Aufgeheizte Stimmung

Pegida: Tumulte statt “Spaziergang” in Wien

Österreich
03.02.2015 06:30
Der Versuch, die islamfeindliche Gruppierung Pegida in Wien zu etablieren, ist zumindest im ersten Anlauf gescheitert. Ein von den Initiatoren für Montagabend geplanter "Spaziergang" durch die Innenstadt fiel flach, nachdem großteils linksgerichtete Gegendemonstranten den Abmarsch von der Freyung verhindert hatten (siehe Video oben). Ohnehin war der Zulauf für die Pegida bescheiden: Die Polizei zählte etwa 300 Unterstützer, während bei einer großen Gegendemonstration ebenfalls in der Innenstadt rund 5.000 Teilnehmer registriert wurden.

Die Pegida-Demo kam nicht vom Fleck. Rund 200 Gegnern war es gelungen, sich ebenfalls auf der Freyung zu postieren und zu verhindern, dass der an das Dresdner Vorbild angelehnte Spaziergang tatsächlich realisiert werden konnte. Rund zwei Stunden lang standen sich die beiden Parteien - durch die Polizei getrennt nur etwa zehn Meter voneinander entfernt - erbittert gegenüber, ehe sich die mit 1.200 Einsatzkräften stark aufgestellte Exekutive zur Auflösung der Veranstaltung entschloss.

Auch Hitlergruß und deutsche Fahnen
Die Auseinandersetzungen rund um die Kundgebungen liefen großteils verbal ab. Während die Pegida-Fans wie ihre deutschen Vorbilder "Wir sind das Volk!" skandierten, antworteten die Gegner mit "Nieder, nieder, nieder mit Pegida!" Auffällig war bei den Anhängern der islamfeindlichen Gruppe nicht nur, dass sich der frühere Dritte Nationalratspräsident Martin Graf von der FPÖ unter die Unterstützerschar gemischt hatte, sondern auch, dass einige Anhänger nicht einmal in Polizeinähe davor zurückschreckten, den Hitlergruß zu zeigen. Geschwenkt wurden österreichische und deutsche Fahnen.

(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
(Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Gegendemonstration zum Pegida-Spaziergang in Wien
(Bild: krone.tv)
(Bild: krone.tv)

Neuer Pegida-Aufmarsch für nächste Woche geplant
Die Exekutive nahm zahlreiche Identitätsfeststellungen vor, 13 Personen wurden festgenommen. Wiewohl der geplante Marsch nicht stattfinden konnte, wollten die Organisatoren nicht von einem Misserfolg sprechen. Den eigenen Anhängern wurde via Megafon zugerufen: "Das ist keine Niederlage." Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel versicherte, dass bereits kommende Woche eine neue Kundgebung geplant sei - an welchem Tag, ließ er offen. "Schon heute" sei es jedenfalls gelungen, ein "starkes Zeichen" zu setzen.

Stärker war allerdings wohl das Zeichen der Gegner. Nach Polizeiangaben zogen rund 5.000 Anti-Pegida-Demonstranten friedlich vom Museumsquartier zum Stephansplatz. Aufgerufen zu dem Marsch hatte die schon beim Protest gegen den Akademikerball präsente "Offensive gegen Rechts" gemeinsam mit mehreren muslimischen Organisationen.

Frau nach Kundgebung niedergeschlagen
Zu einem Zwischenfall kam es nach Auflösung der Kundgebung auf der Freyung: Die "Offensive gegen Rechts" berichtete von einer verletzten Aktivistin. Wie eine Sprecherin mitteilte, wurde eine Frau von Rechtsextremisten verfolgt, niedergeschlagen und auch am Boden noch getreten. Die Frau ist in Spitalsbehandlung.

Unklar, wer hinter Pegida in Österreich steckt
Wer hinter "Pegida Wien" steckt, war in den vergangenen Tagen von den Initiatoren ziemlich geheim gehalten worden. Bekannt ist lediglich der Sprecher Georg Immanuel Nagel, der unter anderem im FPÖ-nahen Blatt "Zur Zeit" als Autor tätig war. Ein weiterer freiheitlicher Bezug bei der Veranstaltung war die Teilnahme von Martin Graf. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, aktuell auf Urlaub in Osttirol, kommentierte via Facebook diverse Videos zur Pegida-Kundgebung als "interessant", womit er wohl meinte, dass aus seiner Sicht mehr Personen am Protest teilgenommen hatten als von Exekutive und Medien verkündet.

krone.at hat für Sie live berichtet - das Protokoll zum Nachlesen:

  • 20.41 Uhr: Die Organisatoren der Pegida erklären per Megafon-Durchsage, das Scheitern des angekündigten "Spaziergangs" sei "keine Niederlage". Man werde laut Sprecher Georg Immanuel Nagel "nächste Woche wiederkommen".
  • 20.33 Uhr: Immer noch sind auf der Freyung zahlreiche Pegida-Befürworter und -Gegner zu sehen.
  • 20.21 Uhr: Obwohl die Einsatzkräfte die Kundgebung offiziell für beendet erklärten und mit Identitätsfeststellungen drohten, löst sich die Menschenmenge nur langsam auf.
  • 20.06 Uhr: Die Polizei erklärt in mehreren Durchsagen die Pegida-Versammlung für aufgelöst. Die Teilnehmer werden aufgefordert, auseinanderzugehen.
    20.03 Uhr: Beim Schottentor kommt es zu Raufereien, in deren Folge offenbar Personen festgenommen wurden.
  • 19.55 Uhr: Die Polizei versucht, die Gegendemonstranten von der Freyung in Richtung Am Hof abzudrängen.
  • 19.50 Uhr: Die Sperren in der Innenstadt wurden geändert. Der Graben ist wieder frei begehbar, an der Tuchlauben blockierte die Polizei allerdings etliche linksgerichtete Demonstranten, um diese am Vordringen Richtung Freyung zu hindern.
  • 19.42 Uhr: Die Polizei meldet bislang nur "kleine Handgreiflichkeiten".
    19.34 Uhr: Die Stimmung ist weiterhin extrem angespannt. Es fliegen Flaschen, auch ein Rauchkörper wurde entzündet.
  • 19.29 Uhr: Die Polizei twittert: "Alle Einsatzkräfte sind angewiesen, Verstöße gegen das Verbotsgesetz zu ahnden, falls der Zugriff möglich ist."
  • 19.16 Uhr: Unter die Pegida-Demonstranten hat sich auch der ehemalige Dritte Nationalratspräsident Martin Graf gemischt.
  • 19.11 Uhr: Die offizielle Pegida-Gegendemonstration am Stephansplatz ist ohne Zwischenfälle zu Ende gegangen.
  • 19.07 Uhr: Offenbar haben sich unter die Pegida-Anhänger auch Neonazis gemengt. Denn sowohl Hitlergruß als auch der sogenannte Kühnengruß wurden mehrfach beobachtet.
  • 19.02 Uhr: Die Pegida-Demonstranten können nicht losziehen, weil Gegner den Weg blockieren.
  • 18.51 Uhr: Während Pegida-Anhänger "Wir sind das Volk!" skandieren, ruft die Gegenseite: "Flüchtlinge bleiben, Pegida vertreiben!"
  • 18.45 Uhr: Zahlreiche Polizisten stellen sich zwischen die Blocks der Demonstranten und der Gegendemonstranten.
  • 18.39 Uhr: Der Zug der Gegendemonstranten, die sich vom Museumsquartier auf den Weg machten, umfasst mittlerweile bereits 5.000 bis 6.000 Menschen.
  • 18.31 Uhr: Die Polizei berichtet von einer "sehr aufgeheizten Stimmung" auf der Freyung, wo sich zahlreiche Demonstranten und Gegendemonstranten gegenüberstehen.
  • 18.13 Uhr: Die Polizei holt einzelne vermummte und alkoholisierte Pegida-Anhänger aus der Menge.
  • 17.55 Uhr: Chaotische Situation: Als Pegida-Wien-Sprecher Georg Immanuel Nagel per Megafon Botschaften an die Teilnehmer kundtun will, wird er dabei sogar von eigenen Anhängern immer wieder gestört.
  • 17.40 Uhr: Auf der Freyung treffen die ersten Pegida-Demonstranten ein. Sie sind im Vergleich zu den Gegnern aber klar in der Unterzahl.
  • 17.20 Uhr: Der Zug der Gegendemonstranten setzt sich vom Museumsquartier aus über die Ringstraße in Bewegung.
  • 17.14 Uhr: Die Zahl der Gegendemonstranten ist auf rund 1.000 angewachsen.
  • 16.55 Uhr: Die Polizei lässt einen Hubschrauber über der Wiener Innenstadt kreisen, um sich von oben einen Überblick über die Lage zu verschaffen.
  • 16.30 Uhr: Die Zahl der Pegida-Gegner ist auf mehrere Hundert angewachsen.
  • 16 Uhr: Rund 100 Gegner des Pegida-Spaziergangs versammeln sich beim Museumsquartier.

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