Dabei muss man das mit der Midlifecrisis nicht mal an die große Glocke hängen, denn es ist gänzlich unpeinlich, einen Macan zu fahren. Er ist drahtiger als der ziemlich massive Cayenne, hat einen mindestens dreimal schöneren Hintern als der Panamera und muss sich nicht gegen ein Frauenauto-Image wehren wie Cayman oder (noch mehr) Boxster. Und er ist innen wie außen ganz einfach ein Porsche.
Zitatenreich, aber kein Blender
Das Design ist eine einzige Zitatensammlung an andere Zuffenhäuser Modelle. So soll die Fensterlinie den 911er vor dem geistigen Auge entstehen lassen und die LED-Heckleuchten zitieren gar den Übersportler 918 Spyder. Vor allem diese sind ein Geniestreich der Designer, denn sie wirken wie diese Bilder oder Skulpturen, die einem aus jedem Winkel direkt in die Augen schauen. Von der Seite glaubt man, sie sind komplett in die Seite integriert, von hinten meint man, sie sind komplett im Heck und von schräg hinten lösen sie richtig die Kontur auf. Aber das nur am Rande.
Schön auch, dass Porsche mit massiven Auspuffendröhrln arbeitet, nicht mit Blenden. Vorne zahlt es sich besonders aus, genau hinzuschauen: Die Front wirkt komplett fugenlos, weil die Motorhaube die Scheinwerfer komplett umschließt und auch seitlich heruntergezogen ist. Alle Achtung!
Auch innen: Porsche, wie wir ihn lieben. Natürlich wird wie immer links vom Lenkrad gestartet (allerdings hat die Zündschlüsselattrappe irgendwie was Peinliches) - wer schon mal einen (Probe) gefahren hat, findet sich sofort zurecht. Er wird sich auch nicht wegen der großzügig dargebotenen, filigranen Knopferln beschweren. Mit einem davon kann man zum Glück die Stopp-Start-Automatik abschalten. Kritik erntet nur die große Klappe für CD- und SIM-Schlitz: Da wird viel Platz verschenkt, den man für ein Ablagefach hätte nutzen können.
Porsche fahren?
Technisch ist alles wirklich Wesentliche Serie: ein heckbetonter Allradantrieb und das Siebengang-PDK. Optional lässt sich der Macan tatsächlich zum Sportler aufrüsten. Bis zu 400 PS leisten die Benziner, es gibt ein elektronisches Hinterachs-Sperrdifferenzial mit Torque Vectoring, das zusätzlich noch mit gezielten Bremsrupfern für Dynamik sorgt, adaptive Dämpfer oder sogar Luftfederung. Mit dieser ist der Macan standardmäßig 15 mm tiefergelegt und kann sich auf Knopfdruck noch flacher machen. Oder er bockt sich um 40 mm über normal auf und ackert sich mit 23 Zentimeter Bodenfreiheit und (serienmäßigem) Offroad-Programm durchs Gelände. Oder geht mit Sport-Chrono-Paket und Launchcontrol auf Zeitenjagd.
Der Testwagen, ein Porsche Macan S Diesel, hat das alles nicht, was man ihm aber von außen nicht ansieht. Unter der Haube arbeitet die vernünftige Alternative: Audis Dreiliter-Sechszylinder-Diesel, der das S im Namen mit einem maximalen Drehmoment von 580 Nm bei 1.750/min. eindrucksvoll rechtfertigt. Damit startet er spontan und ohne Gedenkmoment los und beschleunigt das recht drahtige 1,9-Tonnen-SUV in 6,3 Sekunden auf 100 km/h. 6,3 l/100 km ist auch der Normverbrauchswert, im Testverlauf genehmigte sich der Macan im Schnitt 8,5 Liter. Vor allem beim Motorsound hat Porsche erfolgreich nachgeschärft. Nageln Fehlanzeige.
Das Standardfahrwerk, ohne adaptive Möglichkeiten, lässt keinen Zweifel daran, dass Sportlichkeit ein wichtiger USP bei einem Porsche ist. Eher auf der harten Seite daheim sorgt es für verbindlichen Kontakt zur Fahrbahn. Die elektromechanische Servolenkung bietet gute Rückmeldung, auch wenn gewichtsbedingt die eine oder andere Unschärfe nicht zu vermeiden ist. Für präzises Einlenken ist der Macan serienmäßig mischbereift, hat vorne also nur 235er-Reifen montiert (hinten 255er).
Praktisch ist der Macan auch. Die Heckklappe wird generell elektrisch bedient und verbirgt 500 bis 1.500 Liter Platz, die Rückbank ist 40: 20: 40 geteilt. In Reihe zwei darf man sich kein Raumwunder erwarten, aber das geht schon in Ordnung.
Ab 70.000 Euro ist der Porsche Macan S Diesel zu haben, der Testwagen kommt auf gut 85.000 Euro. Ob man ein Panorama-Dachsystem braucht, muss jeder selbst wissen, auf Leder, Navi etc. sollte man wohl eher nicht verzichten.
Eines kann man nicht mitkaufen, sondern sollte von der Lebenserfahrung geprägt sein, denn man braucht es als Voraussetzung für die Kaufentscheidung: guter Geschmack.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… Porsche Cayenne, Audi Q5, BMW X3 etc – und ja, irgendwie auch der 911er. Bis er zu flach wird.
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