Weitläufige Landstriche, die nur darauf warten, von einem engagierten Hobbybürgermeister in florierende Metropolen verwandelt zu werden. Kein ebenso lästiger wie überflüssiger Online-Zwang, der Singleplayer-Spieler mit instabilen Servern zur Weißglut treibt. Jede Menge Mikromanagement. Es wirkt fast ein wenig, als hätten die Entwickler von "Cities: Skylines" das letzte "SimCity" genau analysiert, die Schwächen identifiziert – und sie dann einfach weg gelassen.
Viel Mikromanagement, viel Simulation
Aber der Reihe nach: Wie in den Klassikern des mittlerweile von EA dichtgemachten "SimCity"-Studios Maxis gilt es auch in "Cities: Skylines", als angehender Bürgermeister ein brachliegendes Stück Land zunächst zu einem netten Dörfchen und in weiterer Folge zur florierenden Metropole zu machen. Spielerisch gibt sich "Cities: Skylines" klassisch. Der Spieler zieht Straßen hoch, sorgt für Strom- und Wasserversorgung und bestimmt Wohn-, Industrie- und Gewerbegebiete.
Schon in den ersten Spielminuten zeigt sich dabei, dass man bei Colossal Order Wert auf den Simulationscharakter des Spiels gelegt hat. Kraftwerke liefern ihren Strom nicht aus, wenn der Spieler nicht eigenhändig ein Stromnetz baut. Wasserpumpen schicken ihr kostbares Nass nur dann an die Haushalte und Betriebe, wenn ein entsprechendes Rohrsystem verlegt wird. Und wer meint, er könne seine Wasserpumpe ein paar Meter flussabwärts vom nächsten Abwasserendrohr errichten, wird sich schon bald über die vielen kranken Bürger in seiner Stadt wundern.
Komplex, aber trotzdem zugänglich
"Cities: Skylines" ist ein komplexes Game, bei dem die perfekte Stadt erst nach vielen Stunden Kleinarbeit steht. Weil der Titel den Spieler aber nicht sofort mit allen vorhandenen Möglichkeiten erschlägt, sondern die Zahl der möglichen Bauwerke mit der Stadtgröße nach und nach zunimmt, ist es trotzdem relativ zugänglich. Auch Aufbaustrategie-Neulinge wachsen durch diese Designentscheidung langsam ins Spiel hinein.
Schade: "Cities: Skylines" ist zwar zugänglich, das Tutorial hätte man aber dann doch etwas hübscher als nur mit Textboxen lösen können. Und auch das teilweise etwas fummelige Mikromanagement – im Spielverlauf muss man beispielsweise immer wieder das Stromnetz reparieren, wenn es durch Neubauten unterbrochen wird – hätte man etwas komfortabler gestalten können.
Echte Tagesabläufe, weitläufige Karten
Das ist jedoch Kritik auf hohem Niveau. In seiner Kerndisziplin, dem Städtebau, ist "Cities: Skylines" einer der besten Genrevertreter der letzten Jahre. Auch weil das Leben in der vom Spieler errichteten Stadt realitätsnah simuliert wird. Das zeigt sich unter anderem daran, dass man jedes Auto und jeden Bürger der Stadt per Knopfdruck verfolgen kann – und schon bald feststellt, dass es tatsächlich so etwas wie Tagesabläufe gibt. Einzelne Bürger arbeiten stets am gleichen Ort und legen demnach täglich den gleichen Weg zur Arbeit zurück – Stau in der Rushhour inklusive, falls der Spieler sich nicht um ein funktionierendes Verkehrskonzept kümmert.
Apropos Verkehr: Im Spielverlauf stehen dem Spieler immer mächtigere Werkzeuge zur Verfügung, um selbigen zu lenken und zu gestalten. Nicht nur in Form verschiedenster Straßenvarianten, sondern auch durch öffentlichen Verkehr wie Busse oder Straßenbahnen. Die Verkehrsplanung wird im Spielverlauf zunehmend komplex, darf der Spieler seine Stadt doch mit steigender Einwohnerzahl auf angrenzende Gebiete ausdehnen und so nach und nach ganz neue Stadtviertel hochziehen. Am Ende der Prozedur stehen Städte mit Hunderttausenden Einwohnern und einer beachtlichen Grundfläche.
Politische Möglichkeiten und hübsche Optik
Neben dem Bauen eine zweite zentrale Aufgabe des Bürgermeisters: Politik. Als Herr über die aufstrebenden Städte von "Cities: Skylines" bestimmt man die Höhe der Steuern für verschiedene Gruppen der Gesellschaft, ist Herr über das Budget und erlässt eine Vielzahl von Regeln. Die Stadt zwecks besserer Gesundheit der Bürger zur Gänze zur Rauchverbotszone erklären oder an die Eigenverantwortung der Bürger appellieren? In "Cities: Skylines" hat es der Spieler in der Hand. Praktisch: Wer vor allem bauen und sich nicht mit Politik und Budget herumschlagen will, kann in einem Sandkastenmodus auch ganz ohne Rücksicht aufs Defizit einfach drauflos bauen.
Optisch weiß "Cities: Skylines" gut zu gefallen, auch wenn bei besonders nahen Zooms die teils unscharfen Gebäudetexturen ins Auge stechen. Da das Geschehen meist aber ohnedies aus einer übersichtlichen Distanz verfolgt wird, fällt das nur selten auf. Positiv ist der Detailgrad der Städte hervorzuheben: In den Straßen wuseln Fußgänger umher, der Verkehr ergießt sich realistisch durch die Häuserschluchten und Gebäude wie Fabriken oder Windkraftwerke erfreuen das Auge mit rauchenden Schornsteinen und sich drehenden Rotorblättern. Auch die Vielfalt der Gebäude kann sich sehen lassen.
Erfreulicherweise läuft das Spiel trotz allem auch auf Mittelklasse-Rechnern vernünftig und ruckelfrei. Während unseres Tests beobachteten wir darüber hinaus keine Bugs oder Abstürze.
Mächtiger Editor, viele Mods und Maps verfügbar
Kleine Schwäche, die angesichts des mitgelieferten Editors aber gar keine ist: Die Zahl der Karten hält sich in der Verkaufsversion in Grenzen. Der Spieler hat die Wahl zwischen ein paar Fluss-, Küsten- und Waldlandschaften, darf aber auch eigene Gebiete erstellen. Das geht durch den einfach zu erlernenden Editor schnell von der Hand.
Großer Pluspunkt: Der Editor dient nicht nur der Erstellung neuer Karten, sondern ermöglicht auch das Designen neuer Gebäude oder anderer Bauwerke. Wer oft eine bestimmte Art von Kreuzung einsetzt, kann diese im Editor erstellen, sie abspeichern und künftig auf Knopfdruck montieren. Auch Gebäude können per Editor erstellt und anschließend online mit der "Cities: Skylines"-Community geteilt werden. Schon jetzt, wenige Tage nach dem Start des Spiels, sind online etliche Mods und Karten abrufbar, über mangelnden Nachschub an Levels und Gebäuden kann man also nicht klagen.
Stimmiger Sound, aber kein Multiplayer
Der Sound von "Cities: Skylines" ist gut gelungen: Die Geräuschkulisse in den Städten wirkt lebensecht. Die musikalische Untermalung wiederholt sich zwar bei längeren Sitzungen bisweilen, ist aber so unaufdringlich, dass das nur selten auffällt.
Auf einen Mehrspielermodus haben die Entwickler von "Cities: Skylines" verzichtet, vermisst haben wir ihn aber nicht wirklich. Städtebausimulationen sind ohnedies für die meisten Spieler eine Einzelspieler-Erfahrung.
Fazit: "Cities: Skylines" macht vieles richtig und leistet sich kaum Schnitzer. Das Game ist durch das Belohnungssystem, das bei wachsender Einwohnerzahl neue Gebäude freischaltet, anfangs zugänglich und im späteren Spielverlauf komplex. Es verdient die Bezeichnung "Simulation", erfreut das Auge mit detailreichen Städten und fordert das Hirn mit jeder Menge Mikromanagement. Weil es auch noch mit großen Karten, stabiler Framerate und einem mächtigen Editor gesegnet ist, hat es die Genrekrone trotz kleiner Komfortmängel bei der Bedienung redlich verdient. Und das bei einem Budgetpreis von 30 Euro, wohlgemerkt.
Plattform: PC
Publisher: Paradox Interactive
krone.at-Wertung: 9/10
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