Kalifat rückt näher

Westeuropa – das neue Schlachtfeld der IS-Krieger

Ausland
01.07.2015 06:00
Vor einem Jahr hat der Anführer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat, Abu Bakr al-Baghdadi, in den damals eroberten Gebieten in Syrien und im Irak ein Kalifat ausgerufen. Damit erklärte sich Baghdadi zum Nachfolger des Propheten Mohammed. Der islamistische Gottesstaat, den seine Schergen seither aufzubauen versuchen, hat einen globalen Anspruch. Wie die deutsche Tageszeitung "Die Welt" berichtet, ist die derzeitige Strategie des IS, Terroristen unter Flüchtlingsgruppen aus Syrien und Libyen zu schleusen, damit die Dschihadisten nach Erhalt von politischem Asyl in Europa dort ihren Kampf aufnehmen.

Die wichtigsten Stationen auf dem Weg aus dem Kalifat nach Europa sind laut "Welt" die Türkei, Griechenland und Bulgarien. Die Routen der IS-Terroristen finden Sie in der Grafik oben. Für eine größere Auflösung klicken Sie hier.

"Schläferzellen des IS existieren schon in Europa. Anschläge sind nur eine Frage der Zeit", erklärt Ioannis Michaletos vom griechischen Institut für Sicherheits- und Verteidigungsanalysen gegenüber dem Blatt. Und tatsächlich dürften die Anschläge auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" und auf einen koscheren Supermarkt in Paris bzw. die Angriffe auf ein Kulturcafé und eine Synagoge in Kopenhagen das Machwerk solcher Schläferzellen gewesen sein.

IS-Terroristen unter Flüchtlingen aus Syrien
Laut Michaletos dürften sich bereits zahlreiche IS-Terroristen unter die rund 200.000 Flüchtlinge aus Syrien gemischt haben, die in Europa Asyl beantragt haben. So hätten griechische Behörden im Vorjahr mehrere islamistische Netzwerke enttarnt, im Zuge der Razzien wurden Waffen und Munition beschlagnahmt. Besonders auffällig: Eine Syrerin soll 300.000 Euro bei sich gehabt haben - ohne Gründe nennen zu wollen, woher sie das Geld habe bzw. wofür das Geld vorgesehen sei, so der Terrorismusexperte.

Bulgarische Pässe sind leicht zu bekommen
Neben der Route über den Bosporus und Griechenland gelangen IS-Kämpfer auch über die Balkanroute sowie über Bulgarien nach Westeuropa. Bulgarien ist dabei wohl der aussichtsreichste Weg, denn bulgarische Pässe (und damit EU-Pässe) sind offenbar leicht zu bekommen. Einerseits herrscht im ärmsten Staat der Union ein hoher Grad an Korruption, andererseits soll die bulgarische Mafia gute Kontakte zu verschiedensten Terrorgruppen in der arabischen Welt unterhalten. "Von der bulgarischen Mafia erhält der IS auch die Pässe", wird ein europäischer Geheimagent von der "Welt" zitiert. Der Mann habe demnach hautnah miterleben können, welche Kontakte der IS unterhält und wie Geiseln gekauft und verkauft werden: Er war wochenlang in Geiselhaft gewesen, bis er im Zuge eines Bombardements durch das syrische Militär die Gunst der Stunde nutzte und floh.

Da in der Führungsriege des IS auch zahlreiche Offiziere des vom früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein aufgebauten Baath-Regimes sitzen, gibt es noch Kontakte zu ehemaligen Geheimdienstlern in Bulgarien aus der Zeit des Kalten Krieges. Auch diese würden genützt, so der Geheimagent, der seinen Namen nicht preisgeben möchte.

Tansania als weiterer wichtiger Knotenpunkt
Laut "Welt" gebe es auch Verbindungen nach Afrika. Vor allem das ostafrikanische Tansania sei hier ein weiterer wichtiger Knotenpunkt im Terrornetzwerk des Islamischen Staates auf dem Weg nach Europa, erklärt der Agent. Nach dem Besuch eines Terrorcamps könnten sich IS-Kämpfer, die mit einem bulgarischen Pass ausgestattet sind, demnach sehr leicht ein Visum in Tansania ausstellen lassen. Hier spiele die gemeinsame kommunistische Vergangenheit der beiden Staaten eine wesentliche Rolle. Der Grund für ein Visum in Tansania dürfte darin liegen, dass ein Flug aus diesem Staat nach Westeuropa weit weniger Aufsehen errege als ein Flug aus der Türkei...

Nach Angaben der "Welt" zeigen all diese Entwicklungen in eine Richtung: "Die nächste große Schlacht zieht in Europa herauf."

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