Trotz Sparkurs
Portugal: Mitte-Rechts-Regierung siegt bei Wahl
Trotz des Verlusts der absoluten Mehrheit bezeichnete Passos seine Allianz als "Siegerin" und kündigte in Lissabon unter dem Jubel von Parteifreunden und Anhängern den Versuch einer Regierungsbildung an: "Wir werden dem Präsidenten der Republik sagen, dass wir zum Regieren bereitstehen." Es wäre seltsam, wenn der Wahlsieger "nicht regieren dürfte". Das Sparprogramm will er 2016 zwar fortsetzen, Passos gab aber auch bekannt, dass er die Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst schrittweise zurücknehmen wolle.
Der Spitzenkandidat der Sozialisten (PS) interpretierte das Ergebnis der Wahl anders als Passos. Der Wähler habe sich für einen Regierungswechsel ausgesprochen, sagte Antonio Costa. Sowohl die PS als auch die beiden anderen Linksparteien, die den Einzug ins Parlament schafften, ließen wissen, dass man eine konservative Regierung nicht mittragen und auch den von Passos als "oberste Priorität" bezeichneten Haushalt für 2016 nicht absegnen werde.
Regierungsbildung könnte schwierig werden
Nach übereinstimmender Einschätzung von Experten steht Portugal vor einer schwierigen Regierungsbildung. Es sei davon auszugehen, dass Staatsoberhaupt Anibal Cavaco Silva zunächst die stärkste Fraktion damit beauftragen werde.
Nachdem man 2011 mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten hatte, mussten sich die Konservativen diesmal mit rund 38,6 Prozent begnügen. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen kamen die Sozialisten auf 32,4 Prozent. Die CDU, ein Bündnis aus Kommunisten und Grünen, lag bei 10,2 Prozent, der marxistische Linksblock (BE) bei 8,3 Prozent.
Die Konservativen kamen im 230 Parlamentssitze umfassenden portugiesischen Parlament vorerst auf 102 Mandate (2011: 132), die drei linken Parteien brachten es zusammen auf 118. Zur Möglichkeit einer linken Regierungskoalition sagten die Oppositionsparteien vorerst allerdings nichts Konkretes. Die restlichen Parlamentssitze werden erst in den nächsten Tagen nach Auszählung der Stimmen der im Ausland lebenden Portugiesen vergeben, wie die Wahlbehörde CNE mitteilte.
Wahl als Abstimmung über harten Sparkurs
Die Wahl galt auch als Abstimmung über den harten und umstrittenen Sparkurs von Passos. Der 51-jährige gelernte Ökonom hatte zwar verhindert, dass Portugal zu einem "zweiten Griechenland" wurde, war aber im Land wegen der starken Kürzungen und Steuererhöhungen und einer "zunehmenden Verarmung der Bevölkerung" scharf von Costa kritisiert worden. Im Wahlkampf hatte Passos vor "Chaos" im Fall einer linken Regierung gewarnt.
Portugal war 2011 von der EU und dem Internationalen Währungsfonds mit 78 Milliarden Euro vor dem Bankrott bewahrt worden. Nach drei Jahren unter dem EU-Rettungsschirm steht das Land seit Mai des Vorjahres finanziell wieder auf eigenen Beinen. 2014 wurde nach drei Rezessionsjahren in Serie ein Wachstum von 0,9 Prozent erreicht.
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