"Falsche Toleranz"
Autor fordert: “Der Muezzin hat zu schweigen!”
"Schweinefleisch verschwindet aus Schulbüchern, die Moschee von der Seifenpackung - die Selbstzensur des Westens treibt absurde Blüten", schreibt Kissler in seiner Streitschrift. Der Wissenschaftler und Autor, früher unter anderem für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", die "Süddeutsche Zeitung" und das Nachrichtenmagazin "Focus" tätig, warnt eindringlich vor der "Gefahr der falschen Kompromisse" und erklärt, "warum zu viel Political Correctness der falsche Weg ist".
Zwar würden seinen Worten zufolge Presse- und Meinungsfreiheit beschworen, aber der Terror wirke: "Nach den Pariser Anschlägen wird hier und da gefordert, man müsse Blasphemie stärker unter Strafe stellen… Muss man wirklich Verständnis dafür haben, dass besonders Fromme besonders reizbar sind? Wollen wir die Freiheit opfern für die Illusion, dadurch die Freiheitsfeinde zu besänftigen?"
Westen eine "Vereinigung der Menschen, denen alles egal ist"
Viel sei in diesen Tagen die Rede von den westlichen Werten, die es zu verteidigen gelte, so Kissler. "Was aber soll da auf welchen Wegen verteidigt werden?" Egal an welche Quellen man sich halte, Toleranz sei "eine Übung in Standhaftigkeit und nicht ein gleichförmiges Desinteresse an allem". Der Westen habe sich jedoch in den vergangenen Jahren in weiten Teilen "zur Vereinigung der Menschen, denen alles egal ist", entwickelt, "solange niemand sie beim Lebensgenuss und dessen Verdauung stört". Toleranz aber sei ohne Haltung nicht zu haben, ist der Autor überzeugt.
Kissler spricht vom "großen Appeasement" (Beschwichtigung) gegenüber dem militanten Islam. Oft sei das Verhalten von Politik, Medien und Kirchen geprägt von "purer Halt- und Haltungslosigkeit". So kritisiert der Autor etwa die "quasi regierungsamtliche Beruhigung" nach den Attentaten von Paris im Jänner 2015. Derlei habe mit dem Islam nichts zu tun.
Auch auf US-Präsident Barack Obama schießt sich Kissler ein. Dieser habe erklärt, der Islam dürfe nicht diffamiert werden, keine Religion sei für Terrorismus verantwortlich. "Kurios, verstanden sich die Mörder doch als besonders glaubenstreue Fromme auf den Spuren Mohammeds", so der Wissenschaftler. Vor diesem Hintergrund verblasse seiner Argumentation zufolge "jede Frage, inwieweit sie sich zu Recht oder zu Unrecht auf diese oder jene Sure beriefen. Es genügt, dass sie es taten, dass sie aus ihrem Bild des Islam die Lizenz zum Mord ableiteten. Also ist es an der Zeit, auch die Gewaltgeneigtheit dieser Religion zu thematisieren."
"Vorauseilende Unterwerfungsgesten"
Kissler übt in seinem Buch auch Kritik an den "vorauseilenden Unterwerfungsgesten" und der "Selbstzensur" des Westens, der weiter an der "Illusion vom friedlichen Nebeneinander von Freiheit und Freiheitsfeindschaft" festhalten wolle. Lieber würden "vorgeblich aufgeklärte, in Wahrheit eingeschüchterte Mitteleuropäer" potenziell Anstößiges aus dem Verkehr ziehen, "um den Freiheitsfeinden keine weiteren Angriffsflächen und Anschlagsziele zu bieten, als unverdrossen einzustehen für die Freiheit der Meinung, die Freiheit der Religion, die Freiheit der Versammlung und, sämtliche Freiheiten überwölbend, die Gleichheit aller Menschen von Geburt an".
Der Westen, argumentiert Kissler weiter, müsse - auch in Hinblick auf den Eroberungszug der Terrormiliz Islamischer Staat Richtung Europa - "sich seines inneren Kompasses neu vergewissern. Eine einmalige Vergangenheit, eine ganz außerordentliche Emanzipationsgeschichte, muss aktualisiert werden - solange deren Restbestände uns noch zu Gebote stehen, wir noch frei greifen können nach dem Quell unserer Freiheiten."
Andernfalls, so Kisslers eindringliche Warnung, könnte der Westen, "verstanden als große Freiheitserzählung, in der Stunde seiner größten Bewährung vor dieser Herausforderung kapitulieren". Zur Untermauerung seiner These zitiert der Autor den britischen Historiker Niall Ferguson. Dieser nennt die "vielleicht schlimmste Bedrohung des Westens" nicht den radikalen Islamismus oder "eine andere von außen kommende Kraft, sondern unser mangelndes Verständnis für und fehlendes Vertrauen in unser eigenes kulturelles Erbe".
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