Live im Gasometer

“Onkel” Rea Garvey verzückte seine Wiener Familie

Musik
31.01.2015 00:34
Statt heimeliger Atmosphäre in der Ottakringer Brauerei ein ausverkaufter Gasometer - der Deutsch-Ire Rea Garvey machte Freitagabend im Zuge seiner "Pride"-Tour in Wien Station und lockte die Massen. Der beliebte "The Voice"-Juror zeigte sich dabei hochmotiviert, redselig und völlig von seiner Reamonn-Vergangenheit abgekapselt.
(Bild: kmm)

Er befindet sich derzeit am Zenit seiner Karriere. Der irisch stämmige Wahldeutsche Rea Garvey füllt sämtliche Hallen im deutschsprachigen Raum, hat mit "Pride" ein künstlerisch starkes und kommerziell erfolgreiches Album veröffentlicht und seine ohnehin schon respektable Popularität als Juror der Erfolgs-Casting-Sendung "The Voice" in ungeahnte Höhen steigen lassen. Das hätte man ihm, dem Mann, der zur Jahrtausendwende mit seiner Band Reamonn und dem Hit "Supergirl" sämtliche Frauenherzen zum Schmachten brachte, definitiv nicht zugetraut.

Dichtes Gedränge
Der hemdsärmelige Ire mit dem trinkfesten Schmäh funktioniert auch in Österreich. Statt dem geplanten Auftritt in der Ottakringer Brauerei, hängen die Veranstalter schlussendlich das "Ausverkauft"-Schild vor den Gasometer. Das nötigt Respekt ab, auch wenn sich Garvey auf der Bühne grob verschätzt als er von 5.500 Fans spricht. Für dichtes Gedränge im Stehplatzsektor ist trotzdem gesorgt. Der Vorteil? Rea Garvey ist mittlerweile auch als Solokünstler im breiten Mainstream angekommen. Der Nachteil? Die Spaziergänge durchs Publikum und die physische Interaktion mit seinen Fans sind stark limitiert, dafür ist der Andrang mittlerweile zu groß.

Der 41-Jährige beginnt seine fast zweistündige Show mit dem akustisch vorgetragenen "Oh My Love". Ganz der Schmuse-Rocker, der er vielleicht gar nicht sein möchte, steht er mit kecker Langhaarfrisur und Akustikgitarre auf dem eigens aufgebauten Rundpodest. Hinter ihm eine seidene Vorhangsilhouette, vor ihm erwartungsfreudige Gesichter und leuchtende Smartphone-Kameras. Die Ruhe vor dem Sturm, denn schon bei "Can't Say No", eine tief aus dem Herzen kommende Pub-Rock-Nummer mit tonnenweise irischer Folklore, setzt die vierköpfige Backing-Band ein, projiziert eine Backgroundsängerin die Stimme von Amy Macdonald und wacht ein riesengroßer Fuchs-Kopf auf dem Bühnenbanner über die tobenden Massen.

Profunder Geschichtenerzähler
Eine Rea-Garvey-Show ist auch anno 2015 eine Mischung aus Guinness-geschwängerter Tresen-Romantik, Rock im Formatradio-Stil und heimeliger Wohnzimmeratmosphäre. Garvey selbst ist dabei das allseits beliebte Familienoberhaupt, das mit Lagerfeuer-Gitarre unterhält, den Streithanseln das Miteinander schmackhaft macht und unzählige Zoten aus dem Effeff packt. Gefühlt die Hälfte der Show-Zeit präsentiert sich der Ire als profunder Geschichtenerzähler, appelliert an die Toleranz, warnt vor überschwänglichem Gebrauch der Social-Media-Kanäle und hört gar nicht mehr auf, sich für den Publikumszuspruch zu bedanken.

Für den einen rührend und interessant, für manch anderen nur ein unnötiges In-die-Länge-ziehen und Ausstaffieren des musikalischen Programms. Mit der Reamonn-Vergangenheit hat Garvey längst seinen Frieden gemacht, zu erfolgreich ist er seit Jahren als Solokünstler. Da herrscht großer Hit-Alarm bei "Colour Me In", wird in "We All Fall Down" dem Bombast gehuldigt und bei "Can't Stand The Silence" fast schon Ohrenschmerzen verursachend im opulenten Coldplay-Wasser gefischt. Zu viele seiner Songs wirken auch live zu glattgebügelt und auf Mainstream-Format getrimmt – die Ecken und Kanten, die seinen Lebenslauf zieren, fehlen in der akustischen Umsetzung leider oft.

Dazu wagt er ein mutiges Experiment, indem er seiner "The Voice"-Kandidat Lina Arndt eine Präsentationsplattform für ihren Song "Love In A Cold Room" bietet. Ein bemüht-nervöses Unterfangen, das nicht zwingend als voller Erfolg verbucht werden kann. Für etwas mehr Gänsehaut sorgte kurz davor das Rea/Lina-Duett bei "Hurt", dem grandiosen Nine-Inch-Nails-Klassiker, den Garvey fälschlicherweise seinem Idol Johnny Cash zubilligt.

Das textsichere Publikum lässt sich aber gerne vom sympathischen "Onkel Rea" mitreißen, dessen Charme nicht einmal dann an Glanz einbüßt als er zwei kleinen Kids auf der Bühne erklärt, dass fluchen und Schimpfwörter durchaus okay wären, solange man sie in keinen bösen Kontext setzt. "The End Of The Show"? Keineswegs. Im Juni ist Garvey zu Gast am Nova Rock. Massenauflauf vor der Bühne garantiert.

Karten für das Nova Rock Festival erhalten Sie unter 01/960 96 999 oder im "Krone"-Ticketshop.

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