Zehnmal in der Wiener Stadthalle, zehnmal ausverkauft – Queen gehören fraglos zu den beliebtesten Bands der Österreicher. Ob mit Freddie Mercury, Paul Rodgers oder am Sonntag erstmals mit Adam Lambert am Mikro – Bandchef Brian May bat zur großen Hitschau, und alle folgten. Viele Sorgen plagten die Fans im Vorfeld, denn in die Fußstapfen des großen Freddie treten zu können, gilt gemeinhin als unmöglich. Paul Rodgers scheiterte einst, aber nicht kläglich. Die anspruchsvollsten Songs nahm May einfach aus dem Programm und positionierte seine Band Rodgers zuliebe einfach stärker im Blues-Segment. Mit Adam Lambert, Zweiter der US-Castingshow "American Idol" im Jahr 2009, sei die Band "so stark wie nie", kündigte May im Vorfeld mehrmals an und ließ die Sorgenfalten wachsen.
Nicht das Unmögliche möglich machen
Erste YouTube-Aufnahmen beruhigten die neugierige Allgemeinheit – der erst 33-jährige Lambert, nicht einmal halb so alt wie Brian May, überzeugte mit kräftigem Stimmvolumen, theatralischem Auftreten und der so wichtigen Portion Verve, die Mercury einst zum exaltiertesten Frontmann der Rock-Szene werden ließ. Doch das Wichtigste: Lambert ist keine schnöde Kopie und versucht erst gar nicht, das Unmögliche möglich zu machen, sondern konzentriert sich ganz auf sich selbst und das hervorragende Zusammenspiel mit der Band. In schwarzem Lack und Leder gekleidet, eröffnet Lambert die Wien-Show mit einem starken "One Vision" und setzt mit einem kantigen "Stone Cold Crazy" und souveränem "Another One Bites The Dust" nach.
Das Drumherum – reiner Bombast. Die riesige Bühnenwand mit galaktischen Lichteffekten, in der Mitte eine oval eingegrenzte Videoleinwand, von der ein zungenförmiger Weg zum Zusatzbühnenpodest mitten unter den Fanscharen leitet. Das Gesamtbild ergibt ein royales "Q" – ein würdiger Rahmen für ein großes Spektakel, das mit "Fat Bottomed Girls" erstmals May und Drummer Roger Taylor in den Mittelpunkt stellt. Die Version 3.0 von Queen ist perfekt aufeinander eingespielt, scherzt und schäkert auf der Bühne und lässt Hit um Hit aus den Boxen gleiten. Und das, obwohl Brian May bereits seit Tagen gegen eine Grippe ankämpft und das Set etwas kürzen muss. Auf "Don't Stop Me Now" und "The Show Must Go On" müssen die Fans leider verzichten – dafür punkten Queen mit der sanften Ballade "Save Me" oder einem knackigen Drum-Battle zwischen Drummer Roger Taylor und dessen Sohn Rufus, der ihm qualitativ in nichts nachsteht.
Akzeptiert und umjubelt
Dazwischen viele kleine Highlights, die diese Show für längere Zeit unvergessen machen sollten: etwa Adam Lambert mit Fächer und Champagner während "Killer Queen" auf einer violetten Couch rekelnd, der hervorragende Gesang von Roger Taylor bei "A Kind Of Magic" oder das lang ausgedehnte Gitarrensolo von Brian May zu Beginn des letzten Konzertdrittels, in dem er sogar ein paar Takte des "Donauwalzers" einfließen lässt. Adam Lambert hingegen überzeugt von Beginn an und bedankt sich sichtlich erfreut für die allgemeine Akzeptanz, die ihm von den Zusehern im Saal entgegenspringt. Angestachelt von so viel Lob und Jubel, scheint er mit den Herausforderungen mitzuwachsen. Als absoluter Höhepunkt erstrahlt die kultige Ballade "Who Wants To Live Forever", während der Lambert unter glitzerndem Discokugel-Licht eine nahezu sensationelle Performance abliefert.
Nur einmal schwächelt der Frontmann, als er zwischen "Tie Your Mother Down" und "I Want It All" kurz seine Stimme verliert und sich charmant dafür entschuldigt. Brian May zeigt sich indes firm mit der modernen Technik und greift auf einen Selfie-Stick zurück, um den berstenden Jubel in der Stadthalle für alle Ewigkeit festzuhalten. Am Ende fahren Queen noch einmal alle Geschütze auf. Klatschende Massen bei "Radio Ga Ga", Top-Sound bei "Crazy Little Thing Called Love" und Lambert im goldenen Leopardenmusteranzug samt Krone bei "We Will Rock You" und dem großen Finale "We Are The Champions", bevor die Halle im goldenen Konfettiregen versinkt.
Futter für Freddie-Fans
Freddie-Fans wurden natürlich auch nicht im Stich gelassen – bei "Love Of My Life" und dem souveränen "Bohemian Rhapsody" wurde die 1991 verstorbene Legende eingeblendet. Im knallharten Direktvergleich bleibt Lambert dann doch nur in der zweiten Reihe – was aber nichts daran ändert, dass Queen mit dieser 130-Minuten-Show bereits jetzt ein heißer Anwärter auf den Titel "Konzert des Jahres" gelungen ist.
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