Zwei Begriffe, die sich mit der Situation der Flüchtlinge in Europa auseinandersetzen, sind zum Wort bzw. zum Unwort des Jahres gewählt worden. "Willkommenskultur" ist das Wort, "Besondere bauliche Maßnahmen" das Unwort. "Zach" wurde zum Jugendwort des Jahres gekürt. Fast 34.000 Menschen haben abgestimmt.
"Willkommenskultur" beschreibt "Einstellungen und Handlungen, die angesichts des Leids von Kriegsflüchtlingen helfen, dass diese wieder ein Leben in Sicherheit und Freiheit führen können", erklärte Jury-Leiter Rudolf Muhr von der Uni Graz. Der Begriff aus der Wirtschaftssprache "bekam im Zusammenhang mit der Flüchtlingsbewegung eine völlig neue Bedeutung, in der die gesamte Diskussion über den Umgang mit Flüchtlingen kulminiert".
"Intelligenzflüchtling" auf Platz zwei
Auf dem zweiten Platz des Rankings, das zusammen mit der Austria Presse Agentur erstellt wurde, landete "Intelligenzflüchtling". Die Wortschöpfung "greift die derzeitige Situation ironisch auf und verfremdet diese, da jemand, der 'vor (seiner) Intelligenz' flüchtet, nur als 'Idiot' begriffen werden kann". In sozialen Medien wird dieses Wort häufig für Personen verwendet, die dort Hasspostings absondern. An die dritte Stelle wurde die scherzhafte Wortneuschöpfung "Filzmaiern" gewählt. Sie ist vom Namen des Politikwissenschaftlers und ORF-Wahlanalytikers Peter Filzmaier abgeleitet.
Innenministerin für Unwort des Jahres verantwortlich
Zum Unwort "Besondere bauliche Maßnahmen" erläuterte Muhr: "Dieser Euphemismus" aus dem Munde von Innenministerin Johanna Mikl-Leiter, ist der direkte Gegenbegriff zum Wort des Jahres. Er meint in Wirklichkeit einen kilometerlangen Zaun an der slowenischen Grenze." Der Begriff repräsentiere die Unentschlossenheit der österreichischen Regierenden im Umgang mit Flüchtlingen, indem das Tabuwort "Grenzzaun" vermieden, gleichzeitig aber zur Beruhigung von Teilen der Bevölkerung eine Maßnahme zur Abwehr der Flüchtlinge gesetzt werde.
Auf Platz zwei beim Unwort des Jahres landete "Lügenpresse": "Damals wie heute war und ist das Wort ein Kampfbegriff der politischen Rechten", sagte Muhr. "Kostendämpfungspfad" folgt an dritter Stelle. Das Wort aus der Wirtschaftssprache diene dazu, Begriffe wie "Entlassungen" und "Betriebsschließungen" zu vermeiden und betroffene Arbeitnehmer in die Irre zu führen, hieß es seitens der Jury.
"Zach" verkörpert jugendlichen "Austriazismus"
Das Jugendwort "zach", ein "echter Austriazismus", sei derzeit unter Jugendlichen stark in Verwendung. "Seine ursprüngliche Bedeutung 'zäh' wurde massiv erweitert, sodass es heute jede Art Negatives meint und damit für alles verwendet wird, was mühsam, schwierig, problematisch usw. ist", so die Jury. Auf den Plätzen landeten "rumoxidieren" (ironische Fortsetzung von chillen) und "Gönnung". Letzteres drückt aus, dass man sich etwas Exklusives, Außergewöhnliches geleistet hat.
"Frankreich, wir kommen!" als Spruch des Jahres
Der Spruch des Jahres lag mit "Frankreich, wir kommen!" nach der ersten Qualifikation der Fußballnationalmannschaft für eine EM-Endrunde auf der Hand. Trainer Marcel Koller hatte dies in einer Pressekonferenz mit Baskenmütze und Baguette launig und stolz verkündet.
Der Unspruch des Jahres "Ich bin kein Rassist, aber..." ist ein reines Lippenbekenntnis, kommentierte die Fachjury. Damit wird in der Regel eine abwertende, negative oder rassistische Äußerung eingeleitet.
Video aus dem Archiv: Flüchtlinge strömen über die österreichische Grenze
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