"Der Blunzenkönig" (Karl Merkatz), ein alteingesessener Fleischermeister in ländlichem Idyll, sieht seine altbewährten und liebgewonnen Traditionen und die von ihm vorgesehene Zukunft seines Sohnes Franzl (Simon Schwarz) jäh in Gefahr, als Charlotte, die Vegetarierin aus der Stadt, in Franzls Leben tritt. Und dann droht seinem geliebten Wirtshaus auch noch die Schließung...
Blutwurst trifft "Körndlzeugs", da sind Spannungen natürlich vorprogrammiert. Regisseur Leo Bauer stand vor der spannenden Aufgabe, all das in einen Film zu packen. Ein ambitioniertes Projekt, das allerdings durchaus den Geschmack Bauers traf. Der Kabarett-Regisseur und Autor (Michael Niavarani, Heibutt&Rosen, Die Hektiker, usw.) sowie Regisseur der "Lottosieger" meinte dazu: "Es hat mich besonders gereizt."
krone.at: Der erste Trailer hat uns ja bereits einen Eindruck vermittelt. Warum geht es im "Bluzenkönig" eigentlich genau?
Leo Bauer: Der Film handelt von einem Vater-Sohn-Konflikt, also einem familiären Konflikt. Ein alter Wirt will sein Gasthaus an den Sohn übergeben und der Sohn will aber nicht, weil er mit sich selber noch nicht im Reinen ist. Es gibt die Mutter nicht mehr, nur noch Vater und Sohn – da ergeben sich natürlich Konflikte, die jeder auch aus der eigenen Familie kennen könnte.
krone.at: Eigentlich sollte der Film doch eine Komödie sein. Jetzt enthält der Film aber doch sehr viele Konflikte und einiges, was zum Nachdenken anregt. Wie passt soviel brisanter Stoff in eine Komödie?
Bauer: Es gibt in der französischen Kinolandschaft den Begriff der "Comédie dramatique", übersetzt also eine Tragikomödie. Was bedeutet, dass man zwar einen sehr ernsten Hintergrund hat, aber das Ganze mit einer Prise Lebenshumor würzt und so sehe ich den Film auch. Der Grundstoff war ein Theaterstück und dieses ist eigentlich sehr ernst geschrieben. Du kannst den Stoff nicht insofern verbiegen, dass du eine reine Komödie machst, wenn er so ein Grundelement der Ernsthaftigkeit hat. Das hat mich aber besonders gereizt, weil die Sachen, die ich vorher zum Beispiel im Fernsehen gemacht habe, hauptsächlich lustig waren. Es war spannend, einmal die dunkleren Seiten abzudecken.
krone.at: Der Film wirkt sehr realitätsnah, könnte sich so eine Geschichte tatsächlich irgendwo zugetragen haben?
Bauer: Naja, es ist nicht unbedingt Spira (Verfasserin der ORF-"Alltagsgeschichten", Anm.), es ist schon eine geführte Geschichte. Aber die Thematik des Landsterbens, die Thematik der Einsamkeit und das Verhalten der Menschen in dieser Geschichte sind durchaus realistisch. Ich komme ja selber aus dem Waldviertel und kenne daher dieses ländliche Gefühl "da draußen". Früher war das alles sehr happy, jetzt liegt dort vieles im Sterben und das ist wirklich tragisch. Insofern ist es für mich auch ein bisschen ein Heimatfilm.
krone.at: Es werden in dem Film ja auch Lösungsansätze, zum Beispiel gegen das Wirtshaussterben gezeigt. Der Sohn möchte aus dem Wirtshaus ein Bio-Geschäft machen, der Vater, der ja noch dazu Fleischhauer ist, kann aber mit den "Körndln" nichts anfangen. Wie stehen Sie zu der Debatte um Fleischkonsum und Vegetarismus?
Bauer: Ich bin auf einem Bauernhof bei meiner Großmutter aufgewachsen, meine Mutter hat damals in Wien gearbeitet. Man hat damals so ziemlich alles verarbeitet, was so ein Schwein hergegeben hat. Ich war aber nie so ein Feinschmecker, was Innereien oder ähnliches angeht: Das hatte allerdings damit zu tun, dass meine Mutter in einem Eisgeschäft gearbeitet hat. Bei mir war's das Süße. Man muss meiner Meinung nach nicht alles essen, was einem aufgezwungen wird – egal von wem. Es soll jeder seinen Bereich haben. Ich bin weder militanter Fleischesser, noch bin ich der Meinung, dass man nur das essen sollte, was vom Baum herunterfällt. Man muss da tolerant sein. Was mich persönlich aufregt, ist dieser Graubereich, den wir jeden Tag im Supermarkt haben. Wozu brauchen wir 27 Sorten Toastbrot? Da wird Überfluss erzeugt und dann soll sich der Konsument von irgendwelchen Werbebotschaften leiten lassen. So bin ich eben nicht aufgewachsen, daher kenne ich das nicht. Ich esse einfach das, was mir schmeckt. Man sollte sich da nicht in einer "Essensreligion" verlieren.
krone.at: Ist das auch ein bisschen die Botschaft des Films? Leben und leben lassen?
Bauer: Ja, schon. Ob es jetzt wirklich eine Botschaft ist, weiß ich nicht. Meine Grundstimmung beim Filmdreh war mehr "Das Leben ist kompliziert, wir müssen durch und müssen uns irgendwie arrangieren." (Achtung, Spoiler!) Der Schluss des Films ist ja auch sehr offen, das junge Paar hat den nächsten Schritt erst vor sich – das zeige ich auch mit der letzten Szene. Mir war wichtig, dass man auch in der Geschichte sieht, dass nicht alles konfliktfrei ist und man versuchen muss, mit seinem eigenen Charakter zurechtzukommen. Deswegen ist der Humor möglicherweise auch trockener, als man ihn von Karl Merkatz gewohnt ist.
krone.at: Karl Merkatz gibt ja schon, wie man es von ihm gewohnt ist, den klassischen Grantler, oder? Gibt es Paralellen zum "Mundl"?
Bauer: Beim Karl haben wir bewusst versucht, die Tonalität von "Bockerer" oder "Mundl" zu vermeiden. Wir wollten keinen "Mundl" auf dem Land, sondern eher einen eigenen Stil, der mehr in sich gekehrt ist. Auf der anderen Seite ist natürlich der "Grantler" einer von Karls Rollentypen, warum soll ich also den Stürmer nicht in den Sturm stellen? Unser Fahrplan war außerdem das Drehbuch und das gibt einen Ton vor. Als Regisseur sollte man diesen Ton nicht verändern, sonst müsste man ja ein anderes Drehbuch schreiben.
krone.at: In den Aufnahmen, die wir im Trailer schon gesehen haben, wirkt der "Blunzenkönig" manchmal auch sehr nachdenklich. Gibt Karl Merkatz in dem Film einen tragischen Helden?
Bauer: Absolut, weil der "Blunzenkönig" ja auch weiß, dass seine Zeit begrenzt ist. Er will seinem Sohn unbedingt das Wirtshaus übergeben, da es sein Werk ist. Und dann merkt er aber im Laufe der Zeit, dass dieser materiellen Aspekt garnicht das ist, was sich der Sohn wünscht. Dadurch wirkt die Figur auch nachdenklich.
krone.at: Sie haben ja sehr viel Fernseh-Comedy gedreht (Lottosieger, Wir sind Kaiser), aber zuletzt an der Dokumentation "Der Weg in den Untergang" anlässlich des Jubiläumsjahres 2014 zu Beginn des Ersten Weltkrieges gearbeitet. Sind diese Sprünge zwischen den Genres nicht sehr schwierig?
Bauer: Nicht unbedingt, es muss einen eben interessieren. Mir gefällt die Abwechslung, mich interessieren Personen aus dem Alltag. Auch wenn es Comedy war, hatte ich meistens Figuren, die in Situationen gekommen sind, aus denen sie rausmussten oder sich wohlfühlten – so wie die "Lottosieger". Für mich ist es nicht schwer, hin und her zu springen, im Gegenteil. Ich kann meine Batterien aufladen, wenn ich hin und wieder über andere Dinge nachdenken kann. Das macht meinen Job gerade interessant.
krone.at: Suchen Sie sich bewusst diese sehr realitätsnahe Figuren und Geschichten?
Bauer: Naja, in der österreichischen Filmlandschaft erlauben unsere Budgets nicht unbedingt den Sprung ins Weltall. Der Film hierzulande lebt von der österreichischen Seele und die ist halt manchmal deppert, tragisch oder grantig. Ich kann nur davon ausgehen, was ich habe und ich versuche eben, die Geschichten zu machen, die da sind. Ich bin aber guter Science Fiction auch nicht abgeneigt.
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