Heimliches Gespräch

Schauspieler Sean Penn traf flüchtigen “El Chapo”

Ausland
10.01.2016 08:45

Der am Freitag gefasste mexikanische Drogenboss Joaquin "El Chapo" Guzman hat dem US-Hollywoodstar Sean Penn während seiner Flucht ein aufsehenerregendes Interview gegeben. Das Magazin "Rolling Stone" veröffentlichte in der Nacht auf Sonntag auf seiner Website einen langen Erfahrungsbericht des Schauspielers.

Guzman, der Chef des mächtigen Sinaloa-Kartells, war am Freitag in der westmexikanischen Stadt Los Mochis festgenommen worden, ein halbes Jahr nach seiner Flucht aus einem Hochsicherheitsgefängnis. Ihm droht die Auslieferung in die USA, wo mehrere Haftbefehle gegen ihn vorliegen.

„El Chapo“ bei seiner Verhaftung im Jahr 2016 (Bild: AP)
„El Chapo“ bei seiner Verhaftung im Jahr 2016

Wie Penn nun auf der Website des "Rolling Stone" schreibt, habe er "El Chapo" gemeinsam mit der Schauspielerin Kate del Castillo im vergangenen Oktober auf einem Berg in Mexiko besucht. Castillo spielt in der Telenovela "La Reina del Sur" (Die Königin des Südens) selbst eine Drogenhändlerin und stand mit Guzman wegen eines Filmprojekts über sein Leben in Kontakt.

Foto von Handschlag als Beleg für Treffen
Zum Beleg, dass sich die beiden Männer wirklich in Guzmans Versteck getroffen haben, veröffentlichte das Magazin ein Foto, das ihn und Penn beim Handschlag zeigt. In dem Gastbeitrag schildert Penn die abenteuerlichen Umstände, unter denen sein Treffen mit "El Chapo" zustande gekommen sei.

"Er hat mich in eine kumpelhafte Umarmung gezogen, mir in die Augen geschaut und eine lange spanische Begrüßung gesprochen", erinnert sich Penn. Und zwischen zwei Schlucken Tequila habe "El Chapo" mit seinen Verbrechen geprahlt: "Ich liefere mehr Heroin, Methamphetamin, Kokain und Marihuana als irgendjemand sonst in der Welt", gab ihn Penn wieder. "Ich habe eine Flotte aus U-Booten, Flugzeugen, Lastwagen und Schiffen."

Guzman habe Fragen zu seinem Aufstieg vom jugendlichen Orangenverkäufer zum berüchtigten Drogenbaron beantwortet, über sein "glückliches" Leben nach der Flucht aus dem Gefängnis gesprochen und die Frage, ob er ein gewalttätiger Mensch sei, verneint, so Penn. In einem Video, das Guzman Penn nach dem Treffen schickte, erzählt "El Chapo" davon, wie er in das Drogengeschäft eingestiegen sei.

Er habe bereits im Alter von 15 Jahren Drogenpflanzen angebaut, weil es in seiner Heimatregion keinerlei legale Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe. "In unserer Gegend gibt es keine Jobs. Die einzige Möglichkeit, Geld für Essen zu verdienen, ist der Anbau von Opium, Marihuana", sagt "El Chapo" in dem Video. "Ich verteidige mich nur selbst, nicht mehr. Ob ich Streit anfange? Niemals." Auch für die vielen Drogensüchtigen auf der Welt trage er keine Verantwortung: "An dem Tag, an dem ich nicht mehr existiere, wird das absolut nicht weniger werden."

Fluchthelfer zur Fortbildung nach Deutschland gereist
Gegenüber Penn äußerte sich Guzman auch zu seiner spektakulären Flucht. Demnach habe der Kartellboss seine Ingenieure zu einer dreimonatigen Fortbildung nach Deutschland geschickt. Das Grundwasser unter dem Gefängnis soll die Fluchthelfer vor große Probleme gestellt haben. Der Chef des Sinaloas-Kartells war vor sechs Monaten aus dem mexikanischen Hochsicherheitsgefängnis El Altiplano ausgebrochen. Seine Helfer hatten einen 1,5 Kilometer langen Tunnel mit elektrischem Licht, Luftzufuhr und einem Schienensystem bis in seine Zelle gebaut.

(Bild: AP)

Das Treffen von Penn und Guzman brachte die Ermittler erneut auf die Spur des Drogenbosses. "Ich habe einen glaubwürdigen Hinweis erhalten, dass die US-Anti-Drogen-Behörde DEA von unserer Reise nach Mexiko wusste", schreibt der Schauspieler in seinem Artikel. Penn betont allerdings, er habe das Vertrauen des Kriminellen nicht verletzt. Laut einem Regierungsvertreter wussten die mexikanischen Behörden über Penns Besuch Bescheid. Das Treffen war demnach Teil der Ermittlungen, die letztlich zur Festnahme des Drogenbosses führten.

(Bild: APA/AFP/ANTONIO NAVA)

Die mexikanischen Sicherheitskräfte waren "El Chapo" nach seiner spektakulären Flucht schon einmal dicht auf den Fersen gewesen. Im sogenannten Goldenen Dreieck im Grenzbereich der Teilstaaten Sinaloa, Durango und Chihuahua feuerten Marineinfanteristen von Hubschraubern aus auf sein Versteck in einer Ranch, doch die Leibwächter des Kartellbosses konnten den Angriff zunächst zurückschlagen. Zwar verletzte sich Guzman bei der Flucht, doch die Sicherheitskräfte verloren ihn aus den Augen. Tatsächlich hatte Guzman wenige Tage nach dem Treffen mit Penn in einem SMS geschrieben, er sei bei einem Militäreinsatz nur knapp entkommen.

Das Video zeigt, wie "El Chapo" aus der Zelle entkam:

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