Kitzbühel: Das größte Abfahrtsspektakel des Jahres wurde leider von vielen bitterbösen Horror-Stürzen überschattet. Hannes Reichelt, Aksel Lund Svindal und Georg Streitberger kamen auf der gnadenlosen Streif in der Kompression vor der Einfahrt in die Traverse hässlich zu Sturz und landeten brutal im Netz (siehe Video oben). Svindal und Streitberger erlitten Kreuzbandrisse, für sie ist die Saison vorzeitig beendet!
Streitberger riss sich bei seinem Sturz neben dem vorderen Kreuzband im rechten Knie auch den Außenmeniskus. Topfavorit Svindal konnte kurz nach seinem Sturz, bei dem er sich eineinhalb Mal überschlagen hatte, zwar aufstehen und die Piste verlassen, doch am Abend kam die bittere Diagnose: vorderes Kreuzband und Meniskus im rechten Knie gerissen!
Svindal: "Immer ein großes Risiko"
"Es ist immer ein großes Risiko, wenn man Abfahrt fährt. Ich bin dankbar dafür, dass es in dieser Saison so gut gelaufen ist, das ist keine Selbstverständlichkeit in einem solch anspruchsvollen Sport", verlautete Svindal in einer ersten Reaktion. Vor dem Kitzbühel-Slalom am Sonntag war er im Gesamtweltcup mit 107 Punkten Vorsprung auf den österreichischen Titelverteidiger Marcel Hirscher an erster Stelle gelegen.
Auf Facebook postete der Topstar der norwegischen Mannschaft ein Bild im Krankenbett und schrieb darunter: "Ich habe mein Knie ein bisschen zerstört und bin kurz vor der Operation. Das ist irgendwie Scheiße mitten im Winter, aber so ist das Leben."
"Man muss schon sportlich und fair bleiben. Die Bedingungen waren fahrbar. Es war einfach ein blöder Sturz", wollte Norwegen-Coach Christian Mitter die schlechte Bodensicht nicht als ursächlich für Svindals Abwurf gelten lassen. "Wenn es nicht so gewesen wäre, ist es speziell meine Verantwortung, weil ich auf der Position war, um zu sagen, es geht nicht. Meiner Meinung nach ging es." Svindal war allerdings mit einer im Kombinationsslalom am Freitagabend erlittenen Zerrung im Oberschenkel leicht angeschlagen ins Rennen gegangen.
Vorentscheidung im Gesamtweltcup gefallen, Hirscher schockiert
Im Gesamtweltcup dürfte damit eine Vorentscheidung zugunsten von Hirscher gefallen sein. Zumindest sind die Chancen des bereits vierfachen Kugel-Gewinners, der auf einen noch nie da gewesenen fünften Erfolg losgeht, signifikant gestiegen, wenn sein bisheriger Punkteschnitt in den kommenden Wochen nicht dramatisch abfällt.
"Das kommt überraschend für uns alle, weil wir doch das Beste gehofft haben und auch gesehen haben, dass er selbstständig die Strecke verlassen hat können. Das ist ein Riesenschock", ließ Hirscher ausrichten. "Ich glaube, das ist der Punkt, wo man sich Gedanken machen muss, was ist möglich und fahrbar, und was ist einfach zu gefährlich", meinte er auch in Hinblick auf die Verletzungsmisere im Österreichischen Verband.
Reichelt mit Glück im Unglück
Hannes Reichelt war am Samstag mit Airbag unterwegs, der sich auch geöffnet hatte. Er erlitt laut ÖSV-Informationen eine Knochenprellung im linken Knie. Wie lange der Salzburger ausfällt, lässt sich noch nicht sagen.
Die Diskussion um Airbags im Skisport wurde am Samstag neu befeuert. krone.tv fragte beim "Mister Airbag" Marco Pastore von der Firma Dainese nach:
Das Rennen wurde bereits im Vorfeld zweimal verschoben und konnte wegen zu starken Windes im oberen Teil nicht auf der Originalstrecke, sondern ab dem Ersatzstart von oberhalb der Mausefalle gefahren werden.
Striedinger "fliegt" ins Ziel
Otmar Striedinger war mit Startnummer eins Testpilot, nach einem Verschneider kurz vor der roten Linie stürzte er ins Ziel, wobei sich sein Airbag öffnete und die Speed-Show eine spektakuläre Ouvertüre hatte. "Glück im Unglück, ich bin fast als Rückenschwimmer ins Ziel", sagte der letztlich Zehntplatzierte. "Der Airbag hat sich bezahlt gemacht. Ich habe gedacht, wenn der Schwarzenegger schon da ist...", scherzte er angesichts der Anwesenheit von Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger.
Was die Prominenz zu den schlimmen Stürzen sagte, sehen bzw. hören Sie hier:
Nebensache: Peter Fill siegte
Was beinahe zur Nebensache wurde: Der Südtiroler Peter Fill gewann die Abfahrt auf verkürzter Strecke vor Beat Feuz und Carlo Janka. Bester ÖSV-Läufer war Vincent Kriechmayr auf Rang sieben. Das Rennen wurde kurz nach ihm abgebrochen, aber gewertet.
ÖSV-Präsident Schröcksnadel: "Ich habe den Renndirektor angerufen und einen Abbruch verlangt!" Ob es nun Reglement-Änderungen für die Zukunft geben wird, bleibt abzuwarten, jedenfalls fordern viele, dass jetzt nicht zur Tagesordnung übergegangen werden kann.
Fill: "Eine zache Abfahrt"
Sieger Peter Fill sagte nach dem Rennen: "Es ist eine zache Abfahrt, man muss alles riskieren. Ich hatte auch Probleme, habe es aber noch ins nächste Tor geschafft", sagte der Südtiroler, dessen Sohn Leon am Samstag zwei Jahre alt wurde. "Die Geburt meines Sohnes war mein größter Triumph, das ist mein zweitgrößter."
Feuz fuhr erst seine zweite Abfahrt nach Wengen und nach seinem Achillessehnen-Einriss im September. "Kitzbühel ist so brutal. Ich war heilfroh, als ich im Ziel war. Solche Stürze sind nicht schön. Das trübt das Ganze sicherlich, es sind drei Topleute gestürzt", meinte der Schweizer. "Es gibt schwierig und extrem. Heute war es extrem", betonte Janka.
Kriechmayr mit siebtem Platz zufrieden
Bester Österreicher wurde Vincent Kriechmayr als Siebenter. "In Anbetracht der Umstände kann ich mit dem siebenten Platz ganz zufrieden sein. Unten habe ich nicht mehr ganz riskiert. Es ist natürlich schwer, wenn du Teamkollegen stürzen siehst, ich habe sie beide auf dem Fernseher gesehen", sagte der 24-jährige Oberösterreicher. Romed Baumann wurde Zwölfter, Klaus Kröll schied mit Torfehler aus.
"Kitzbühel ist immer schwer, aber noch schwieriger, wenn vor dir schon drei rausgeflogen sind", sagte Kjetil Jansrud (14.). "Wenn ich Mattia Casse wäre, wäre ich jetzt sauer", meinte er nach dem Abbruch, der wegen der wechselnden Bedingungen mit Schneefall erfolgte. Casse hatte am Donnerstag Trainingsbestzeit und am Renntag Startnummer 45. Er durfte ebenso wie die Österreicher Patrick Schweiger und Johannes Kröll nicht mehr fahren.
Talk im Krone-Haus mit Werner Grissmann: "Grenzenlose Dummheit in Kitzbühel"
Das Ergebnis der Abfahrt:
1. Peter Fill (ITA) 1:52,37 Minuten
2. Beat Feuz (SUI) 1:52,74 +0,37
3. Carlo Janka (SUI) 1:53,02 +0,65
4. Johan Clarey (FRA) 1:53,17 +0,80
5. Marc Gisin (SUI) 1:53,43 +1,06
6. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 1:53,59 +1,22
7. Vincent Kriechmayr (AUT) 1:53,63 +1,26
8. Adrien Theaux (FRA) 1:53,77 +1,40
9. David Poisson (FRA) 1:53,81 +1,44
10. Otmar Striedinger (AUT) 1:53,83 +1,46
11. Erik Guay (CAN) 1:53,88 +1,51
12. Romed Baumann (AUT) 1:54,08 +1,71
13. Andrew Weibrecht (USA) 1:54,16 +1,79
14. Kjetil Jansrud (NOR) 1:54,26 +1,89
15. Manuel Osborne-Paradis (CAN) 1:54,30 +1,93
16. Dominik Paris (ITA) 1:54,33 +1,96
17. Andreas Sander (GER) 1:54,37 +2,00
18. Travis Ganong (USA) 1:54,43 +2,06
19. Christof Innerhofer (ITA) 1:54,61 +2,24
19. Benjamin Thomsen (CAN) 1:54,61 +2,24
21. Guillermo Fayed (FRA) 1:54,68 +2,31
22. Marco Sullivan (USA) 1:55,87 +3,50
23. Bostjan Kline (SLO) 1:55,94 +3,57
24. Werner Heel (ITA) 1:56,28 +3,91
Ausgeschieden: Klaus Kröll, Hannes Reichelt, Georg Streitberger (alle AUT), Aksel Lund Svindal (NOR), Steven Nyman (USA), Maxence Muzaton (FRA)
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