"Nachbeten"

Verurteiltes IS-Mitglied macht in Haft Probleme

Österreich
02.10.2015 13:24
Jener junge Tschetschene, der am Donnerstag in Wien wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden ist, dürfte in der Justizanstalt Wien-Josefstadt Probleme machen. Mehrere Mithäftlinge ließen sich verlegen, einen Zellengenossen soll der mutmaßliche Islamist zum "Nachbeten" gebracht haben. Der Mann konvertierte schließlich sogar zum Islam.

Der 20-Jährige, der laut nicht rechtskräftigem Urteil gemeinsam mit seiner hochschwangeren Ehefrau und seiner kranken Mutter nach Syrien fahren wollte, um sich dort der Terrormiliz Islamischer Staat anzuschließen, war Ende März festgenommen worden. In der U-Haft soll er wiederholt versucht haben, Mithäftlinge in Gespräche über den Islam zu verwickeln und sie davon zu überzeugen, dass dies der "rechte Glaube" sei. Wie aus Berichten der Justizanstalt hervorgeht, die der Staatsanwaltschaft übermittelt wurden, ersuchten mehrere Gefangene - teilweise mit Nachdruck -, nicht mehr mit dem 20-Jährigen die Zelle teilen zu müssen. Für sie waren der strenggläubige Islamist und sein Verhalten nicht mehr tragbar.

Einem Gefangenen, der ihm offenbar nicht entsprechend Paroli bieten konnte, schrieb der 20-Jährige Gebete auf, die dieser laut nachbeten musste. Der ursprünglich katholische Mithäftling änderte schließlich sogar offiziell sein Religionsbekenntnis. Ob und inwieweit dies unter Zwang geschah, ist unklar, die Staatsanwaltschaft führt in diesem Zusammenhang gegen den 20-Jährigen jedenfalls kein Ermittlungsverfahren. Es habe keinen ausreichenden Anlassverdacht gegeben, um ein solches einzuleiten, hieß es bei der Anklagebehörde am Freitag.

20-Jähriger aus Sicherheitsgründen in Einzelhaft
Fest steht allerdings, dass sich der gebürtige Tschetschene mittlerweile aus Sicherheitsgründen in Einzelhaft befindet. Er hatte eines Tages in seiner Zelle den Lattenrost seines Bettes zerlegt, ein anderes Mal schlug er das Fenster ein. Mittels Schreien und Zurufen aus dem Fenster soll er versucht haben, in Kontakt mit inhaftierten Bekannten und Glaubensbrüder zu kommen. In einem Bericht der Justizwache ist auch davon die Rede, dass er versucht haben soll, Hofspaziergänge für verbotene Gespräche zu nutzen.

Bis zur Generaldirektion für den Strafvollzug haben sich die Schwierigkeiten mit dem jungen Mann, dessen Ehefrau Vollverschleierung trägt und der eigenen Angaben zufolge mit ihm nicht bekannten Personen weiblichen Geschlechts aus religiösen Gründen kein Wort wechselt, offenbar nicht durchgesprochen. "Von Problemen ist mir nichts bekannt", so General Josef Schmoll am Freitag. Man achte jedoch grundsätzlich streng darauf, dass in Haft befindliche mutmaßliche Dschihadisten keine Möglichkeit erhalten, mit anderen in diese Richtung Verdächtigen in Kontakt zu kommen. Häftlinge, die derselben Gruppierung angehören, teile man auf verschiedene Justizanstalten auf.

Ähnlicher Fall bekannt
Der 20-jährige Tschetschene, der erstklassig Deutsch spricht und daher in der U-Haft in der Lage war, bei einem breiteren Personenkreis für seinen Glauben zu werben, dürfte kein Einzelfall sein. Wie Recherchen der APA ergaben, sitzt in der Justizanstalt Wien-Josefstadt ein weiterer mutmaßlicher Islamist ein, der in eine ähnliche Richtung agiert haben soll. Ihm wurde daraufhin eine Zwei-Mann-Zelle zugeteilt, die er sich nun mit einem gebürtigen Chinesen teilt, der außer seiner Muttersprache keine weiterreichenden Sprachkenntnisse besitzt.

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