Pfeiffer wehrt sich:

“Zielpunkt-Insolvenz bringt mir keinen Profit”

Wirtschaft
30.11.2015 12:03
Georg Pfeiffer, Chef der Pfeiffer-Gruppe und der Einzelhandelskette Zielpunkt, weist jeden Vorwurf, er wolle von der Zielpunkt-Insolvenz profitieren, etwa durch die Übernahme attraktiver Standorte, von sich. "Pfeiffer als nationaler Anbieter im Lebensmitteleinzelhandel ist Geschichte", erklärte er am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Dabei solle es auch bleiben. Die Lebensmittelkette hat unterdessen am Montagvormittag wie erwartet die Eröffnung eines Konkursverfahrens beim Handelsgericht Wien beantragt.

Zielpunkt erzielte im Geschäftsjahr 2014/15 mit 229 Filialen einen Umsatz von 438 Millionen Euro. Der Verlust belief sich zuletzt auf rund 12 Millionen Euro. Von der Insolvenz sind insgesamt 2700 Mitarbeiter betroffen. Die Lebensmittelkette soll geschlossen und liquidiert werden.

Mehr als 200 Millionen Euro Schulden
Laut den KSV-Kreditschützern belaufen sich die Passiva auf 237 Millionen Euro und die Aktiva auf 33,5 Millionen Euro. Creditreform beziffert die Insolvenzschulden mit 214 Millionen Euro und das Vermögen mit 11,3 Millionen Euro. Das freie Vermögen belaufe sich auf 11,3 Millionen Euro, bestätigten auch die Zielpunkt-Anwälte Ulla Reisch und Ernst Chalupsky am Montag in einer Aussendung. Die Verbindlichkeiten von Zielpunkt ohne Berücksichtigung von Aus- oder Absonderungsrechten betragen demnach 83,9 Millionen Euro.

Pfeiffer: Immobilien "von unterdurchschnittlicher Qualität"
Die Zielpunkt-Eigentümer besitzen mehrere GmbHs, die alle nicht füreinander haften. Eine dieser Firmen hat unmittelbar vor der Insolvenz Zielpunkt-Grundstücke gekauft. Diese kann der Eigentümer nach der Insolvenz jetzt zu Geld machen.

Pfeiffer erklärte sazu in der ORF-Sendung "Im Zentrum", die Pfeiffer Handels GmbH habe schon im Mai den Kauf der Immobilien, in denen Zielpunkt eingemietet ist, von der Gruppe Tengelmann eingefädelt. Damit habe man die Mieten für Zielpunkt senken wollen. Die 68 im Paket enthaltenen Immobilien seien "von unterdurchschnittlicher Qualität", bei 30 werde man keinen oder nur schwer Nachmieter finden. Die wenigen guten Standorte seien in Wien, und eine Expansion dorthin sei für die Pfeiffer-Tochter Unimarkt "definitiv auszuschließen".

Pfeiffer verwehrte sich auch gegen den Vorwurf, man habe für die Insolvenz absichtlich Ende November vor der Auszahlung von Weihnachtsgeld gewählt. "So etwas kann man nicht timen", sagte Pfeiffer und wiederholte wie schon früher, dass es unerwartet im November aufgrund schlechter Umsätze keine Fortführungsperspektive für Zielpunkt mehr gegeben habe. Auch dass Zielpunkt-Gutscheine nicht ausbezahlt werden bedauere er, aber "da gibt es juristisch null Spielraum".

Gewerkschaft behält sich rechtliche Schritte vor
Der Chef der Gewerkschaft GPA-djp, Wolfgang Katzian, warf Pfeiffer hingegen vor, nicht einmal probiert zu haben, gemeinsam mit der Gewerkschaft nach einer Alternative zur Insolvenz zu suchen. Für Katzian ist es nun aber wichtiger, Arbeitsplätze zu erhalten, als eine weitere Konzentration im Wiener Einzelhandel zu verhindern. Wenn die "zwei Großen" (Spar und Billa, Anm.) künftig 67 statt 66 Prozent Marktanteil hätten, dann "ist mir das wurscht, wenn 1.000 Leute Arbeit kriegen".

Katzian glaubt Pfeiffer nicht, dass er erst vor zwei, drei Wochen draufgekommen sei, dass Zielpunkt nicht fortgeführt werden kann, und behält sich rechtliche Schritte vor. Für eine solche Klage einen Beweis vorzulegen, werde aber nicht leicht, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer in der "Krone" festhält: "Man muss nachweisen, ob hier eine bewusste Schädigung herbeigeführt worden ist, und das ist das Problem an der Sache."

Karmasin: "Zielpunkt hatte überhaupt kein Image"
Handelsexperte Peter Schnedlitz meinte in der ORF-Sendung, Zielpunkt sei seit 30 Jahren einen "Schlingerkurs" gefahren - und seit dem Verkauf an Pfeiffer sei kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen gewesen, weil es kein klares, kommunizierbares Konzept gegeben habe.

Ähnlich die Motivforscherin Helene Karmasin, die sagte: "Das Problem von Zielpunkt ist, dass er überhaupt kein Image hatte." Man "konnte alles kaufen zu ungefähr guten Preisen", es habe aber "kein Erlebnis, keine Idee" gegeben. Kunden seien nur zu Zielpunkt gegangen, wenn sie etwas brauchten - und das sei zu wenig.

Preisunterschiede zwischen Österreich und Deutschland
Auch die regelmäßig von der Arbeiterkammer angeprangerten Preisunterschiede zwischen Österreich und Deutschland waren Thema der Diskussionsrunde. Katzian sieht diesen Umstand gelassen. Wenn man Angebote und Rabatte berücksichtige, dann "relativiert sich einiges", sagte er. Außerdem sei er froh, dass es in Österreichs Lebensmittelhandel viel Beschäftigung mit vollwertigen Arbeitsverhältnissen gebe und nicht Leiharbeit und prekäre Verhältnisse wie in Deutschland. Nur wenn man prekäre Verhältnisse hätte, könnte man ein paar Prozentpunkte herunterbringen, so Katzian.

Auch Schnedlitz meinte, unter Berücksichtigung von Angeboten bleibe kaum ein Preisunterschied zwischen Deutschland und Österreich übrig.

Pfeiffer im Video: "Zielpunkt war ein Fass ohne Boden"

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