Aufruhr in Budapest

Flüchtlinge zeigen bei Protest “tote” Buben

Ausland
02.09.2015 17:35
Die Lage der 2000 bis 3000 Flüchtlinge, die in Budapest an der Weiterreise nach Deutschland gehindert werden, wird zunehmend prekärer. Nachdem die Polizei das Gebäude des Ostbahnhofs für Flüchtlinge abgeriegelt hatte, mussten sie die Nacht auf Mittwoch auf dem Vorplatz oder in einem angrenzenden U-Bahn-Untergeschoß verbringen. Hunderte Flüchtlinge protestierten am Mittwoch vor dem Bahnhof - unter anderem mit "toten" Buben, die sie zuvor in Decken eingewickelt hatten.

Lautstark forderten die verzweifelten Männer, Frauen und Kinder, nach Österreich und Deutschland weiterreisen zu können. Hunderte Migranten skandierten Rufe wie "Freiheit, Freiheit!" und verlangten, in die Züge gelassen zu werden. Unter den Wartenden waren zahlreiche Familien mit Kindern. Die Behörden verwehrten den Flüchtlingen den Zutritt zum Bahnhof.

Am frühen Nachmittag verhaftete die Bereitschaftspolizei zwei Männer, die sich unter die Flüchtlinge gemischt und diese zu provozieren versucht hatten. Im Video unten sehen Sie, wie einer der beiden glatzköpfigen Provokateure abgeführt wird. Die Polizeiaktion wurde von den Migranten mit Applaus begleitet.

Kritik an hygienischen Zuständen
Beobachter berichteten von äußerst kritischen hygienischen Zuständen: Für die vielen Menschen gab es nur vier mobile Toiletten. Nur wenige Freiwillige halfen mit Essen und Kleidern und kümmerten sich um eine notdürftige medizinische Versorgung.

Zeltlager neben Bahnhof geplant
Die ungarischen Behörden wollen neben dem Budapester Ostbahnhof binnen zwei Wochen ein Zeltlager errichten, das vorübergehend 800 bis 1000 Flüchtlinge aufnehmen kann. Das beschloss das Budapester Stadtparlament am Mittwoch und bewilligte dafür 373 Millionen Forint (ca. 1,2 Millionen Euro).

Grenzzaun hält Flüchtlinge nicht auf
Trotz des neuen Grenzzauns an der Grenze zu Serbien trafen am Dienstag insgesamt 2284 neue Flüchtlinge in Ungarn ein, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Ungarn hat an der Grenze einen vier Meter hohen, 175 Kilometer langen Zaun gebaut, um die illegale Einwanderung auf der Balkan-Route zu unterbinden.

Lage auf Österreichs Bahnhöfen "sehr ruhig"
Aufgrund der erneut strikten Polizeikontrollen am Budapester Ostbahnhof kamen am Mittwoch kaum noch Flüchtlinge aus Ungarn in Österreich an. Die Lage auf Österreichs Bahnhöfen sei "sehr ruhig", erklärte Michael Braun, der Pressesprecher der ÖBB. Etwa 200 Menschen verbrachten die vergangene Nacht am Wiener Westbahnhof bzw. am Salzburger Hauptbahnhof. Sie wurden vom Roten Kreuz und der Caritas betreut. Eine Notschlafstelle wurde eingerichtet (siehe Video).

Bis Mittwochabend seien rund 100 Flüchtlinge am Westbahnhof angekommen, teilte die Polizei mit. Martin Gantner, der Pressesprecher der Caritas, erklärte, einige seien gleich in den Zügen sitzen geblieben und weiter nach Deutschland gefahren. Die Hilfsorganisation betreute gemeinsam mit zahlreichen Freiwilligen Familien und junge Männer. Wie schon an den vergangenen Tagen hielt sich die Polizei auch am Mittwoch weitestgehend zurück, nur vereinzelt waren Beamte zu sehen.

ÖBB bereiten sich auf neue Flüchtlingszüge vor
Die ÖBB bereiten sich nun auf neue Flüchtlingszüge aus Ungarn vor. Es gebe Gespräche mit der ungarischen und der deutschen Bahn, um einen "geordneten Vorgang" sicherzustellen, sagte ÖBB-Chef Christian Kern am Rande des Forum Alpbach. Zwischen den Extremen "alles offen" und restriktiv niemanden durchzulassen müsse ein Mittelweg gefunden werden, so Kern. Wenn den Flüchtlingen keine Möglichkeit zur Ausreise aus Ungarn ermöglicht werde, würden sie sich andere Wege suchen.

Am Montag hatten die ungarischen Behörden überraschend Tausenden Migranten erlaubt, in Züge Richtung Österreich und Deutschland zu steigen, am Dienstagvormittag aber den Bahnhof für alle Reisende ohne gültiges EU-Visum gesperrt. Die ungarischen Staatsbahnen sicherten den Rückkauf der Fahrkarten bis Dienstagnacht zu, was jedoch unmöglich war, da die Migranten den Bahnhof nicht betreten durften, so das Portal "Nol.hu".

Lage auch in Deutschland entspannt
Auch in Deutschland kamen am Mittwoch kaum noch Flüchtlinge an. Die Bundespolizei am Münchner Hauptbahnhof sprach von lediglich 50 Flüchtlingen, in Rosenheim waren es am Vormittag 60 bis 70. Man rechne damit, dass es den ganzen Tag über ruhig bleibe, sagte ein Sprecher.

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