Lokalaugenschein

Teheran: Hoffnung auf Rückkehr der Kreditkarte

Ausland
19.01.2016 17:12

Hupkonzerte, Hoffnung und die Rückkehr der Kreditkarte: Jubel in Teheran, als die internationalen Sanktionen der USA und der EU gegen den iranischen Mullah-Staat nach den Verhandlungen in Wien fallen. 17 Österreicher haben den historischen Moment in der iranischen Hauptstadt erlebt. Die Delegation hält sich dort zur Verleihung der Energy Globe Awards auf.

"Besser hätten wir es nicht planen können", freut sich Wolfgang Neumann, der die internationale Auszeichnung vor 25 Jahren ins Leben gerufen hat und nun erstmals im Iran vergibt. Mit Turkish Airlines sind die Österreicher am Sonntagabend in Teheran gelandet. Statt des Propagandavideos "Death to America" läuft auf den Bildschirmen am Flughafen die Ansprache von Präsident Hassan Rohani.

Milliardenbeträge waren eingefroren
Er dankt seinem Volk für Durchhaltevermögen und Geduld - zehn Jahre lang waren Gelder in Milliardenhöhe eingefroren, der Iran wegen seines umstrittenen Atomprogramms vom Weltmarkt abgeschnitten. "Ein Liter Benzin hat drei Dollar gekostet", erzählt uns Taxifahrer Masoud, "weil wir auf unserem Öl sitzen geblieben sind." Rohani jubelt übrigens auch auf Twitter, offenbar über eine geheime Verbindung, denn Facebook, Google und Twitter sind für sein Volk (und auch für uns Besucher) gesperrt.

Der Iran droht Frauen bei Kopftuch-Verzicht mit gnadenloser Verfolgung. (Bild: AFP)
Der Iran droht Frauen bei Kopftuch-Verzicht mit gnadenloser Verfolgung.
Frauen vor einem Bild von "Perser-Papst" Ali Khamenei und dessen Vorgänger Ayatollah Khomeini (Bild: EPA)
Frauen vor einem Bild von "Perser-Papst" Ali Khamenei und dessen Vorgänger Ayatollah Khomeini

Hupkonzerte in der Stadt
Viele Menschen sind in dieser Nacht in ihre Autos gestiegen und drehen Runden in der Stadt. Ihre Hupkonzerte sind unüberhörbar. Es ist die iranische Art, Begeisterung zu zeigen, denn Tanzen und das Trinken von Alkohol sind strengstens untersagt und werden hart bestraft. Auf dem Cover der iranischen Tageszeitung "Schargh" sind die Bilder der Verhandlungen in Wien zu sehen.

Österreicher als Zeitzeugen
"Wir sind Zeitzeugen", sagt Werner Steinecker von der Energie AG in Linz, "das Ausmaß ist uns noch gar nicht bewusst." Der Iran sei auf dem Weg zum Weltenergieplayer, das Spiel der Mächte beginne jetzt von vorn. Im Fünfsternehotel Parsian Esteghlal treffe ich eine 37-jährige Ingenieurin, ihre beiden Kinder tragen Gucci-Pullover. "Wir sind wirklich glücklich", sagt sie, "das ist ein großer Schritt nach vorne."

Auch für die Frauen? Sie müssen im Iran Kopftuch tragen, das ist ein politischer Beschluss, für die Einhaltung sorgen Sittenwächter. "Schauen Sie mich an, sehe ich wie eine unterdrückte Frau aus?" Sie hat ihr Seidentuch leger ums Kinn geschlungen, ihre langen dunklen Haare trägt sie offen.

Viele Frauen deuten Kopftuch nur an
Viele, vor allem junge Frauen deuten das Kopftuch nur noch an, indem sie es immer weiter auf den Hinterkopf rutschen lassen. Gleichzeitig mit dem Ende der Sanktionen hat die UNO die erste Frau als Vertreterin nach Teheran entsandt - auch sie ist in "Schargh" abgebildet, in ein pinkes Kopftuch gehüllt.

McDonald's bald auch in Teheran
Bald werden in Teheran die ersten McDonald's-Filialen aus dem Boden schießen, unverkennbarer Indikator für die Duldung westlicher Lebensweisen. Nike-Tempel und Jeans-Ketten werden folgen. "Schon bald könnten auch wieder Kreditkarten funktionieren", sagt Masoud, der sein Geld hauptsächlich mit harten Euros und Dollars von Geschäftsleuten gemacht hat. Bei der Energy-Globe-Verleihung haben auch die USA einen Preis gewonnen. Im Publikum startete verhaltener Applaus, der schließlich immer lauter wurde.

Aus dem Video-Archiv (24.7.2015): Irans Vizepräsident zu Besuch in der Hofburg

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