Feuerpause geplant
In Syrien sollen nun endlich die Waffen schweigen
Nach fünf Jahren Bürgerkrieg mit fast 500.000 Toten sollen in Syrien binnen einer Woche die Waffen schweigen: Darauf haben sich die USA, Russland und wichtige Regionalmächte in der Nacht auf Freitag in München geeinigt. Ziel sei ein Ende der Kämpfe zwischen den Regimetruppen von Präsident Bashar al-Assad und den Milizen der Opposition. Ausgenommen sind Angriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat. Auch Saudi-Arabien schaltet sich nun in den Syrien-Konflikt ein: Wie Armeesprecher Ahmed Al-Assiri am Freitag verkündete, wird Riad Truppen schicken.
Nach der Syrien-Konferenz in München herrschte in der Nacht auf Freitag vorsichtiger Optimismus, dass sich die Gewalt in dem Bürgerkriegsland trotz jüngster Eskalationen doch noch eindämmen lässt. Die Bewährungsprobe steht der Vereinbarung jedoch erst bevor.
"Wir kennen die Erfahrungen der Vergangenheit, deshalb spreche ich heute nicht von einem Durchbruch", sagte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier. "Ob das ein Durchbruch war, wird sich in den nächsten Wochen beweisen müssen." Die Menschen in den belagerten Städten sollen noch vor dem Wochenende erste Hilfslieferungen mit Lebensmitteln und Medikamenten erhalten, wie aus der Abschlusserklärung des Treffens hervorgeht.
Kerry: "Alle müssen ihre Pflichten erfüllen"
Ähnlich äußerten sich Steinmeiers Kollegen aus den USA und Russland, John Kerry und Sergej Lawrow. Er sei sich mit Lawrow einig, dass der wahre Test darin bestehe, dass alle Konfliktparteien in Syrien ihre Verpflichtungen erfüllten, sagte Kerry. Auch der britische Außenminister Philip Hammond zeigte sich abwartend: Eine Feuerpause werde nur gelingen, wenn Russland seine Luftangriffe stoppe, die den syrischen Truppen Geländegewinne gegen die Opposition ermöglichten.
Lawrow sagte, die Beendigung der Kämpfe werde eine schwierige Aufgabe sein. Er hoffe, dass die Opposition ihren Verpflichtungen gegenüber Zivilisten nachkommen werde. Das Hauptziel aller Beteiligten sei die Abwehr des IS. Russland werde das Bombardement gegen den IS und die mit Al-Kaida verbündete Nusra-Front daher fortsetzen. Angriffe auf diese beiden Gruppen sind der Münchner Vereinbarung zufolge zulässig.
Russland setzt Luftangriffe auf Aleppo aus
Der Westen wirft der Regierung in Moskau allerdings seit Monaten vor, unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den IS vor allem die moderate Opposition in Syrien auszuschalten, um die Führung in Damaskus zu stabilisieren und dem Westen nur noch die Wahl zwischen Präsident Bashar al-Assad und dem IS zu lassen.
Die UNO hatte die Friedensverhandlungen zwischen der syrischen Regierung und der Opposition vergangene Woche nach den massiven russischen Luftangriffen auf die Großstadt Aleppo ausgesetzt. Die seit Jahren umkämpfte Stadt steht inzwischen kurz vor dem Fall an die Regierungstruppen. Kritiker werfen Russland vor, der Führung in Damaskus so in letzter Minute eine bessere Verhandlungsposition verschaffen zu wollen.
Oppositionsgruppe begrüßt Einigung
Die größte syrische Oppositionsgruppe begrüßte die Vereinbarung von München. Den Worten müssten jedoch Taten folgen, ehe seine Gruppe wieder zu den Friedensverhandlungen reise, sagte ihr Sprecher Salim al-Muslat. "Wenn wir feststellen, dass gehandelt und die Vereinbarung umgesetzt wird, dann werden wir uns sehr bald in Genf sehen." Eine Fortsetzung der zuletzt gefährdeten Friedensverhandlungen war das erklärte Ziel der Münchner Konferenz.
Menschen in belagerten Städten erhalten Hilfe
Die Vereinbarung zwischen den 17 Außenministern sowie den UN, der EU und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit sieht eine deutliche Reduzierung der Kämpfe in den kommenden Tagen vor, die in einer Woche in eine Feuerpause münden soll. Um zu gewährleisten, dass diese eingehalten wird, soll es künftig eine engere Abstimmung zwischen dem russischen und US-amerikanischen Militär geben. Die USA und Russland wollen dazu in den kommenden Tagen weitere Gespräche aufnehmen.
Außerdem verständigten sich die Minister darauf, dass die Menschen in den belagerten Städten des Bürgerkriegslandes schon bis zum Wochenende durch erste Hilfstransporte mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden sollen. "Dazu haben sich hier alle in die Hand versprochen, dass wir unseren Einfluss auf die unterschiedlichen Akteure in Syrien geltend machen", sagte Steinmeier. Eine Arbeitsgruppe zu dem Thema solle bereits am Samstagnachmittag in Genf zusammenkommen.
Auch Saudi-Arabien schickt nun Truppen
Bereits am Donnerstag hatten die Assad-Gegner Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate angeboten, unter US-Führung Soldaten nach Syrien zu schicken. Nachdem die Einigung auf eine Feuerpause bekannt gegeben wurde, betonte der saudische Armeesprecher Ahmed Al-Assiri erneut die Bereitschaft Riads, in der Anti-IS-Koalition der Westmächte mit Bodentruppen zu kämpfen. "Saudi-Arabien wird Truppen senden, das steht fest", sagte er am Freitag. Saudi-Arabien hatte bereits im Dezember des Vorjahres mit 34 anderen Ländern eine eigene Koalition im Kampf gegen den Islamischen Staat gegründet und Luftangriffe geflogen.
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