Die Optik ist auf den ersten Blick nicht gerade ideal und die Macht auch nicht mehr das, was sie einmal war. Aber die überraschende Entscheidung der Regierung, den ehemaligen Raiffeisen-Oberboss und Jägermeister Christian Konrad zum Flüchtlingskoordinator zu machen, ergibt irgendwie Sinn. Denn zumindest innerhalb der ÖVP traut sich kaum einer, dem 72-jährigen Schwergewicht zu widersprechen. Dazu ist Konrads Einfluss in die Banken-, Versicherungs- und Medienszene mit mehr oder weniger direktem Zugriff auf "Kurier" und "profil" zu groß. Da überlegen es sich selbst kraftstrotzende Landeshauptleute lieber zweimal, ob sich ein Streit mit Christian Konrad über die Versorgung und Unterbringung der Asylwerber lohnt.
Erneute Spekulationen um Präsidentschaftskandidaten
Diese Vorsicht gilt vor allem dann, wenn man als Landeshauptmann eventuell noch höhere Pläne hat und im kommenden Jahr vielleicht als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten antreten will. Von Konrads Möglichkeiten in der Finanz- und Werbeszene kann nämlich letztlich auch der Erfolg einer Werbekampagne abhängen. Zuletzt machte in Zirkeln der ÖVP auch das Gerücht die Runde, Christian Konrad, der barocken Glanz und Wichtigkeit durchaus genießt, könnte selbst in das Rennen um das höchste Amt im Staat gehen.
"Sauschädelessen" als Machtdemonstration
Raiffeisen-Manager Konrad, der in Interviews seinen früher enormen Einfluss in fast alle Bereiche der Republik stets kokett herunterspielt, fühlt sich jedenfalls in der Rolle des Strippenziehers durchaus wohl. Höhepunkt der Konradschen Laufbahn war eine immer Anfang Jänner stattfindende einzigartige Machtdemonstration: seine Einladung zum "Sauschädelessen" in die Raiffeisen-Konzernzentrale am Wiener Donaukanal. Dieser Einladung leistete fast ausnahmslos die gesamte Spitze von Politik - SPÖ inklusive! -, Wirtschaft, Kirche und teilweise Kunst mit großer Begeisterung Folge.
Nützliches Netzwerk
Dieses Netzwerk kann Konrad bei seinem neuen Amt als Flüchtlingskoordinator der Regierung künftig jedenfalls nützlich sein. Und das durchaus zum Vorteil der Flüchtlinge und vor allem der Koalition, die endlich einen Macher für diese unlösbar wirkende Aufgabe gefunden hat. Erleichtert könnte über Konrads Engagement auch Johanna Mikl-Leitner sein. Die von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll sehr protegierte und als seine Nachfolgerin gehandelte Innenministerin soll vom Asyl-Chaos ebenso überfordert wie von den Bundesländern allein gelassen gewirkt haben, wie aus Regierungskreisen hinter kaum vorgehaltener Hand berichtet wird.
"Hoffnungsschimmer im Chaos von Traiskirchen"
Die Regierung steht jedenfalls "geschlossen hinter Christian Konrad" - was immer das auch bedeuten mag. Und der Applaus geht quer durch alle Reihen. Von Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der Konrads Berufung als "Hoffnungsschimmer im Chaos von Traiskirchen" bezeichnet, über Caritas-Präsident Michael Landau, der den Ex-Banker als "Manager mit Handschlagqualität" lobt, bis zum mit Nettigkeiten sonst eher sparsamen "Krone"-Kolumnisten Michael Jeannée, der seinen Jagdfreund als "gepanzerte Autorität" preist (siehe Print-Ausgabe der Kronen Zeitung).
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