Top-Anwalt sagt:

“Unsere Werte sind für Zuwanderer uninteressant”

Österreich
15.05.2015 15:25
Wann immer es in den vergangenen Jahrzehnten aufsehenerregende Klienten vor Gericht zu vertreten galt, war der Wiener Rudolf Mayer nicht weit. Als Verteidiger von Serienmörderin Elfriede Blauensteiner sowie Josef Fritzl oder der "Eislady" Estibaliz Carranza avancierte er zu einem der bekanntesten Anwälte des Landes. In einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung" rechnet der 67-jährige Jurist jetzt mit Österreichs Integrationspolitik ab.

Zu Mayers Spezialgebiet gehören auch jugendliche Straftäter, darunter jener 14-jährige mutmaßliche Dschihadist, der ein Bombenattentat auf dem Wiener Westbahnhof geplant haben soll, oder junge Burschen, die Autos aufgebrochen und andere Jugendliche beraubt haben. Was die jungen Straftäter auf die schiefe Bahn geraten lässt, hat der Anwalt, der als Bewährungshelfer begann und seit Mitte der 1980er-Jahre als Strafverteidiger arbeitet, laut eigenen Aussagen in der Praxis studiert und hält deshalb die heimischen Integrationspolitik für gescheitert.

"Dritte Generation schlechter integriert als erste"
Seine Erfahrungen mit den jungen Klienten hätten gezeigt, dass die von Sozialromantikern vertretene These, dass sich die Menschen von Generation zu Generation automatisch besser integrieren, nicht stimme. Wer das heute behauptet, sei naiv und lebensfremd, so Mayer. "Die alten Gastarbeiter, die ihr ganzes Leben für ihre Kinder gehackelt haben - das sind die Vorzeigemigranten. So mancher Enkel fährt trotzdem nach Syrien kämpfen oder geht rauben, weil der Kodex von Ehre, Stolz und Kampf, der in den Parks gepredigt wird, wichtiger ist als das Wort seiner Mutter oder seines Großvaters. Ich erlebe die dritte Generation als schlechter integriert als die erste. Und wenn sich nur ein Prozent radikalisiert, haben wir ein riesiges Problem", so der Jurist im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Und er warnt: "Wenn wir es uns weiter so leicht machen, werden wir von der Problematik erdrückt."

"Unsere Werte werden als Schwäche gesehen"
Zuwanderern, die aus sehr traditionellen Gesellschaften kommen, seien Religion, Respekt vor den Älteren und Keuschheit wichtig. "Unsere Kirchen sind leer, die Alten stecken wir ins Altersheim, die Frauen geben sich für den Geschmack vieler Zuwanderer zu freizügig. Unsere Werte der Toleranz, Emanzipation, Demokratie werden als Schwäche angesehen. 'Lieber stehend sterben als kniend leben', lautet die Devise", so Mayer.

"Wenn es Jugendliche ablehnen, sich etwas von Frauen sagen zu lassen, die noch dazu kein Kopftuch tragen, frage ich mich, wie sind da Integration, Bildung und Aufstieg möglich? Es gibt längst nicht mehr nur eine Parallelgesellschaft, sondern Parallelgesellschaften", ist der Top-Anwalt überzeugt. Österreich müsse daher entscheiden, wie viele Zuwanderer mit anderen Vorstellungen von der Gesellschaft es noch aufnehmen könne.

"Bin ich ein Hetzer, wenn ich Probleme anspreche?"
Es sei von der angestammten Bevölkerung zu viel verlangt, mit einer vollverschleierten Nachbarin genauso gut auszukommen, wie mit einen neuen Nachbarn aus Polen oder Deutschland. Bürgern, die sich beschweren, Hetze vorzuwerfen und ihnen zu sagen, es seien alles Einzelfälle, löse die Probleme nicht, sagt Mayer: "Bin ich jetzt ein Hetzer und Ausländerfeind, wenn ich Probleme anspreche, die ich belegen kann? Muss ich jedes Mal dazusagen, dass ich eine jüdische und eine polnische Frau hatte, eine meiner Sekretärinnen aus Bosnien und zwei Rechtsanwaltsanwärter aus der Türkei und dem Irak stammen?"

Für den Strafverteidiger ist aufgrund jahrelanger Erfahrung auch klar: Das Strafrecht schreckt Überzeugungstäter nicht ab. Man müsse vielmehr die Überzeugungen ändern. Die größte gesellschaftspolitische Sprengkraft liegt für Mayer in der Perspektivlosigkeit vieler junger Zuwanderer: "Ohne Perspektive suchen die Burschen, die körperlich und mental oft viel stärker sind als die Österreicher, den Kampf auf der Straße und setzen sich dort durch."

Ethnische Herkunft spielt bei Integration eine Rolle
Verhindern müsse man zudem eine Ghettobildung, wie sie im 10. Wiener Gemeindebezirk bereits stattfinde. "Doch wer akzeptiert in Döbling oder Währing mehr Ausländer? Und wie viele Politiker nehmen daheim Asylwerber auf?", fragt der Jurist. Wer behaupte, dass Probleme mit der Integration nichts mit ethnischer Herkunft zu tun haben, übersehe, dass es sich hier um Überzeugungen und Ideologien handle. "Auch bei sehr gebildeten Menschen ist die Hinwendung zu einer radikalen Ideologie möglich, wenn auch weniger wahrscheinlich", so Mayer.

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