Tsipras bleibt hart

Referendum: “Nein ist historische Verantwortung”

Ausland
02.07.2015 07:03
Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hält an der geplanten Volksabstimmung über den Sparkurs fest - und bleibt bei seiner Empfehlung an die Griechen, mit Nein zu stimmen. "Ein Nein bedeutet keinen Bruch mit Europa", sagte Tsipras am Mittwoch im Staatsfernsehen. "Gleichzeitig fordere ich Sie auf, zu den europäischen Rezepten Nein zu sagen. Das ist eine historische Verantwortung." Von internationaler Seite wurden bis zum Referendum alle Verhandlungen auf Eis gelegt.

Zuvor war spekuliert worden, die griechische Regierung könnte das für Sonntag geplante Referendum möglicherweise absagen - als Gegendeal für ein verbessertes Angebot der internationalen Geldgeber. Nun will die Regierung in Athen nach dem Referendum neue Verhandlungen mit den Gläubigern führen.

"Auch andere Länder haben Volksabstimmungen abgehalten. Ein Sieg des Neins stärkt die Verhandlungsposition Griechenlands", so Tsipras in seiner nur wenige Minuten dauernden Rede. Eine Absage an die Reformpläne ebne den Weg dazu, in den Verhandlungen mit den Geldgebern zu einer besseren Lösung zu kommen.

Verhandlungsstopp auf allen Ebenen
Kurz nach Tsipras' Rede ging die Sonder-Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister ohne neue Erkenntnisse zu Ende. Der slowakische Ressortchef Peter Kazimir teilte auf Twitter mit, er und seine Kollegen seien "geeint in der Entscheidung, vor jeglichen weiteren Gesprächen auf den Ausgang des griechischen Referendums zu warten". Soll heißen: Verhandlungsstopp bis Sonntag, wie es danach weitergeht, ist offener denn je.

Auf Ebene der Staats- und Regierungschefs äußerte sich Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel ähnlich: "Wenn neue Situationen entstehen, muss man immer wieder neu sprechen", sagte sie am Mittwochabend. Aber: "Nach meinem Kenntnisstand gibt es keine neue Situation." Dennoch sei man sich auf höchster EU-Ebene einig, dass "die Gesprächstüren offen bleiben". Italiens Premier Matteo Renzi wurde bei seinem Besuch bei Merkel deutlicher: Er bezeichnete das griechische Referendum als "Irrtum".

Europarat: Referendum "ein Problem"
Das Referendum wird nicht nur von den Geldgeber-Institutionen hart kritisiert, auch der Europarat ist alles andere als glücklich mit dem Schritt der Griechen: "Dass die Abstimmung so kurzfristig angesetzt wurde, ist an und für sich schon ein Problem", sagte Generalsekretär Thorbjorn Jagland. "Ebenso, dass die Fragen, die gestellt werden, nicht sehr klar sind." Internationale Standards würden vorsehen, dass ein Referendum mindestens zwei Wochen Vorlaufzeit habe, um genügend Zeit für Diskussionen zu erlauben, so Jagland. Außerdem müssten die Fragen klar verständlich sein.

Vor allem im letzten Punkt war Kritik an Athen laut geworden, weil die Fragestellung äußerst komplex ist und nicht klar ist, ob ein Nein-Votum zum Austritt Griechenlands aus der Eurozone führen würde. Ein solches zeichnet sich laut der griechischen Zeitung "Efimerida ton Syntakton" jedoch ab: Einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage zufolge wollen 46 Prozent der Griechen mit Nein stimmen, 37 mit Ja, 17 Prozent sind unentschieden.

Knackpunkt Mehrwertsteuer
Inhaltlich hatte es sich zuletzt unter anderem an der griechischen Mehrwertsteuer gespießt. In einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, den Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, und die Direktorin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, forderte Tsipras am Dienstagabend, diese für Hotels bei 13 Prozent zu belassen. Außerdem soll die ermäßigte Mehrwertsteuer auf den verstreuten griechischen Inseln auf niedrigerem Niveau bleiben als auf dem Festland. Auch die von den Gläubiger-Institutionen verlangte Deregulierung des Marktes für Milch, Medikamente und Brot soll demnach nicht umgehend umgesetzt werden.

Dafür gab es Bewegung im Streit um die Militärausgaben: In ihrem bisherigen Kompromissangebot - einer Liste mit Streichungen in Höhe von acht Milliarden Euro - hatte die Athener Regierung vorgeschlagen, den Militärhaushalt um 200 Millionen Euro zu senken. Die Gläubiger hatten stattdessen eine Senkung um 400 Millionen vorgeschlagen, worauf sich Tsipras in seinem Schreiben jetzt einließ. Aus Regierungskreisen in Athen verlautete, eine Reihe anderer von den Gläubiger-Institutionen vorgeschlagenen Maßnahmen werde die Regierung "nach und nach" umsetzen. So bleibe ihr Zeit, nach "alternativen Lösungen" zu suchen.

IWF-Chefin verlangt von Athen "erwachsenes" Verhalten
Kritik übte IWF-Chefin Lagarde an der Verhandlungsführung der griechischen Regierung. "Angesichts des Maßes an Unsicherheit, Verwirrung und ständiger Bewegung wäre aus meiner Sicht weiterhin ein bisschen mehr Erwachsensein erforderlich", sagte Lagarde in einem Interview mit CNN. Dass Griechenland gegenüber dem IWF in Zahlungsverzug geraten sei, sei "eindeutig keine gute Entwicklung". Voraussetzung für weitere Hilfen seien weitere tiefgreifende Reformen. "Das sind strukturelle Reformen, steuerliche Anpassungen, um sicherzustellen, dass das Land auf einem nachhaltigen Weg ist", fügte die IWF- Chefin hinzu.

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