Es ist schwierig bei der unendlichen Fülle an Alben aus allen verschiedenen Genres die großen Favoriten zu küren - wir haben es dennoch wieder versucht und uns für die zehn besten Alben des Jahres 2015 entschieden. Natürlich streng subjektiv und alphabetisch geordnet und nein, offensichtliche Big Names wie Adele, Coldplay und Muse werden Sie hier nicht finden...
Bilderbuch – Schick Schock
2014 Wanda, 2015 Bilderbuch – "Schick Schock" ist über weite Strecken das Opus Magnum moderner österreichischer Popkunst und hat durch das ausgefeilte Songwriting und die Internationalität der einzelnen Songs wohl auch den längeren Atem als die beislverrauchten Wanda-Kompositionen. Den Oberösterreichern gelingt auf Songs wie "Maschin", "OM" oder "Spliff" zudem unerwartet meisterhaft, gängige Austropop- und Alpenland-Klischees ganz und gar ohne Peinlichkeit zu umschiffen. So schön klingt Pop, der nur unter Zwang in gängige Formatradios passt.
Faith No More – Sol Invictus
Das seit Jahren im Dahinsiechen befindliche Genre "Crossover" wurde 2015 nicht etwa von motivierten Newcomern reanimiert, sondern von der Legende schlechthin: Faith No More. Das Gespann rund um Frontcharismatiker Mike Patton bewies 18 lange Jahre nach dem letzten Studioalbum, dass man das Unerwartete stets erwarten muss. Patton's Stimme ist unverändert einzigartig, die Shows sind exzentrisch, die Songs fragil und fordernd zugleich. Als ob die 90er nie weg gewesen wären - "Sunny Side Up"!
Foals – What Went Down
Noch nie in ihrer zehnjährigen Geschichte hat diese geniale Band aus der britischen Studentenstadt Oxford etwas unter Durchschnitt veröffentlicht. Das vierte Studioalbum "What Went Down" ist dabei das Gesellenstück der ehemaligen Mathrock-Lehrlinge, die sich längst im klanglichen Indie-Stadionsound suhlen und im Gegensatz zu klebrig-opulenten Zeitgenossen wie etwa Coldplay niemals an Gefährlichkeit einbüßten. Hier sind die Gitarren noch gefährliche Waffen und kein Beiwerk zu überkandidelter Elektronik.
Ghost – Meliora
Nie zuvor wurden satanische Botschaften in einem derart bekömmlichen Pop-Gewand zelebriert. Sänger Papa Emeritus III hat zudem die Stimme eines Erzengels und aufgrund locker aus den Ärmeln geschüttelter Melodien wie in "From The Pinnacle To The Pit" sind die anonymen Schweden auf dem besten Weg dazu, ihre Verehrung von Luzifer in die ganz großen Hallen zu befördern. Das dritte Album "Meliora" wächst mit jedem Durchlauf und ist im Prinzip der längst fällige Hybrid einer Kreuzung aus ABBA, Blue Öyter Cult und Mercyful Fate.
Grimes – Art Angels
Die verschrobene Kanadierin Claire Boucher mit dem siebenten Sinn für extravaganten Art-Pop hat ihre Down-Phase endgültig hinter sich gebracht und mit "Art Angels" kurz vor Jahresende noch ein wahres Pop-Manifest aus dem Boden gestampft. Härter als Katy Perry, offensiver als Lady Gaga, frischer als Madonna – mit viel Elektronik, hoher Stimme und einem Sinn für Melodien wabern Songs wie "California" oder "Flesh Without Blood" durch die Gehörgänge. Besonders interessant wird es, wenn Grimes richtig experimentell wird: man höre "Kill V. Maim" oder "Butterfly" – superb!
Julia Holter – Have You In My Wilderness
Es hat sich über die Jahre schon angekündigt und wurde auf ihrem vierten Album endgültig perfektioniert – die hippieske Stimmakrobatin gibt sich endgültig elektronisch-orchestralen Klangkaskaden hin und paralysiert den Hörer mit ausgegorenem Dream-Pop, der sich wie Zuckerwatte ("Night Song"), ein galoppierendes Pferd ("Everytime Boots") oder schleppend entspannt ("Have You In My Wilderness") durch die Gehörgänge schlängelt. Das perfekte Album, um gedanklich in ferne Galaxien einzutauchen.
Kadavar – Berlin
Drei Musiker aus verschiedenen Städten treffen sich im musikalischen Schmelztiegel Deutschlands und huldigen ihrer gemeinsamen Heimat mit dem bislang besten Album ihrer Karriere. Langsam aber sicher reifen die Retro-Rocker mit dem Hang zu Stoner- und Psychedelic-Sounds zu einer ernsthaften Arena-Band. "Lord Of The Sky", das verschroben-schleppende "Last Living Dinosaur" und der Ohrwurm "The Old Man" sind definitiv gekommen, um zu bleiben. Ein bärtiger Lichtblick aus dem unübersichtlich gewordenen Vintage-Rock-Überfluss.
Tame Impala – Currents
Für die Die-Hard-Fan-Fraktion des australischen Projekts Tame Impala war der Release des dritten Albums "Currents" mit zahlreichen Schockmomenten verbunden. Die stark an 60s-Psych-Rock-Zeiten orientierten Künstler rund um Mastermind Kevin Parker setzen nämlich vermehrt auf moderne Elektronik und Disco-Feeling. Im Endeffekt beugt die Modernisierung gegen einen antiquierten Sound vor und könnte die Australier zur längsten verdienten Breitentauglichkeit verhelfen. Anspieltipps: "The Moment", "Eventually", "'Cause I'm A Man".
Kurt Vile – B'lieve I'm Going Down
Es ist eine Schande, dass der amerikanische Querkopf Kurt Vile hierzulande noch immer den Bekanntheitsgrad bolivianischer Fertiggerichte hat, denn mit "B'lieve I'm Going Down" beweist der gelockte Gitarrenheld einmal mehr eindrucksvoll, dass ihm niemand das Wasser reichen kann, wenn es um rockigen Folk mit Grunge-Anleihen geht. Die Angst vor der drohenden Pension von Bob Dylan oder Bruce Springsteen ist unbegründet, denn mit Songs wie "Dust Bunnies", "All In A Daze Work" oder "Wheelhouse" rettet er die bodenständige US-Gitarrenmusik im Alleingang.
Wolf Alice – My Love Is Cool
Trotz der ziemlich rockigen, vor allem stimmlich stark an Courtney Love mahnenden Ausrichtung war "My Love Is Cool" so etwas wie das große Konsensalbum für alle Hipster und Indie-Rocker. Das Debütwerk der jungen Londoner überzeugt nicht nur mit der ausdrucksstarken Sängerin Ellie Rowsell, sondern auch mit dem seltenen Gut Einzigartigkeit, das sich als roter Faden durch die elf durchwegs gelungenen Kompositionen schlängelt. Musik zum Träumen, Tanzen und Teilen – am besten mit den besten Freunden auf einer gemütlichen Dosenbier-Party.
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