Kostet 300 Mio. Euro

Neue Mittelschule fällt bei Evaluierung durch

Österreich
03.03.2015 21:57
Sie hat bislang rund 300 Millionen Euro gekostet und wird als Zukunftsmodell angepriesen: Die Rede ist von der Neuen Mittelschule, die das alte System mit Hauptschulen und AHS aufbrechen und Chancengerechtigkeit sowie die Förderung aller Talente garantieren soll. So zumindest heißt es auf der Website des Bildungsministeriums. Doch nun liegt die erste offizielle Evaluierung der neuen Schulform vor, und sie fällt vernichtend aus: Das Niveau an der NMS sei keineswegs höher, die Förderung von Kindern mit Lernschwächen sei sogar schlechter als an den Hauptschulen.

"Insgesamt gibt es keine belastbaren Hinweise, dass das Niveau der NMS im Durchschnitt über jenem vergleichbarer Hauptschulen liegt. Vielmehr bestehen Zweifel, ob dieses Niveau an allen Standorten tatsächlich erreicht wird", heißt es im offiziellen Evaluierungsbericht im Auftrag des Unterrichtsministeriums.

Chancengleichheit weiterhin nicht gegeben
Die Frage, ob die Einführung der NMS, die als eine Art Gesamtschule konzipiert ist, zu mehr sozialer Chancengleichheit führe, wird von den Studienautoren verneint. Als Grund nennen sie in ihrem Evaluierungsbericht, dass die wesentliche Laufbahnentscheidung nicht beim Eintritt in die Neue Mittelschule - also mit zehn Jahren -, sondern schon davor falle.

NMS nicht attraktiver als Hauptschule
Daten der Bildungsdokumentation zeigen einen "geringfügigen Zuwachs" der NMS-Absolventen (gegenüber Hauptschulabgängern) beim Übertritt in Oberstufengymnasien - "eine Verringerung der Zugangsfrequenz zur Unterstufe der AHS zugunsten der NMS ließ sich nicht feststellen", heißt es in dem vom Erziehungswissenschaftler Ferdinand Eder von der Universität Salzburg und Kollegen erstellten Bericht. Das bedeutet im Endeffekt, dass die NMS als nicht attraktiver als die Hauptschule empfunden wurde.

Aber auch die Tatsache, dass sich die NMS nicht als Ersatz für alle anderen Mittelschulen, sondern vielmehr als Konkurrent zu etablierten Schulformen - hier vor allem der AHS - präsentiert, trage zum Verfehlen der Ziele bei, die die damalige Bildungsministerin Claudia Schmied bei der Einführung im Jahr 2008 präsentiert hatte.

Positiver Befund: Weniger Gewalt an Schulen
Dazu sei das Konzept der NMS an mehr als der Hälfte der Standorte nur unzureichend umgesetzt worden. Positiv hebt der Bericht hervor, dass die neue Schulform zu weniger Gewalt an den Schulen und zu einem höheren Wohlbefinden der Schüler geführt habe.

Bereits vor rund einem Jahr gab der Rechnungshof der Neuen Mittelschule schlechte Noten. So sei es dem Ministerium "trotz hoher finanzieller Mittel" - eben jenen rund 300 Millionen Euro - nicht gelungen, ein effizientes System zu schaffen, hieß es damals in einem Bericht.

Noch keine "Lernkultur auf höchstem Niveau"
Die Neue Mittelschule ist seit dem 1. September 2012 die gesetzlich verankerte Regelschule. Heute sind bereits mehr als 90 Prozent aller ehemaligen Hauptschulen NMS. "Um eine neue Lernkultur auf höchstem professionellem Niveau zu erreichen", wie es auf der Website des Ministeriums heißt, müssen aber wohl noch einige Verbesserungen durchgeführt werden.

Heinisch-Hosek für FPÖ rücktrittsreif
Angesichts des vernichtenden Urteils zum Prestigeprojekt des Bildungsressorts forderte die FPÖ am Dienstagabend den Rücktritt von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Denn das Projekt sei "mit Bomben und Granaten durchgefallen", erklärte FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz. Aber zunächst einmal werden von der Opposition klare Worte zum Bericht gefordert. Jetzt seien die Spitzen des Staates gefordert. "Selbst der Bundespräsident kann sich angesichts des Desasters in der Bildungspolitik nicht mehr verschweigen", so Rosenkranz.

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