Eigen nennen.
Gelungener Soundtrack, fehlende Vertonung
Am Sound gibt's – bis auf den Umfang der Vertonung – wenig auszusetzen. "Elite: Dangerous" wartet mit einem unaufdringlichen und sehr gut in die Weltraumthematik passenden Soundtrack auf, glänzt mit glaubwürdigen Waffen-Sounds und Antriebsgeräuschen und liefert insgesamt eine atmosphärische Soundkulisse. Trotzdem: Zumindest die wichtigsten Aufträge hätte man vertonen können, statt die ganze Handlung nur über Textboxen zu erzählen.
Fazit: Spaßige Simulation für Genre-Fans
"Elite: Dangerous" ist eine Hardcore-Simulation, die nicht gerade durch Zugänglichkeit auffällt. Bis man sich in der virtuellen Milchstraße zu Hause fühlt, vergehen viele Stunden. Teilweise ist das Game dabei langweilig, teils kommt jedoch trotz des gemächlichen Tempos richtig Freude auf – etwa, wenn man ein bildhübsches unbekanntes Sternensystem entdeckt, dort auf ein Rohstoffvorkommen stößt, noch schnell einen Piraten abwehrt und sich dann an den neu entdeckten Ressourcen bereichert.
Allerdings: Ein gewisses Faible für schnörkellose Raumfahrt-Simulationen sollte man für "Elite: Dangerous" mitbringen. Wer dem Genre nichts abgewinnen kann, dürfte nämlich auch vom neuesten "Elite"-Ableger nicht bekehrt werden – selbst wenn die Entwickler angekündigt haben, das Game in den kommenden Monaten mit vielen neuen Features und Schiffen weiter aufzuwerten.
Plattform: PC
Publisher: Frontier Developments
krone.at-Wertung: 7/10
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