"Der Spiegel" schreibt in seiner aktuellen Ausgabe, dass der BND bis weit ins Jahr 2013 hinein auch Botschaften und andere Behörden befreundeter Länder ins Visier ihrer elektronischen Aufklärung genommen habe. Merkel hatte im Sommer 2013 unter dem Eindruck der NSA-Spähaffäre aber betont: "Abhören unter Freunden - das geht gar nicht!" Seitens der Regierung in Berlin wird zwar betont, dass die Aussage Merkels nach wie vor gelte, doch immer stärker drängt sich die Frage auf: Hat der BND tatsächlich auf eigene Faust gehandelt und Merkel sogar getäuscht?
Die Aufarbeitung der jüngsten Vorwürfe im Spionageausschuss des deutschen Bundestages wird wohl noch etwas länger dauern, doch was bereits durchgesickert ist, ist äußerst brisant: Von Ende der 90er-Jahre bis zum Oktober 2013 soll der BND rund 2800 eigene Selektoren - also Suchbegriffe bei der elektronischen Aufklärung - verwendet haben, die dem Auftragsprofil des Dienstes und womöglich auch dem BND-Gesetz widersprachen. Unter anderem waren das US-Außenministerium und US-Militäranlagen in Afghanistan betroffen. Aber auch eben das Innenministerium in Wien und die diplomatische Vertretung Österreichs in Berlin sollen im Visier der BND-Lauscher gewesen sein.
Pilz verärgert über Österreichs "Bananenminister?"
Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz, der bereits Mitte Oktober mit der Veröffentlichung eines Geheimvertrags zwischen dem BND und der deutschen Telekom für Wirbel gesorgt hat, wundert sich nun angesichts der jüngsten Enthüllungen über die österreichischen "Bananenminister". Auf Twitter schreibt er: "BND überwacht Innenministerium; zapft Telefonleitungen an; gibt unsere Daten an NSA weiter... Reaktion der Regierung: Null."
Video aus dem Archiv: "Sonntagsspaziergang" zu einer Villa im 18. Bezirk in Wien, in der eine verdeckte Abhörstation der NSA sein soll.
Innenministerium: "Vorwürfe bereits Gegenstand von Ermittlungen"
Das Innenministerium in Wien bezeichnete die Informationen des "Spiegels" am Sonntag als "nicht neu und seit Langem öffentlich". Die Vorwürfe seien außerdem bereits Gegenstand des Verfahrens, das bei der Staatsanwaltschaft liege, erklärte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck am Sonntagnachmittag. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hatte im Mai nach Berichten, dass der BND dem US-Geheimdienst NSA unter anderem bei der Bespitzelung heimischer Behörden geholfen haben soll, Anzeige "gegen Unbekannt" erstattet.
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