Von den A-Teens und all den ABBA-Coverversionen ist auf „Enjoy the Ride“ rein gar nichts mehr zu hören. Glasklare, melodische Pop-Musik serviert Marie Serneholt mit tatkräftiger Unterstützung des Songschreibers und Produzenten Jörgen Elofsson, der schon für Celine Dion und Britney Spears werkte und durchaus ernst zu nehmende Musik fabriziert.
Inspiration. - ABBA durften für’s erste Solo-Projekt immerhin noch als abstrakte Inspiration herhalten. „Ich wollte ein Album aufnehmen, das Pop pur ist, mit großartigen Melodien und zeitloser Musik, und das ist genau das, was ABBA gemacht hat“, erzählt Marie, lässig auf dem Hotel-Sofa sitzend, das lustigerweise in den schwedischen Landesfarben gehalten ist und verdächtig nach einem anderen Exportschlager im Einrichtungsbereich aussieht...
Erfolgsmaschinerie. - Mit zarten 15 ist sie bei den A-Teens als damals Älteste eingestiegen. Bis 2003 tourten die Vier mit Coverversionen von ABBA-Songs um die Welt und verkauften Millionen von Platten, bis der Erfolg sie zu einer Pause zwang, die nun schon drei Jahre dauert - im Prinzip die typische Popband-Trennung, halt. „Vor den A-Teens wäre es mir nicht einmal im Traum eingefallen, die Schule abzubrechen oder eine Pause einzulegen“, beschreibt Marie die Zeit, in der sie noch ein ganz normaler Teenager war.
Nach nur einem Jahr Pop-Business brach sie ihre Schullaufbahn aber doch ab und beließ es beim Pflichtschulabschluss. „Du kannst jederzeit auf die Uni gehen oder was auch immer, das läuft dir nicht davon. Aber die Chance, bei den A-Teens mitzumachen, die hätte ich nie wieder bekommen!“ Und wären die nicht gewesen, wäre sie jetzt nicht hier. Insofern schämt sie sich auch nicht für ihre bisherige Karriere, sondern behält lieber die lehrreichen Erfahrungen im Hinterkopf.
Karriere, neu. - Für die 22-Jährige läuft es jetzt natürlich prima. Mit ihren ehemaligen Bandkollegen ist sie im Reinen und sauber getrennt, dazwischen streiten sich Kosmetik-Firmen, wer sie zuerst auf die Plakate drucken darf und in Schweden kündigt sich schon jetzt ein wahrer Post-A-Teens-Hello-Marie-Hype an…
Flop-Ängste. - Aber mit Popbands und ihren Ex-Mitgliedern ist das ja so eine Sache - siehe Robbie Williams und der Rest von Take That. Einer schafft’s, die anderen bleiben in der Regel ohne Erfolg. Marie Serneholt sieht die Sache mit dem Erfolg ziemlich abgeklärt: „Ich hoffe, dass es erfolgreich wird und ich werde alles dafür tun, damit es erfolgreich wird! Klar, es könnte ein Flop werden […] aber man weiß das ja nicht vorher“.
Dass sie früher oder später auf die Solo-Projekte ihrer ehemaligen Kollegen in den Charts treffen wird, lässt sie kalt. Grinsend sagt sie: „Ich glaube, in erstere Linie wird sich darüber nur die Presse Gedanken machen. […] Ich will natürlich Erfolg haben, aber ich wünsche mir auch, dass meine Freunde Erfolg haben!“
Fan-Übernahme. - Auf „Enjoy the Ride“ singt sie von bewegenden Beziehungskisten und all den Dingen, die man halt auf einer Lounge-tauglichen Pop-Platte finden möchte. Songmäßig sind zwar auch ein, zwei Ausreißer in Form von zielgruppengerechtem Candy-Pop dabei, aber schließlich soll die Fangemeinde aus alten A-Teens-Zeiten auch der neuen Richtung folgen (können)...
Alte Schweden. - Eine bestimmte Frage drängt sich bei jemandem, der sechs Jahre lang Lieder von ABBA trällerte bzw. trällern musste, von selbst auf: Kann sie die Songs noch hören, oder steht’s ihr schon bis zum Hals? Sie hätte „Ja“ sagen können, zog aber die Wahrheit vor und gestand ihr Dasein als ABBA-Junkie ein: „Ich hab ihre Lieder zwar jahrelang gesungen, aber wenn ich einen ABBA-Song im Radio höre, muss ich immer noch dazu summen!“
Fazit. - Vielleicht ist es mit den Schweden und ABBA, so wie mit den Österreichern und Rainhard Fendrich: Den Text von „I am from Austria“ kann halt doch so ziemlich jeder, gewollt oder ungewollt. Für die guten Songs von Marie Serneholt braucht’s etwas mehr Übung, aber im Gegensatz zu den alten A-Teens-Wurschteleien haben sie durchaus ein gewisses Potential, das die Schweden von ihrem unterschwelligen ABBA-Trauma erlösen könnte. Und vielleicht lassen sich nebenbei ja auch noch ein paar Europäer mitreißen...
7 von 10 Teenie-Band-Mitgliedern, die überlebten
Oben gibt’s das komplette Interview zum Nachlesen
und Hörproben zu den Songs von „Enjoy the Ride“.
Christoph Andert
Fotos © Lina Kawas
Promo-Pics: Sony BMG
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