Hype im Internet
Fescher Islamlehrer begeistert die Türken
Die Aufmerksamkeit um den jungen Mann begann, nachdem auf Twitter eine Schülerin ein Foto ihres Lehrers gepostet hatte, als der gerade smart lächelnd mit einem Blazer und einem engen T-Shirt darunter am Pult vor der Klasse stand. "Freunde, das ist der Religionslehrer an unserer Schule. RELIGION!", schrieb die Userin dazu.
"Ich hätte nicht einen Tag gefehlt"
Seitdem wird vor allem auf Twitter über den Mann diskutiert. Die meist weiblichen User schreiben Kommentare wie "Dieser Mann ist dazu geschaffen, den Menschen Gott und den Islam näherzubringen", "Wenn ich solch einen Religionslehrer gehabt hätte, dann hätte ich nicht einen Tag im Unterricht gefehlt" oder "Ich bin seit Jahren an einer Predigerschule, aber solch einen Gläubigen habe ich noch nie gesehen". Andere fragen Karanfil auf dessen Facebook-Seite, ob er auch Privatunterricht gebe oder wollen wissen, ob er verheiratet ist.
Karanfil selbst hat sich bisher noch nicht zur Aufregung um seine Person geäußert, aber er scheint es zu genießen. Darauf lassen jedenfalls die Bilders schließen, die er selbst von sich in Netz stellt: mal in einer engen Lederjacke gekleidet in die Kamera lächelnd, ein andermal in einem körperbetonten Anzug leger zur Seite schauend, oder im Sportoutfit lässig an einem Auto lehnend.
"Zwischen Paris und Mekka"
Seit die türkischen Printmedien das Thema in der Vorwoche aufgegriffen haben und Karanfil "zwischen Paris und Mekka" verorten, kennen ihn auch die Menschen, die offline sind. Die Tageszeitung "Hürriyet" verglich ihn mit Pietro Boselli und Jeremy Meeks. Der Italiener Boselli ist Mathematik-Dozent am University-College in London, seit einigen Tagen wird er im Netz als "heißester Lehrer der Welt" gefeiert. Der 26-Jährige arbeitet nebenher als professionelles Model, auch er veröffentlicht online immer wieder Bilder von sich, auf denen er etwa mit nacktem Oberkörper er posiert.
Das Foto des US-Amerikaners Meeks war im Juni letzten Jahres ein Internet-Hit. Nach einer Waffen-Razzia hatte die Polizei ein Foto des blauäugigen Mannes mit kurz geschorenen Haaren und Tätowierungen auf Facebook veröffentlicht. Schon nach wenigen Tagen hatte das Bild des damals 30-Jährigen mehr als 22.000 "Gefällt mir"-Klicks erhalten.
Umstrittenes Pflichtfach
Der Islamunterricht in der Türkei ist höchst umstritten, da dieser ein Pflichtfach ist. Somit müssen auch Schüler aus der etwa zehn Millionen Menschen umfassenden alevitischen Gemeinschaft am sunnitisch geprägten Unterricht teilnehmen. Aleviten gehören zu einer liberalen Strömung des Islam, so beten Frauen und Männer etwa gemeinsam. Von konservativen Muslimen werden sie deswegen diskriminiert.
Nach einer Klage türkischer Aleviten hat im Februar der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg die Türkei in letzter Instanz dazu aufgefordert, den Islamunterricht als Pflichtfach an staatlichen Schulen abzuschaffen. Die Richter forderten die Türkei dazu auf, Aleviten nicht weiterhin zur Teilnahme am Religionsunterricht zu zwingen. Da es keine Einspruchsmöglichkeiten mehr für die Türkei gibt, ist das Land als Mitglied des Europarats nun dazu verpflichtet, das Urteil aus Straßburg umzusetzen. Bisher weigert sich die islamisch-konservative AKP-Regierung aber, das zu tun.
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