Kanzlerin wackelt

Merkel wegen Flüchtlingspolitik massiv unter Druck

Ausland
19.01.2016 21:16

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gerät wegen ihrer Flüchtlingspolitik in den eigenen Reihen immer mehr unter Druck. Rund 100 CDU-Abgeordnete fordern von Merkel eine Kurskorrektur, am Dienstag wurde der Parteivorsitzenden ein entsprechender Brief zugestellt, wie die Initiatoren bestätigten. Michael Spreng, Wahlkampfleiter des CSU-Politikers Edmund Stoiber, sagte in einem Interview mit dem "Deutschlandfunk" sogar, Merkel könnte bereits im März ihren Job als Kanzlerin verlieren.

Im März stehen in Deutschland Landtagswahlen in drei Bundesländern an. Sollte die CDU dabei Verluste einfahren, könnte Merkel weiteren Rückhalt in den eigenen Reihen verlieren. Laut Spreng wäre das wohl das Ende der Kanzlerschaft Merkels.

"Brandbrief"-Initiatoren warten auf Merkels Antwort
Nachdem Merkel am Dienstag den "Brandbrief" von ihren Parteikollegen erhalten hatte, wollen ihr am Mittwoch auch die CSU-Landtagsabgeordneten ein Schreiben mit Forderungen überreichen. Mit Verkehrsminister Alexander Dobrindt wandte sich auch ein Minister des deutschen Regierungskabinetts gegen Merkels Kurs.

In Umfragen sackt die Union weiter ab. "Wir erwarten wie in früheren Fällen innerhalb einer Woche eine Antwort der Bundeskanzlerin", sagte einer der Initiatoren des Briefs, der von 44 Abgeordneten unterzeichnet wurde. Ursprünglich hatte man gehofft, wesentlich mehr Unterschriften sammeln zu können.

Insgesamt unterstützten rund 100 Abgeordnete die Forderung nach strikter Anwendung des Dublin-Abkommens, hieß es unter Verweis auf die 56 Parlamentarier starke CSU-Landesgruppe, die sich bereits zuvor für eine Politikänderung und ein entschiedeneres Zurückweisen von Asyl- und Schutzsuchenden an der deutsch-österreichischen Grenze ausgesprochen hatte.

Angela Merkel mit einem Flüchtling im Jahr 2015 (Bild: APA/EPA/BERND VON JUTRCZENKA)
Angela Merkel mit einem Flüchtling im Jahr 2015

Deutschland an der Grenze zur "Überforderung"
Die Initiatoren hatten ihren Vorstoß in der Vorwoche noch entschärft. Sie wollten zunächst in der Fraktion über einen Antrag abstimmen lassen, der auf ein Zurückweisen von Flüchtlingen an der Grenze abzielte. Nun heißt es in dem Schreiben an die Kanzlerin: "Wir stehen vor einer Überforderung unseres Landes. Deshalb halten wir eine Änderung der derzeitigen Zuwanderungspraxis durch die Rückkehr zur strikten Anwendung des geltenden Rechts für dringend geboten."

Ein weiterer Brief der CSU-Landtagsabgeordneten an Merkel wird nach Angaben aus Parteikreisen von der "Gruppe 2013" vorbereitet, die etwa 30 Mitglieder hat. Auch hier werde die Stoßrichtung sein, den Zustrom deutlich zu reduzieren. Die CSU und ihr Parteichef Horst Seehofer drängen Merkel, die am Mittwoch bei der CSU-Klausur in Kreuth erwartet wird, seit Langem zum Handeln und drohen mit einer Verfassungsklage. Merkel lehnt nationale Lösungen wie Grenzschließungen ab und beharrt auf Maßnahmen auf europäischer Ebene.

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