Kampf der Alterung

China beendet seine umstrittene Ein-Kind-Politik

Ausland
29.10.2015 13:38
China hat im Kampf gegen die rapide Alterung seiner Gesellschaft nun offiziell das Ende der umstrittenen Ein-Kind-Politik verkündet. Ab sofort dürften alle Paare mit staatlicher Erlaubnis zwei Kinder bekommen, meldete am Donnerstag die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Der historische Beschluss war bei einem viertägigen Treffen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei gefasst worden.

Die Kommunistische Partei hatte die Ein-Kind-Politik 1979 eingeführt, um das Bevölkerungswachstum einzudämmen. Seither durften die meisten Paare in den Städten des Landes nur ein Kind bekommen. Die Führung des Landes argumentierte stets, dass die Regelung zum wachsenden Wohlstand in China beigetragen hat.

Alterung als massives Problem
Allerdings gibt es mittlerweile massive demografische Probleme. Neben der auf Dauer sehr starken Alterung der Bevölkerung wurde auch nicht hinreichend bedacht, dass in der chinesischen Gesellschaft männliche Nachkommen traditionell ein viel höheres Ansehen genießen als weibliche. Das führte zur weitverbreiteten gezielten Abtreibung von Mädchen, was wiederum einen deutlichen Überhang junger Männer in der chinesischen Gesellschaft bewirkte. So kamen etwa 2014 knapp 116 neugeborene Buben auf nur 100 Mädchen.

Jede Chinesin bekommt im Schnitt weniger als 1,6 Kinder. Für eine stabile Bevölkerung ist Studien zufolge jedoch eine Quote von 2,1 nötig. Als Antwort auf die Alterung der Gesellschaft und die fallende Geburtenquote schlug nun die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften eine Zwei-Kind-Lösung vor.

Erste Lockerung bereits im Jahr 2013
Schon Ende 2013 hatte es eine Lockerung der Ein-Kind-Politik gegeben. Seitdem durften Paare in einzelnen Provinzen zwei Kinder bekommen, wenn mindestens ein Elternteil selbst Einzelkind war. Einen signifikanten Anstieg der Geburtenrate gab es dadurch aber nicht, weshalb es zuletzt verstärkt Überlegungen gab, die Regelung weiter zu lockern.

"Teure Kinder": Bleibt Geburtenexplosion aus?
Doch auch die endgültige Abschaffung der Ein-Kind-Politik muss nicht zwangsläufig zu einer Geburtenexplosion führen. Der Grund: Der Großteil der Bevölkerung kann sich schlicht und einfach nur ein Kind leisten. "Wir können jetzt mehr Kinder haben, aber wir können sie uns nicht leisten", hieß es in Diskussionen in Internetforen bereits nach der ersten Lockerung im Jahr 2013. "Wer kann angesichts wachsender Lebenshaltungskosten noch die traditionelle Ansicht vertreten, dass mehr Kinder mehr Glück bedeuten?" Einige fürchten auch, dass der jetzige Schritt ohnehin zu spät kommt, um den demografischen Wandel aufzuhalten und die Probleme zu lösen.

Viele Paare stammen selbst aus Ein-Kind-Familien und haben sich an das Konzept gewöhnt. Ohnehin ist die Frage, wer sich um die Kinder kümmert, weil viele Frauen heute arbeiten und Karriere machen. Da müssen meist die Großeltern ran. Oder eine Kinderfrau wird angeheuert. Ein Kind lässt sich so noch unterbringen, aber zwei?

Ökonomen erwarten sich Auswirkungen erst ab 2030
Trotz allem wünscht sich zumindest laut Umfragen rund die Hälfte aller Paare zwei Kinder. Nach Vorhersagen dürften die bisherigen Lockerungen von 2013 und die jetzige Einführung der Zwei-Kind-Politik vom nächsten Jahr an die Zahl der neugeborenen Babys zunächst um jährlich mehr als eine Millionen steigern. Positive Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung werden erst zwischen 2030 und 2050 erwartet. Dann dürfte die Zahl der Arbeitskräfte zunehmen, so dass ab 2040 auch die Pensionskassen entlastet werden könnten, rechnen Experten vor.

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