Wer jetzt im Frühling durch den Laurenziberg im westlichen Zentrum von Prag spaziert, wird sich wahrscheinlich wundern, wie viele Paare dort sind. Paare, die sich lang und hingebungsvoll küssen, denn so die schöne Mär: "Wer sich hier unter einem blühenden Baum küsst, dem verblüht die Liebe das ganze nächste Jahr über nicht." Schmunzelnd wandern wir weiter. Unser Ziel für heute - ganz klar - die Burg auf dem Hradschin. Offizieller Sitz des Präsidenten, der bei unserem Besuch ziemlich viel zu tun hat. Befindet sich kein Geringerer als Prinz Albert von Monaco auf Staatsbesuch in der tschechischen Hauptstadt. Wird mit militärischen Ehren empfangen.
Platz für Touristen (eine Million pro Jahr!) bleibt auf der größten Burganlage der Welt dennoch. Einst Residenz böhmischer Fürsten und Könige, geht ihr heutiges Erscheinungsbild im Wesentlichen auf die Herrschaft von Kaiserin Maria Theresia zurück. Die mächtige Herrscherin hat in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine umfassende Renovierung in Auftrag gegeben. Erste Spuren der Burganlage stammen aber schon aus dem neunten Jahrhundert.
Wir lassen Prinz und Präsident hinter uns zurück, genießen einen großartigen Blick über Prag, erinnern uns an die Fensterstürze, welche die Geschichte so nachhaltig geprägt haben. Artig reihen wir uns wenig später in die Schlange unzähliger Touristen, die in den Veitsdom hineinwollen. Gelingt relativ hurtig – schon sind wir drinnen in der größten Kirche Tschechiens. Viele Bauherren waren bereits seit dem zehnten Jahrhundert in der Krönungskirche der böhmischen Könige tätig. In der Kronkammer des Doms wird bis heute die wertvolle Wenzelskrone aufbewahrt.
Über die Karlsbrücke und das "Böhmische Meer"
Über einen malerischen Serpentinenweg, der durch Weingärten führt, gelangt man wieder hinunter in die Stadt. Eine Stadt, die im Zweiten Weltkrieg von Bombenangriffen weitgehend verschont geblieben ist und vor allem durch einen Fluss geprägt ist: die Moldau, auch "Böhmisches Meer" genannt. Einer der schönsten Wege, sie zu überqueren, ist mit Sicherheit die Karlsbrücke. Dort trifft man auf tschechische Puppenspieler, Aussteiger aus Amerika oder Maler aus der ganzen Welt. 400 Jahre lang war die auf 16 Pfeilern ruhende gotische Karlsbrücke die einzige Verbindung zwischen Altstadt und Kleinseite. 2006 wurde sie umfassend restauriert - und eine uralte Legende bestätigt: Dem Mörtel waren einst Eier beigemischt worden.
Tanzendes Haus
Am Ufer der Moldau steht auch ein Gebäude, das als "Tanzendes Haus" weltberühmt wurde. Das Gebäude symbolisiert einen Dialog zwischen totalitärem, statisch vertikalem Konzept auf der einen Seite und einem dynamischen, im gesellschaftlichen Umbruch begriffenen auf der anderen. Außerdem erinnert es an eine Tänzerin im gläsernen Faltenkleid, die sich an einen Herrn mit Hut schmiegt. Deshalb wird es bei Einheimischen auch Ginger & Fred genannt. Präsident Václav Havel, der damals in unmittelbarer Nähe des Platzes lebte, unterstützte das mutige Bauprojekt.
Mütterchen mit Krallen
Beim Spaziergang entlang der Moldau entdecken wir auch "Matylda", ein romantisches Restaurant und Boots-Hotel direkt am Wasser. Wir selbst checken im Designerhotel "Angelo" ein, das mit einigen Überraschungen punktet: So gibt es etwa hervorragendes Sushi und Weine aus dem kleinen Ort Röschitz im Weinviertel. Aber es wäre nicht Prag, würde nicht Bier auf dem Programm stehen. Einkehrschwung in der Brauerei Vinohradsky Pivovar. Dort herrscht ausgelassene Feiertagsstimmung. Der Braumeister, ein Bayer, führt mit Stolz durch sein Reich. Verrät das eine oder andere Braugeheimnis in der "Hauptstadt" des Bieres. Eine Stadt, über die Franz Kafka einst sagte: "Prag lässt nicht los. Dieses Mütterchen hat Krallen."
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