"Warum sollte man sich noch einen PC kaufen?", fragte Tim Cook kürzlich in einem Interview mit dem britischen "Telegraph". Das neue iPad Pro sei schließlich "für viele, viele Menschen ein Notebook- oder PC-Ersatz". "Sie werden es benutzen und zu dem Schluss kommen, dass sie außer ihren Smartphones nicht anderes mehr brauchen", zeigte sich der Apple-Chef zuversichtlich. Immerhin versprechen eine optional erhältliche Tastatur sowie ein Eingabestift sowohl Viel-Schreibern als auch Kreativen neue Möglichkeiten.
Zumindest in der Theorie, denn in der Praxis gibt es das sogenannte Smart Keyboard bislang nur im US-amerikanischen QWERTY-Tastaturlayout. Wer hierzulande auf bzw. mit dem iPad Pro tippen möchte, hat demnach das Nachsehen oder muss sich nach Alternativen wie Logitechs kompatibler Create-Tastatur umsehen. Mit einem Preis von rund 150 Euro ist diese noch dazu gut 30 Euro günstiger als das Apple-Zubehör.
Nur bedingt zum Arbeiten geeignet
Doch selbst mit Tastatur dürfte es vielen Bürohengsten an Komfort (Stichwort: wackelig) und Schnittstellenvielfalt gegenüber einem klassischen Note- oder MacBook fehlen, wenngleich mit iOS 9 eingeführte Multitasking-Funktionen wie Slide Over, Split View und Bild-in Bild von dem größeren Display des iPad Pro zweifelsohne profitieren und viele Dinge erleichtern, die vorher auf einem iPad nur sehr umständlich zu lösen waren. Einziger Haken: Unterstützt werden diese Funktionen bislang nur von einer relativ überschaubaren Anzahl von Apps.
Anders sieht es im Kreativbereich aus: Designer, Fotografen, Zeichner und Co. ziehen nicht nur aus der Bildschirmdiagonale von 12,9 Zoll sowie der mit 2732 x 2048 Pixeln enormen Auflösung des iPad Pro einen Vorteil, sondern auch aus dem "Pencil" getauften und für 109 Euro ebenfalls optional erhältlichen Eingabestift von Apple, mit dem es sich auf dem Display malen, schreiben und zeichnen lässt. Einen Schacht für dessen Aufbewahrung oder einen magnetischen Haltemechanismus sucht man allerdings leider vergebens.
Grafikpower unter der Haube
Hinzu kommt die dank A9X-Prozessor verbesserte Performance nicht nur, aber vor allem im Grafikbereich. So schneidet das iPad Pro in Sachen GPU-Leistung den Benchmark-Tests von "Arstechnica" zufolge besser ab als alle bisherigen iOS-Geräte, das aktuelle MacBook Air sowie das MacBook Pro mit 13- bzw. 15-Zoll-Retina-Display, und das bei praktisch unveränderter Akkulaufzeit von rund zehn Stunden. Davon profitiert schließlich auch der Otto-Normalverbraucher, etwa beim Spielen und Film schauen.
Beides ist ebenso wie das Lesen von Comics oder E-Books auf dem iPad Pro ein echter Genuss - vorausgesetzt, die jeweilige Anwendung unterstützt das größere Display auch. Bei vielen Apps ist dies leider noch nicht der Fall, andere blasen ihre Grafiken indes optisch einfach auf, wodurch diese auf dem Bildschirm des iPad Pro unschön pixelig aussehen. In diesem Punkt müssen Entwickler und auch Apple also noch nachziehen bzw. -bessern.
Besserer Klang
Unterstützt wird dieser Genuss neben der Displaygröße auch vom neuen Lautsprecherdesign mit insgesamt vier Lautsprechern in den Ecken. Zusammen produzieren sie deutlich mehr Tiefen als etwa beim iPad Mini oder Air - und zwar selbst dann noch, wenn zwei Lautsprecher von den Händen verdeckt werden. Voll aufdrehen sollte man die Lautstärke allerdings nicht, da dann das gewohnt hochwertig verarbeitete Alu-Gehäuse zu vibrieren beginnt. Die Schattenseite eines lediglich 6,9 Millimeter dünnen Chassis.
Groß, aber nicht unhandlich
Sorgen, die Handhabung des iPad Pro würde aufgrund seiner Größe erschwert werden, erweisen sich hingegen als weitgehend unbegründet. In Relation zu seiner schieren Größe (305,7 x 220,6 mm) ist das iPad Pro mit seinen 713 Gramm überraschend leicht und somit auch über längere Zeit noch angenehm in der Hand zu halten. Klar ist aber auch, dass die Hände sowohl beim Tippen als auch beim Surfen größere Bildschirmwege zurücklegen müssen und dass in puncto Mobilität gewisse Einbußen in Kauf genommen werden müssen. Schließlich findet es nicht in jeder Handtasche oder jedem Rucksack problemlos Platz.
Fazit: Den versprochenen Notebook- oder PC-Ersatz sehen wir im iPad Pro derzeit (noch) nicht. Als Werkzeug für Kreative oder als Multimedia-Gerät für Spiele- und Filmenthusiasten sowie Comic- und E-Book-Leser dürfte das Apple-Tablet aufgrund seiner Größe jedoch seinen Reiz haben. Wer mit dem Kauf liebäugelt, sollte allerdings zuerst überlegen, wann und wo das Gerät bevorzugt Verwendung finden soll, denn gerade unterwegs könnten sich die 12,9 Zoll auch schnell als hinderlich erweisen. Los geht's preislich - ohne Tastatur und Stift - ab 899 Euro (32 GB), das Top-Modell mit 128 GB und LTE schlägt mit rund 1230 Euro zu Buche.
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