Knapp 6.000 Fans fanden bei frühlingshaften Temperaturen am Freitagabend den Weg in die Wiener Stadthalle, um den britischen Pop-Superstar Ellie Goulding bei seinem Handwerk zu beobachten. Nach der opulent arrangierten, aber etwas gleichförmigen Show war schnell klar - für die Genre-Spitze fehlt es an Esprit und Differenzierungsmöglichkeiten.
Das Musikgeschäft ist schnelllebig, das ist mittlerweile weitgehend bekannt. Als eine schüchterne, fast schon zurückhaltende Blondine 2010 das Elton-John-Cover "Your Song" veröffentlichte und dabei die Charts aufrollte, konnte man noch nicht ahnen, dass aus diesem noch wohlbehüteten Kokon ein Popstar globalen Ausmaßes erwachsen würde. Gute fünf Jahre später spielt die mittlerweile 29-jährige Ellie Goulding erstmals in der Wiener Stadthalle und unterhält knapp 6.000 Fans aus den unterschiedlichsten Altersschichten mit einer tadellos choreografierten, aber leider auch überraschungsarmen Pop-Show, die gerne mit den wahren Größen des Business konkurrieren würde.
Um die Gunst buhlen
Aber für die Champions League des Female-Pop benötigt man nicht nur mehr Budget, sondern auch abwechslungsreicheres Songmaterial. Ellie hat nach mittlerweile drei Studioalben zwar eine erkleckliche Anzahl an Singles und Hits produziert, aber gerade aneinandergereiht wirken die Nummern oft gleichförmig und mitunter etwas beliebig. Das spüren diejenigen, die nicht kreischend und jauchzend im Front-Of-Stage-Bereich den Dezibelmesser fordern, vor allem in der ersten Showhälfte. Dort fehlen nämlich die großen Hits, die Goulding zum Stammgast der Formatradios gedeihen ließ und so muss die Britin mit Showelementen und netten Botschaften um die Gunst der Anwesenden buhlen.
Sieben meist grell bespielte Videoleinwände, eine Handvoll trainierter und perfekt aufeinander abgestimmter Tänzer und die wechselnden Outfits von Goulding tragen das Ihre dazu bei, dass man bei eher glanzlosen Songs wie "Goodness Gracious", "Around U" oder "Aftertaste" nicht ganz genau hinhören muss. Die Stimme ist fraglos das wichtigste und wirkungsvollste Instrument der Durchstarterin, gerade im akustisch vorgetragenen "Devotion" spürt man die fragile Verletzlichkeit, die stets in ihrem Timbre mitschwimmt und einen angenehmen Gegenpol zu den partytauglichen Krawallröhren der Kollegen Gaga und Perry darstellt. Mal im engen Schwarzen, dann im wunderschönen weißen Abendkleid oder in einem kunterbunten Ganzkörpersuit gewandet, entertaint Goulding stilgerecht im Fahrwasser der Großen, dennoch fehlt es in vielen Bereichen noch an der nötigen Portion Souveränität und Attitüde.
Gouldkehlchen
Dazwischen lobt sie das Wiener Publikum als das bislang beste auf Tour und widmet die neueste Single "Army" nicht nur ihren treuen Fans, sondern vor allem ihrer besten Freundin Hannah, die zum Drüberstreuen noch mit gemeinsamen Bildern auf der Videowall geehrt wird. Verstärkt von einer vierköpfigen Band und den drei Backgroundsängerinnen, die dem "Gouldkehlchen" stets unterstützend zur Seite stehen, steigert sich das in mehrere kleine Akte aufgeteilte Treiben langsam zu seinem Höhepunkt, doch erst im letzten Drittel kann die Sängerin aus der poppigen Beliebigkeitsspirale ausbrechen und punktet mit Ohrwürmern sonderzahl.
Das mit der Gitarre vorgetragene "Figure 8", das eingängige "Something In The Way You Move" oder das im Radio auf- und abgespielte Calvin-Harris-Cover "I Need Your Love" triefen zwar nicht vor inhaltlicher Tiefe, lassen aber schlussendlich doch noch erahnen, welchen Einfluss Goulding einmal im Pop-Geschäft haben könnte, wenn ihr weiterhin derartige Hits gelingen. "Anything Could Happen" und "Love Me Like You Do", der Song aus dem Kino-Erfolgshit "Fifty Shades Of Grey", der sie so unerwartet schnell in den Pop-Himmel beförderte, beschließen eine knapp 105 Minuten lange Show, die so gar nichts mehr mit der Intimität ihres Auftritts im Wiener Konzerthaus von vor zwei Jahren zu tun hatte, aber ihre Ambitionen, ganz nach oben zu kommen, unterstreicht. Dass dafür abwechslungsreichere Songs und eine fulminantere Bühnenperformance Voraussetzung sind, wird ihr auf dieser Tour sicher klar werden. Denn: only the sky is the limit.
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