Kölner Polizei:
“Jetzt über uns herzufallen, gehört sich nicht!”
Die deutsche Polizei hat ihren Einsatz in der Silvesternacht in Köln, der nach den massiven Übergriffen auf Frauen in die Kritik geraten ist, verteidigt. "Auch bei bester Vorbereitung kann so etwas passieren", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Rainer Wendt, am Mittwoch. Verärgert zeigte sich Wendt vor allem über Vorwürfe von Innenminister Thomas de Maizière: "In dieser Weise pauschal über die Polizei in Köln herzufallen, das ist unanständig. Das gehört sich einfach nicht!" Mittlerweile sind bereits mehr als 100 Anzeigen eingegangen.
"Die Polizei kann nicht immer alle Eventualitäten voraussehen", erklärte Wendt gegenüber dem Radiosender WDR 5. Alle wüssten, dass dieses Ereignis in seiner Dimension bisher einmalig gewesen sei. Dass nicht entschiedener gegen organisierte Diebesbanden vorgegangen werde, müsse man der Justiz vorwerfen. "Ich bin auch verwundert darüber, dass man immer erst solche Opfer und solche Szenarien braucht, bis man zu vernünftigen politischen Entscheidungen kommt, nämlich mehr Personal, bessere Technik und hoffentlich auch bald vernünftige Gesetze."
Wendt sieht Mitschuld von de Maizière
Zur Kritik von de Maizière an der Polizei sagte Wendt: "Ich glaube nicht, dass es ein guter Stil ist, wenn der Bundesinnenminister in aller Öffentlichkeit die Landespolizei und die Einsatzleitung dort kritisiert. Das gehört sich einfach nicht!" Vielmehr sei de Maizière für die Situation in Köln mitverantwortlich. "Er muss die Frage beantworten, wo eigentlich die vielen Bundespolizisten waren, die am Kölner Hauptbahnhof eigentlich auf dem Dienstplan stehen." Diese würden schon seit Monaten "zweckentfremdet" in Bayern für die Grenzsicherung eingesetzt.
De Maizière: "So kann die Polizei nicht arbeiten"
De Maizière hatte die Kölner Polizei am Dienstagabend heftig kritisiert. Es könne nicht sein, dass solche Ereignisse stattfänden "und man wartet auf Anzeigen", sagte er in den ARD-"Tagesthemen". "So kann die Polizei nicht arbeiten." Er frage sich auch, warum die Polizei am Neujahrstag noch habe sagen können, "es wäre alles friedlich gewesen". Der Minister forderte "dringend eine Aufklärung" der Vorfälle.
Erste Spur und bereits über 100 Anzeigen
An Silvester war es rund um den Kölner Hauptbahnhof und dem benachbarten Dom zu einer Serie von Diebstählen und sexuellen Übergriffen auf Frauen gekommen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger sagte am Mittwoch, die Polizei habe eine erste Spur. Drei Verdächtige seien ermittelt, festgenommen sei aber niemand geworden. Die Männer könnten zu einer größeren Gruppe gehören, die in Köln Frauen belästigt habe. Genaueres könne man aber noch nicht sagen.
Mittlerweile sind über 100 Anzeigen eingegangen. Davon hätten drei Viertel einen sexuellen Hintergrund, sagte eine Sprecherin der Kölner Polizei am Mittwoch. Täter habe die Polizei noch keine ermittelt. Die Beweisführung gestalte sich als "sehr schwierig", was vor allem an der "Gemengelage" in der Silvesternacht liege. Augenzeugen und Opfer hatten nach den Übergriffen ausgesagt, die Täter seien dem Aussehen nach größtenteils nordafrikanischer oder arabischer Herkunft.
Kölner Polizeipräsident schließt Rücktritt aus
Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers hat indes seinen Rücktritt ausgeschlossen. Auf die Frage, ob er im Amt bleibe, sagte er am Mittwoch zu WDR 5: "Aber natürlich. Gerade jetzt bin ich, glaube ich, hier gefragt." Im Hinblick auf den bevorstehenden Karneval sprach Albers von einer "schwierigen Situation" in Köln. "Wir werden uns gut aufstellen, und da bin ich auch gefordert. Deshalb mache ich das hier in Köln. Ich bin hier bei meiner Kölner Polizei."
"Das scheint abgesprochen gewesen zu sein"
Deutschlands Justizminister Heiko Maas dringt darauf, Hinweisen nachzugehen, dass die Übergriffe der Silvesternacht in Köln vorab verabredet gewesen sein könnten. "Das Ganze scheint abgesprochen gewesen zu sein", sagte Maas am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Es wäre schön, wenn das keine Organisierte Kriminalität wäre, aber ich würde das gerne mal überprüfen, ob es im Hintergrund Leute gibt, die so etwas organisieren." So etwas passiere nicht aus dem Nichts, es müsse jemand dahinterstecken.
Übergriffe an Silvester auch auf Reeperbahn in Hamburg
Auch in Hamburg musste die Polizei harsche Kritik einstecken, nachdem es in der Silvesternacht auf der Reeperbahn zu zahlreichen Übergriffen gegen Frauen gekommen war. Zur Aufklärung wurde nun eine Sonderermittlungsgruppe gebildet, teilte eine Polizeisprecherin am Mittwoch mit. In der Nacht auf den Neujahrstag waren Dutzende junge Frauen auf St. Pauli von Männergruppen umringt, sexuell belästigt und beraubt worden.
Die Täter sollen Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren "mit südländischem oder arabischem Aussehen" gewesen sein. Bis zum Dienstag gingen bei der Polizei 27 Anzeigen von Opfern ein. Die Beamten riefen mögliche weitere betroffene Frauen und Zeugen auf, sich zu melden. Ob es einen Zusammenhang oder Absprachen mit den Tätern von Köln gibt, war noch unklar.
Alice Schwarzer sieht Folge "einer falschen Toleranz"
Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer hat die massiven Übergriffe in Köln als Folge einer falschen Toleranz und gescheiterten Integration bezeichnet. In der feministischen Zeitschrift "Emma" schrieb die Kölner Publizistin: "Die jungen Männer, die in der Silvesternacht den Terror in Köln gemacht haben, spielen Krieg mitten in Europa."
Und: "Unter ihnen werden die Flüchtlinge von heute in einer extremen Minderheit gewesen sein, wenn überhaupt. Die Mehrheit sind Flüchtlinge von gestern bzw. Migranten und ihre Söhne." Nach Einschätzung Schwarzers sind diese "das triste Produkt einer gescheiterten, ja nie auch nur wirklich angestrebten Integration. Sie sind das Produkt einer falschen Toleranz".
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Aus dem Video-Archiv: Frau in zehn Stunden 108 Mal von Männern belästigt
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